Operation Romanow
gemacht und sie entwickeln lassen. Die beiden wirken glaubwürdig. Schauen Sie selbst.«
MacKenzie begutachtete die Fotos, doch seine Miene war noch finsterer als gewöhnlich.
»Sie sehen aus, als wäre Ihr Pferd beim Derby als letztes durchs Ziel gelaufen, finden Sie nicht auch?«, feixte Boyle.
MacKenzie gab ihm die Fotos seufzend zurück. »Es gibt ein Problem, Joe.«
»Ein großes oder ein kleines?«
»Groß genug, um mich zu beunruhigen.« MacKenzie wies mit dem Kopf zu dem Park hinüber. »Ich schlage vor, wir gehen ein paar Schritte.«
Boyle trank seinen Kaffee aus. Dann verließen sie das Hotel und überquerten die Straße. »Unser ursprünglicher Plan war, dass Sie alle – Andrew, Ryan, Sie und Hanna – mit einem Frachtschiff von Belfast nach Sankt Petersburg reisen. Von dort aus wollten Sie auf unterschiedlichen Wegen nach Jekaterinburg gelangen und sich dort wieder treffen. Wir nahmen an, dass die Reise drei bis vier Wochen dauern würde.«
»Und warum habe ich jetzt plötzlich so ein ungutes Gefühl?«
»Was wissen Sie über unseren Agenten Dmitrij?«
»Nur das, was der Botschafter mir erzählt hat. Er ist in Russland geboren, in Amerika aufgewachsen, mit dem Zaren und seiner Familie bekannt, und seine Hilfe ist für uns von entscheidender Bedeutung.«
Als sie im Park um den Teich herumspazierten, trat MacKenzie mit dem Fuß einen Stein ins Wasser. Sofort flatterten ein halbes Dutzend Enten, die auf etwas zu fressen hofften, auf das aufspritzende Wasser zu. »Dmitrij ist unser bester Agent in Russland. Die Wahrheit ist, dass wir ihn unmöglich ersetzen können.«
»Jetzt reden Sie nicht um den heißen Brei herum wie ein Diplomat! Kommen Sie auf den Punkt, Mack.«
MacKenzie blieb stehen. »Wir fürchten, Dmitrij könnte in großen Schwierigkeiten stecken.«
Boyle erblasste. »Und das sagen Sie mir jetzt, wo wir mit der Planung fast fertig sind?!«
»Wir haben Nachrichten aus Jekaterinburg erhalten, dass die Tscheka sein möbliertes Zimmer durchsucht hat. Dmitrij konnte mit knapper Not entkommen. Uns ist klar, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt.«
»Wie viel Zeit?«
»Das kann ich nicht sagen. Unser Spion ist ein cleverer Mann, der alles tun wird, um dem Feind immer einen Schritt voraus zu sein, aber sein Glück kann nicht ewig währen. Wenn er geschnappt wird, könnte es sein, dass unsere Pläne nicht mehr zu realisieren sind. Genauso beunruhigend sind die Nachrichten über die Verbündeten der Weißen, das Tschechoslowakische Korps. Die antibolschewistischen Legionäre kämpfen sich schneller, als wir vermutet hatten, bis Jekaterinburg durch.« MacKenzie verstummte kurz. »Wir versuchen sie zu überzeugen, langsamer vorzurücken, doch sie scheinen entschlossen zu sein, Jekaterinburg einzunehmen. Wir befürchten, dass ein überstürzter Vormarsch die Roten dazu treiben könnte, die Zarenfamilie hinzurichten.«
»Was sollen wir tun?«
»Hanna ist in London und trifft sich dort mit dem Botschafter. Er wird ihr vorschlagen, dass wir die Sache vorantreiben. Wir schätzen, mit ein bisschen Glück bleiben uns noch ein paar Wochen, um die Romanows zu befreien. Wir müssen eine Möglichkeit finden, unser Ziel früher als geplant zu erreichen. Jetzt müssen wir wirklich schnell handeln.«
»Raus damit, Mack. Wie schnell?«
49. KAPITEL
London
An diesem Nachmittag saß ein Mann mit hohen Wangenknochen und slawischen Gesichtszügen in einem schmutzigen Arbeitsanzug in einem schwarzen Ford-Lieferwagen, der in der Nähe des Connaught Hotels parkte.
Der Motor lief. Er hatte seinen Hut tief ins Gesicht gezogen und rauchte eine Zigarette.
Der Lieferwagen war geliehen und trug keine Aufschriften auf der Seite. Der Mann beobachtete Hanna Wolkowa, als diese die Hoteltreppe hinunterstieg. Sie hatte einen Sonnenschirm bei sich und warf einen Blick in die gut besuchte Teestube auf der anderen Straßenseite.
Der Mann lächelte und warf die Zigarette weg. Vor zehn Minuten hatte er an der Rezeption eine Mitteilung für sie hinterlassen: Liebe Hanna, wir treffen uns in der Teestube gegenüber. Die Unterschrift des Mannes war nicht zu entziffern gewesen.
Hanna Wolkowa spähte in alle Richtungen, ehe sie die Straße überquerte.
Der Mann ließ die Handbremse los und trat aufs Gas.
Als Hanna die Straßenmitte erreicht hatte, war der Wagen nicht mehr weit von ihr entfernt.
Offenbar hörte sie das Dröhnen des Motors, denn sie sah unter dem Sonnenschirm hervor und riss entsetzt den Mund auf, als der Ford
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