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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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Kälte hinaustrat, war er immer noch schweißgebadet.
    Als er nach wenigen Minuten ein paar Hundert Meter gegangen war, hörte er den lauten Knall der Gasexplosion hinter sich. Orangerote Flammen schossen in den Himmel. Die Schockwelle traf ihn wie ein Faustschlag in den Rücken und warf ihn beinahe um.
    Sorg hielt den Hut fest und ging weiter.

7. KAPITEL
    Sibirien
    Der blonde Mann mit den harten blauen Augen und den Pockennarben im Gesicht saß an Juri Andrews Bett. Er trug einen knöchellangen Ledermantel mit dem Parteiabzeichen der Bolschewisten auf dem Revers, einen Schal und dunkle Lederhandschuhe. Seine schwarzen polierten Stiefel glänzten.
    Das Erste, was Andrew sah, als er zu sich kam, war dieser Mann. Zuerst verschwammen die Gesichtszüge vor seinen Augen, doch dann erkannte er ihn. Er sah älter aus als achtundzwanzig, und seine grobe Haut zeugte von einer entbehrungsreichen Kindheit. Sein Gesicht war von altem Narbengewebe überzogen, fast wie bei einem Boxer, der zu viele Runden im Ring gekämpft hatte.
    Sie starrten sich eine Weile schweigend an, doch war es keinem von beiden unangenehm, denn sie kannten sich schon eine halbe Ewigkeit. Schließlich lächelte der Blonde. »Hallo, Juri. Es ist lange her. Mindestens zwei Jahre.« Sein Akzent verriet, dass er aus der Arbeiterklasse von Sankt Petersburg stammte.
    »Leonid. Ich freue mich, dich zu sehen.«
    »Ich mich auch.« Leonid Jakow musterte Andrew, dessen dunkles Haar kurz geschoren und dessen Gesicht unrasiert war. Durch Mangelernährung entstandene rote Quaddeln bedeckten Andrews Gesicht, und seine Haut war von Wunden übersät, welche die Lagerwärter ihm zugefügt hatten.
    Im Raum war es trotz des lodernden Holzofens in einer Ecke eisig kalt. Der blonde Mann zog die Handschuhe aus und blies in seine Hände. Neben der Tür standen zwei Wärter in Mänteln und mit Pelzmützen, über deren Schultern Gewehre hingen. Der eine war groß, der andere ein untersetzter, kräftiger Mann mit O-Beinen. Ihre Gesichter wurden durch ihre Pelzmützen fast vollständig verdeckt.
    Andrews Stirn war glühend heiß, und durch seine linke Schulter und den Oberkörper zuckten stechende Schmerzen. Er lag auf der Krankenstation des Lagers. Wenn man das überhaupt so nennen konnte. Es handelte sich um eine dreckige Holzbaracke mit einem Dutzend verrosteter Metallbetten, Flecken von Erbrochenem auf dem Boden, kratzigen Decken und Kissen aus Sackleinen. Der Gestank von Desinfektionsmitteln und verrotteten Verbänden hing in der Luft. Ein geflicktes Bettlaken, das an einer Schnur gespannt worden war, trennte Andrew von einer Handvoll anderer Kranker, deren Husten und Spucken in einem fort zu hören waren.
    »Ich hab hier etwas gegen die Schmerzen.« Jakow zog eine kleine Flasche aus Zinn aus der Manteltasche. »Hier, trink einen Schluck Wodka. Das wärmt den Bauch. Dann wird es dir gleich bessergehen.«
    Andrew nahm die Flasche dankbar entgegen, führte sie an seine aufgerissenen Lippen und trank einen Schluck. »Was machst du hier an diesem gottverlassenen Ort?«
    Jakow stand auf. »Alles zu seiner Zeit. Ein paar Freunde möchten dich begrüßen. Soba, du zuerst.«
    Er gab dem untersetzten, kräftigen Mann mit der Pelzmütze ein Zeichen. Als er sich näherte, erkannte Andrew den dunklen Teint und den asiatischen Einschlag des Georgiers. Ein Grinsen erhellte das Gesicht des immerzu gut gelaunten Mannes. »Guten Tag, Hauptmann.«
    Sie gaben sich die Hand. »Soba. Was machst du hier?«
    »Das frage ich mich auch immer«, erwiderte er mit einem freundlichen Grinsen. »Vier Jahre in den Schützengräben, und ich kann noch immer lachen. Der Kommissar meint, ich müsste mir mal den Kopf untersuchen lassen.«
    »Ich freue mich, dich zu sehen.«
    »Wir drei hatten gute und schlechte Zeiten in der Armee.« Er wies mit dem Kinn auf Jakows Flasche. »Da wir unser Wiedersehen begießen müssen, hätte ich gegen ein gutes Tröpfchen auch nichts einzuwenden.«
    Jakow reichte ihm die Flasche. »Man findet immer einen Grund.«
    Soba grinste und nahm einen ordentlichen Schluck. »Es gibt Orte auf der Welt, da sterben die Menschen, weil sie nicht genug trinken. In Russland kommt man durstig zur Welt.«
    »Ich habe noch eine Überraschung für dich, Juri. Komm her, Bratischka, mein kleiner Bruder.« Er gab dem anderen Wärter ein Zeichen. Es war ein blonder, schüchtern aussehender Junge von knapp fünfzehn oder sechzehn Jahren. Seine Uniform war ihm mindestens eine Nummer zu groß. Der junge

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