Operation Romanow
Elite zur Erreichung ihrer eigenen Ziele manipulieren zu lassen. Millionen Bürger der Arbeiterklasse waren jahrelang von der Ochrana, der brutalen Geheimpolizei des Zaren, in Schach gehalten worden. Dissidenten waren liquidiert, in Straflager in Sibirien verbannt, gefoltert oder erschossen worden, während der Zar wie ein einfältiger Esel dabei zugesehen hatte.
»Ich bin sicher, dass Sie mit Ihrer Einschätzung recht haben, Sir«, sagte Page. »Unglücklicherweise stehen wir noch größeren Gefahren gegenüber. Seit der Oktoberrevolution und der Machtergreifung Lenins haben wir alle untätig verharrt. Dank des Friedensvertrags von Brest-Litowsk zwischen den Mittelmächten und Russland spielen die Russen in diesem Krieg keine Rolle mehr. Die Deutschen haben uns in den letzten beiden Monaten mit zwei Offensiven in Frankreich und Belgien stark zugesetzt, und die alliierten Streitkräfte haben mehr als zweihundertfünfzigtausend Soldaten allein während dieser beiden Angriffe verloren! Es ist genau das geschehen, was wir befürchtet haben: Deutschland hat seine Truppen von der Ostfront abgezogen und sie nach Westen verlegt. Wenn es so weitergeht, wird der Krieg sich noch über Jahre hinziehen.«
»Daran brauchen Sie mich nicht zu erinnern«, sagte der König seufzend und trank noch einen Schluck.
»Und dann das Gold.«
»Ich habe mich schon gefragt, wann Sie dieses Thema anschneiden.«
»Die Engländer haben vom Zaren Goldbarren im Wert mehrerer Millionen Pfund zur Aufbewahrung angenommen, damit die russischen Goldreserven nicht in die Hände der Roten fallen, falls sie die Macht ergreifen. Ein weiser Schritt, wie sich herausgestellt hat«, sagte Page.
Russland besaß die größten Goldreserven der Welt. Goldbarren im Wert von über sechzig Millionen Pfund – eine riesige Summe – waren mit dem Schiff nach England und Kanada gebracht worden, wo sie nun in Tresoren aufbewahrt wurden. Weitere vierzig Millionen waren bei Schweizer Banken hinterlegt.
Der König nahm ein silbernes Kästchen vom Kaminsims und zündete sich mit einem Streichholz eine Zigarette an. »Wir brauchen dieses Gold, Walter. Sonst werden uns die Kosten des Krieges ruinieren. Aber worauf wollen Sie hinaus?«
»Als die Roten die Macht ergriffen und sahen, dass die Tresore fast leer waren, forderten sie das Gold zurück. Dadurch steht Amerika vor einem Dilemma.«
»Fahren Sie bitte fort.«
»Die Amerikaner haben Russland Millionen geliehen, damit das Land Waffen für den Krieg kaufen kann. Aber sie schulden nicht nur uns Geld, sondern allen anderen auch, Sir. Schauen Sie nur auf Frankreich! Die Hälfte der französischen Haushalte hat zaristische Anleihen erworben. Und die Roten könnten sich ganz einfach weigern, das Geld zurückzuzahlen. Oder sie sagen, wir sollen stattdessen zu den Engländern gehen und das Gold nehmen.«
»Das könnten sie tun?«, fragte der König ungläubig.
»Lenin hat schon bemerkt, dass sein Land bis zum Hals in Schulden steckt. Das wird seine Vorgehensweise auf jeden Fall beeinflussen. Wenn England nicht zahlt, besteht die Gefahr, dass das amerikanische Bankensystem unter dem Druck zusammenbricht.«
»Das ist eine Katastrophe.«
»Und ein zweischneidiges Schwert. Wenn Sie das Gold an die Russen zurückgeben, helfen Sie den Bolschewisten und verursachen eine riesige Finanzkrise in Europa. Tatsache ist, dass die englischen Goldreserven nicht ausreichen, um das Papiergeld zu decken. Ihr Land wird vor dem Bankrott stehen. Wie wollen Sie dann Munition, Waffen und den Sold der Truppen bezahlen?«
»So deutlich brauchen Sie es mir nicht zu sagen. Ich habe es verstanden.«
Page stand auf. »Das sind die Fakten, Majestät. Wir wissen beide, dass der Premierminister zutiefst beunruhigt ist. Präsident Wilson hat ein paar Ideen zu dem Thema und möchte unter vier Augen mit Ihnen darüber sprechen, ohne den Premierminister einzuweihen.«
»Was für Ideen?«
»Wir wissen, dass die Roten ihre Macht noch nicht gefestigt und die weißen zaristischen Kräfte den Kampf noch nicht aufgegeben haben. Wir wissen auch, dass britische Truppen verschiedene Häfen in Nordrussland kontrollieren werden und die amerikanische Marine in Kürze zu ihnen stoßen wird, um zu versuchen, den Vormarsch der Roten aufzuhalten.«
Der König rieb sich fröstelnd die Hände. »Ihre Meinung?«
»Noch sind die Würfel nicht gefallen. Wenn es uns gelingt, die russische Zarenfamilie aus Russland herauszubringen, die Weißen auszubilden, sie mit Waffen
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