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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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»Entscheiden Sie sich.«
    Nach dieser hämischen Bemerkung zögerte Lydia keine Sekunde. Sie schmetterte den zweiten Teller mit voller Wucht knapp an Boyle vorbei an die Wand, sodass er zerbrach. Dann rannte sie hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.
    »Ich hoffe, der Teller hat nicht zu einem Service gehört«, sagte Boyle. Er zog eine kleine Zinnflasche aus der Tasche, schraubte sie auf und reichte sie Andrew. »Machen Sie sich wegen ihr keine Sorgen. Hier, probieren Sie einen echten irischen Willkommenstrunk. Whiskey. Uisce beatha auf Gälisch. Das bedeutet: ›Lebenswasser‹.« Boyle zwinkerte ihm zu. »Behalten Sie die Flasche für Notfälle.«
    Andrew trank einen Schluck, trat dann ans Fenster und blickte Lydia hinterher, die über die Wiese davonlief. »Sie hat Temperament, das muss man ihr lassen. Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    Boyle stellte sich zu ihm. »Das war wohl eher ich. Sie ist ein feuriges Mädchen. Das ist das spanische Blut bei den Iren, das habe ich immer gesagt. Sie sind die Südländer des Nordens. Bei einem heftigen Streit geraten sie richtig in Fahrt.«
    »Ist das so?«
    »Ja, da sind Sie Ihrem Volk sehr ähnlich.« Boyle lachte, nahm die Kanne und goss den Tee in zwei große Tassen. »Kommen Sie, wir trinken etwas, und dabei erzähle ich Ihnen alles über sie.«
    »Was ist daran so lustig, Boyle?«
    »Ich denke gerade daran, was das Gute an der Sache ist, Juri.«
    »Und das wäre?«
    »Dass Sie mit ihr nach Russland reisen und nicht ich.«

42. KAPITEL
    Briar Cottage, Irland
    Lydia hatte keine Ahnung, wohin sie ging. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, und ihr Herz klopfte in ihrer Brust, als wollte es zerspringen. Es war lange her, dass sie eine so heftige Reaktion auf einen Mann in sich gespürt hatte, und eine vernünftige Erklärung dafür fand sie nicht.
    Sie war immer noch vollkommen durcheinander, als sie über die Wiesen auf die Treppe des Herrenhauses zulief. Schließlich stand sie vor einer glänzenden schwarzen Tür mit einem Türklopfer aus Messing. Ehe Lydia klopfte, wurde die Tür geöffnet, und Hanna Wolkowa begrüßte sie. »Da sind Sie ja. Ich nehme an, Sie haben Juri Andrew kennengelernt?«
    »Kurz.«
    »Ab jetzt werden Sie jeden Tag miteinander verbringen, damit Sie sich aneinander gewöhnen. Kommen Sie rein.«
    Hanna führte sie in den mit schwarzen und weißen Fliesen ausgelegten Eingangsbereich, den eine geschwungene Treppe und ein riesiger Kronleuchter dominierten. »Wie so viele irische Herrenhäuser wurde auch dieses vom englischen Adel erbaut, und zwar genau genommen von einem Earl aus dem achtzehnten Jahrhundert. Aber Sie haben jetzt bestimmt keine Lust auf Geschichtsunterricht.«
    »Ich weiß genug über die Engländer, die den Iren das Land gestohlen haben. Vielen Dank.«
    Hanna lächelte gequält. »Ich dachte mir, dass Sie so etwas sagen würden. Hier entlang.«
    Sie stiegen die Treppe hinauf. »Boyle hat mir erzählt, wer Sie sind«, sagte Lydia, als sie oben ankamen. »Ich habe Sie auf der Bühne gesehen, als ich sechzehn war.«
    »Tatsächlich?«
    »Unsere Direktorin ging mit unserer Klasse ins Imperial Theater in Sankt Petersburg, als die Drei Schwestern aufgeführt wurden. Sie haben eine Hauptrolle gespielt.«
    »Und wie hat Ihnen das Stück gefallen?«
    »Ich fand, das war ziemlich trübsinniger und altbackener Unsinn, wenn Sie mich fragen.«
    Hanna lachte herzhaft und führte Lydia den Gang hinunter. »Sie sind wenigstens ehrlich. Es war nicht meine beste Vorstellung, aber als ehrgeizige junge Schauspielerin von dreiundzwanzig hätte ich es niemals so gesehen.«
    »Wo gehen wir hin?«
    Hanna blieb vor einer Tür stehen und griff nach der Türklinke. »Ich hoffe, Sie haben bei Ihrem Theaterbesuch richtig aufgepasst, Lydia.«
    »Warum?«
    »Weil Sie für Ihre Reise ein wenig schauspielerisches Talent brauchen. Nutzen Sie die nächsten Tage einfach, um sich mit Ihrer Rolle vertraut zu machen. Ab sofort sprechen wir nur noch Russisch miteinander, wenn es Ihnen recht ist. Als Spion in Russland kann es einem das Leben kosten, eine andere Sprache zu sprechen.«
    Sie betraten ein Schlafzimmer mit einem großen, altertümlichen Kamin. In der Mitte stand ein Himmelbett aus Mahagoni mit Vorhängen in kräftigem Burgunderrot.
    Auf dem Bett lag ein billiger Koffer mit Ledergurten. Er passte irgendwie nicht in diesen beeindruckenden Raum. Hanna schnallte die Gurte auf und hob den Deckel. Im Koffer lag Frauenkleidung: Blusen und Röcke, Unterwäsche,

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