Operation Sahara
deplazierter sein.
Die heiße Jahreszeit hatte den Fluß erreicht. Die Hitze rollte heran und legte sich auf das Wasser wie ein schweres Laken, das von der Wüste aus in westliche Richtung gezogen worden war. Die Sonne erschien morgens so feurig am Horizont, als habe jemand in der Glut gestochert, und brachte eine leichte Brise mit sich, bei der man den Eindruck hatte, sie komme geradewegs aus dem Ofen.
Die heitere Gelassenheit der Vergangenheit traf auf die Technologie der Gegenwart, als eine Feluke mit Lateinsegel, bemannt mit vier Jungen, an einem schlanken Forschungsschiff vorbeisegelte, das die beste und modernste Ausrüstung an Bord hatte. Die Jungen, offenbar vollkommen unbeeindruckt von der Hitze, lachten und winkten dem türkisfarbenen Boot zu, das in die Gegenrichtung flußabwärts fuhr. Pitt sah von dem hochauflösenden Videobildschirm der Bodensonde auf und winkte durch ein großes Bullauge zurück. Die Hitze draußen machte ihm nicht das geringste aus. Das Innere des Forschungsschiffs wurde von einer Klimaanlage gut gekühlt, und er saß bequem vor der Überwachungseinheit und schlürfte ein Glas Eistee. Einen Moment lang sah er der Feluke nach, beneidete beinahe die Jungs, als sie über das schmale Deck liefen und das Segel setzten, um die Brise zu erwischen, die flußaufwärts wehte.
Er wandte seine Aufmerksamkeit gerade wieder dem Farbmonitor zu, als eine ungewöhnliche Anomalie auf dem Bildschirm auftauchte. Der Vertikalabtaster der Bodensonde meldete tief unterhalb des schlickbedeckten Bodens unter Wasser einen Kontakt. Was zuerst nur als undeutlicher Punkt zu erkennen gewesen war, zeichnete sich, als das Bild automatisch vergrößert wurde, als Umrisse eines antiken Schiffes ab.
»Ziel erfaßt«, meldete Pitt. »Kennzeichne es mit Nummer 49.«
Al Giordino gab auf seinem Pult einen Code ein. Sofort tauchte auf einem Grafikbildschirm eine Darstellung des Flusses mit künstlichen Landmarken und den am Ufer befindlichen Orientierungspunkten auf. Auf einen weiteren Code hin bestimmte das satellitengestützte Positionssystem präzise die Lage des Schiffes und glich sie mit dem Flußlauf ab.
»Nummer 94 aufgezeichnet und gespeichert«, bestätigte Giordino.
Al Giordino war kleingewachsen, dunkel und untersetzt. Seine lebhaften, walnußbraunen Augen funkelten unter einer dichten Mähne schwarzer Locken. Wenn man ihm einen Bart umgebunden und einen Sack mit Spielzeug auf die Schulter gepackt hätte, wäre Giordino die richtige Besetzung für einen etruskischen Weihnachtsmann gewesen.
Trotz seiner kompakten, muskulösen Figur war er unwahrscheinlich flink, konnte kämpfen wie ein Tiger und litt fürchterliche Qualen, wenn er sich mit Frauen unterhalten mußte. Giordino und Pitt hatten zusammen die High-School besucht, während der Air-Force-Academy-Zeit Football gespielt und am Ende des Krieges gemeinsam in Vietnam gedient. An einem bestimmten Punkt ihrer Karriere hatte Admiral James Sandecker, Chef der National Underwater and Marine Agency (NUMA) sie zeitweise angefordert – ein Zustand, der mittlerweile neun Jahre andauerte.
Keiner der beiden erinnerte sich daran, wie oft er dem anderen das Leben gerettet oder ihm in einer Situation geholfen hatte, die eigentlich nur tragisch hätte enden können. Ihre Abenteuer über und unter Wasser waren mittlerweile zur Legende geworden, doch keiner von beiden legte den geringsten Wert auf den Ruhm, der aus diesen Geschichten resultierte.
Pitt beugte sich vor und konzentrierte sich auf eine isometrische Digitalanzeige. Der Computer drehte gerade das dreidimensionale Bild und gab das gesunkene Schiff erstaunlich detailliert wieder. Bild und Abmessungen wurden aufgezeichnet und an einen Computer überspielt, der sie mit den bekannten Daten von Schiffen aus der Antike, die den Nil befahren, verglich. Ein paar Minuten später spuckte der Computer die Analyse aus. Die Angaben zum Typ des Schiffes blinkten in der unteren Zeile auf dem Bildschirm.
»Scheint, daß wir ein Frachtschiff aus der Sechsten Dynastie gefunden haben«, bemerkte Pitt. »Wurde in der Zeit zwischen 2000 und 2200 vor Christi gebaut.«
»Wie steht’s mit dem Erhaltungszustand?« fragte Giordino.
»Recht gut«, erwiderte Pitt. »Der Schlick hat das Schiff, ebenso wie die anderen, die wir gefunden haben, gut konserviert.
Rumpf und Ruder sind noch intakt, und ich kann den Mast erkennen, der sich quer über dem Deck befindet. Wie tief liegt das Schiff?«
Giordino warf einen Blick auf den
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