Operation Sahara
wehte.
Verkehrsschilder gab es nicht, so daß Gunn sich auf seinem Weg durch die sandigen Straßen am Nordstern orientierte.
Die Menschen trugen Gewänder in satten Grün- und Blautönen und grellem Gelb. Die Männer hatten entweder eine Djellaba an oder einen Kaftan. Eine ganze Reihe trug auch Jacke und Hose. Einige waren barhäuptig, doch die meisten Köpfe verbargen sich unter dicht geschlungenen blauen Tüchern.
Viele Frauen trugen elegante Roben, andere lange, geblümte Kleider. Kaum eine war verschleiert.
Die ganze Zeit über unterhielten sie sich lebhaft, doch seltsam leise. Überall rannten Kinder umher, die ganz unterschiedlich gekleidet waren. Gunn hatte Schwierigkeiten, angesichts all der Armut das ungeheuer aktive Sozialleben zu begreifen.
Er hielt den Kopf gesenkt und sein Gesicht durch die Kapuze verdeckt, so daß man seine weiße Hautfarbe nicht erkennen konnte. Er ließ sich in der Menge treiben, bis er die belebte Innenstadt hinter sich gelassen hatte. Niemand beachtete ihn.
Für den Fall, daß er unerwarteterweise angehalten und befragt werden würde, wollte er sich als Tourist ausgeben, der dem Flußlauf des Niger folgte.
Er kam an einem Straßenschild vorbei, das einen Pfeil und die Zeichnung eines Flugzeugs aufwies.
Der Weg zum Flughafen gestaltete sich einfacher, als er es sich vorgestellt hatte.
Nachdem er durch die etwas wohlhabenderen Wohngebiete der Händler gekommen war, gelangte er in die dahinter liegenden Slums. Seit er den Fluß hinter sich gelassen hatte, verstärkte sich in Gunn immer mehr das Gefühl, daß Gao eine Stadt war, in der sich mit zunehmender Dämmerung in den sandigen Straßen das Grauen breitmachte. Jetzt spürte er zum ersten Mal die neugierigen und feindseligen Blicke der Menschen, die vor ihren halbverfallenen Häusern saßen.
Er bog in eine enge, menschenleere Allee ein, blieb stehen und nahm einen Revolver aus seinem Rucksack. Es handelte sich um einen kurzläufigen Smith&Wesson, Kaliber .38, der früher einmal seinem Vater gehört hatte. Sein Instinkt warnte ihn, daß dies keine Gegend sei, durch die man nachts ging, wenn man den nächsten Morgen erleben wollte. Ein Lastwagen, vollbeladen mit Ziegelsteinen, fuhr vorbei und wirbelte eine Sandwolke auf. Sobald er merkte, daß der LKW in die Richtung fuhr, in die auch er mußte, ließ Gunn jegliche Vorsicht fallen, sprintete los und warf sich auf die Ladefläche.
Nach dem Gestank der Stadt empfand er die Dieselabgase fast als Erleichterung. Von seinem Aussichtspunkt auf dem LKW entdeckte Gunn ein paar rote Lichter, die einige Kilometer links vor ihm aufblinkten. Während der Lastwagen sich ihnen näherte, erkannte er ein paar Flutlichtscheinwerfer, die auf dem Dach eines Flughafengebäudes angebracht waren, zwei Hallen und ein dunkles Flugfeld.
»Ein toller Flughafen«, murmelte er vor sich hin, »die machen das Licht aus, wenn nichts läuft.«
Im Scheinwerferlicht des Lastwagens tauchte eine Senke auf, und der Fahrer fuhr langsamer. Gunn nutzte die Gelegenheit und sprang ab. Der Lastwagen fuhr weiter in die Dunkelheit hinein.
Gunn folgte seinen Rücklichtern, bis er auf eine asphaltierte Straße stieß und ein Holzschild ihm in drei Sprachen verriet, daß er den internationalen Flughafen von Gao erreicht hatte.
»International«, las Gunn laut vor, »das will ich doch stark hoffen.« Er marschierte am Rand der Zugangsstraße entlang und hielt sich für den unwahrscheinlichen Fall, daß ein Fahrzeug vorbeikommen könnte, etwas abseits. Für übertriebene Vorsicht bestand kein Anlaß. Das Flughafengebäude war dunkel und der Parkplatz leer. Bei näherem Hinsehen sanken seine Hoffnungen.
Er hatte schon bessere Schuppen gesehen als diese Holzhütte mit dem rostigen Wellblechdach. Um auf den in der Nähe stehenden, baufälligen Kontrollturm zu steigen und dort zu arbeiten, brauchte man Mut, denn die Stahlträger waren fast durchgerostet. Gunn ging um die Gebäude herum und erreichte schließlich die geteerte Fläche des Rollfelds. Unter Flutlichtscheinwerfern, auf der anderen Seite des Flugfelds, standen acht Düsenjäger und ein Transporter der malischen Luftwaffe.
Er entdeckte zwei bewaffnete Posten, die vor einer Hütte Wache hielten, und blieb stehen. Ein Soldat saß dösend auf einem Stuhl, der andere hatte sich gegen die Wand gelehnt und rauchte eine Zigarette.
Na großartig, dachte Gunn. Jetzt hatte er es auch noch mit dem Militär zu tun.
Er warf einen Blick auf seine Chronosport Taucheruhr. Es
Weitere Kostenlose Bücher