Operation Sahara
um die Handschellen aufzuschließen, die mit den Ketten verbunden waren. Vier Matrosen warteten im Maschinenraum. Sie beugten sich nach unten und zogen Giordino und Pitt hoch, führten sie durch den Maschinenraum, dann eine Treppe empor und einen mit Teppich ausgelegten Gang des Hausboots entlang. Einer der Matrosen klopfte an eine Teaktür, öffnete sie und schob die Gefangenen in den Raum.
Yves Massarde saß in der Mitte einer ausladenden Ledercouch, rauchte einen Zigarillo und hielt einen Cognacschwenker in der Hand. Ein dunkelhäutiger Mann in Offiziersuniform saß ihm gegenüber und trank Champagner.
Keiner der Männer stand auf, als Pitt und Giordino barfuß, nur mit Shorts und T-Shirts bekleidet, schweiß überströmt vor ihnen standen.
»Dies also sind die armen Kerle, die Sie aus dem Fluß gefischt haben?« erkundigte sich der Offizier und musterte sie aus schwarzen, kalten und ausdruckslosen Augen.
»Sie sind ohne Einladung an Bord gekommen«, erwiderte Massarde. »Ich habe sie erwischt, als sie gerade meine Kommunikationsanlage benutzten.«
»Halten Sie es für möglich, daß sie eine Nachricht durchgegeben haben?«
Massarde nickte. »Ich kam zu spät, um es verhindern zu können.«
Der Offizier setzte sein Glas auf einem Beistelltisch ab, stand auf, durchquerte den Raum und blieb unmittelbar vor Pitt stehen. Er war größer als Giordino, doch gut zehn Zentimeter kleiner als Pitt.
»Wer von Ihnen hatte auf dem Fluß mit mir in Kontakt gestanden?« fragte er.
Jetzt begriff Pitt. »Sie müssen General Kazim sein.«
»Das bin ich.«
»Da sieht man wieder, daß man einen Menschen nicht nach seiner Stimme beurteilen kann. Ich hatte Sie mir eher wie Rudolph Valentino vorgestellt, statt dessen sehen Sie aus wie Willie das Wiesel–«
Pitt duckte sich und drehte sich seitwärts, als Kazim mit haßverzerrtem Gesicht plötzlich ausholte und ihm mit seinem Stiefel in die Hoden treten wollte. Doch Kazims Wut verwandelte sich in Überraschung, als Pitt blitzschnell nach dem Bein griff, den Fuß mitten in der Luft erwischte und umklammerte.
Pitt bewegte sich nicht und ließ Kazims Bein auch nicht los, so daß der General mit dem anderen Bein die Balance halten mußte. Dann schob er den wütenden Kazim langsam nach hinten, bis er wieder in seinen Sessel fiel.
Es war totenstill im Zimmer. Kazim war geschockt. Er war so daran gewöhnt, daß die Leute in seiner Gegenwart vor Angst zitterten, daß er auf eine derartige körperliche Niederlage nicht sofort reagieren konnte. Sein Atem ging schnell, sein Mund war ein weißer, schmaler Strich, das Gesicht hochrot vor Wut. Nur die Augen schimmerten dunkel, kalt und leer.
Langsam zog er eine Pistole aus dem Gürtelholster.
Automatisch registrierte Pitt, daß es sich um eine ältere Waffe, eine 9-Millimeter Beretta NATO, Modell 9286, handelte. Kazim legte mit dem Daumen den Sicherungshebel um und richtete die Mündung auf Pitt. Unter dem dichten Schnurrbart spielte ein eiskaltes Lächeln.
Pitt warf Giordino einen blitzschnellen Blick zu und erkannte, daß sein Freund bereit war, sich auf Kazim zu stürzen. Dann konzentrierte er sich auf Kazims Hand, wartete auf die leiseste Anspannung, das winzigste Krümmen des Zeigefingers und bereitete sich darauf vor, nach rechts wegzutauchen.
Dies hätte die Gelegenheit zu einem Fluchtversuch sein können, aber Pitt war klar, daß er jeden Vorteil verspielt hatte, weil er Kazim zu sehr gereizt hatte. Man mußte davon ausgehen, daß Kazim ein guter Schütze war, und auf diese geringe Entfernung würde er nicht vorbeischießen. Pitt wußte, daß er schnell genug war, um dem ersten Treffer zu entgehen, doch Kazim würde blitzschnell das Ziel korrigieren. Er wollte ihn verstümmeln. Nichts in den bösartigen Augen des Generals ließ darauf schließen, daß er ihn kurzerhand erschießen würde.
Doch bevor überhaupt etwas passieren konnte, machte Massarde eine lässige Handbewegung und sagte in durchdringendem Ton: »Ich darf Sie bitten, Ihre Exekutionen an einem anderen Ort durchzuführen, General. Ganz sicher nicht in meinem Salon.«
»Der Große wird sterben«, zischte Kazim.
»Alles zu seiner Zeit, mein Freund«, erwiderte Massarde und goß sich lässig noch einen Cognac ein.
»Ich wäre Ihnen wirklich verbunden, wenn Sie das Blutvergießen auf meinem Naziini Navajo Teppich vermeiden würden.«
»Ich kaufe Ihnen einen neuen«, knurrte Kazim.
»Haben Sie mal daran gedacht, daß es der Mann auf einen schnellen, leichten
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