Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
Anna. Nachdem alles vorbei war, haben wir sie begraben. Slanski wollte die Operation weiter durchziehen und ließ sich auch nicht davon abbringen, nachdem Wasili getötet worden war. Ichhabe ihm nachgegeben. Vielleicht habe ich mich geirrt, aber wir hatten sehr viel Zeit und Kraft für die Planung investiert, und ich wollte, daß wir Erfolg hatten. Ich wußte, daß Sie die Operation neu ansetzen oder sogar abblasen würden, wenn Sie von den Vorfällen erfuhren. Das hielt ich für einen Fehler. Ich habe mir gedacht, daß es nichts schaden könnte, wenn wir weitermachen. Arkaschin und die Männer, die gekommen waren, um Anna zu ermorden, konnten nichts von der Operation gewußt haben, und außerdem waren sie tot. Ich bin davon ausgegangen, daß wir genug Zeit hatten, den Plan durchzuführen, bevor sie davon erfahren würden.«
Branigan beugte sich näher heran. »Sie haben die Spielregeln verletzt, Massey. Und es hat Schaden angerichtet. Wollen Sie wissen, wieviel Schaden?« Branigan berichtete Massey von der Akte über Stalin, die man an Brauns Leichnam gefunden hatte, und von dem Verdacht, daß ein sowjetisches Team vor den Amerikanern an der Blockhütte gewesen war.
Massey blieb lange Zeit stumm. »Slanski dachte, der Ordner wäre in dem Feuer vernichtet worden«, erklärte er schließlich.
»Tja, das war wohl ein Irrtum. Und wenn Ihre beiden Kumpel sicher landen, dann dürften Sie sich mitten in einem Hornissennest wiederfinden. Kislow und seine Spießgesellen in Moskau zählen gerade zwei und zwei zusammen. Und sie hoffen natürlich, daß wir mit unserem Plan weitermachen, weil sie dann nur die Frau und den Mann fangen müssen, wenn sie landen, und die Sache ist gegessen. Deshalb haben sie den Ordner nicht mitgenommen. Daß diese Mig mit Saarinens Flugzeug zusammengerasselt ist, war unserer Ansicht nach kein Zufall. Zwei Stunden nach Kislows Ankunft in Moskau ist jeder russische Grenzposten, jeder Marine- und Luftwaffenstützpunkt in Alarmbereitschaft versetzt worden. Einschließlich der Basis in Porkkula. Kislows Leute wissen vielleicht nicht, wann Slanski hereinschwebt, aber sie können sich die Wahrscheinlichkeit ausrechnen. Schließlich machen wir es nicht das erste Mal. Und dann werden sie den beiden auflauern.«
Der Schock war Massey deutlich ins Gesicht geschrieben. Branigan setzte sich.
»Ist Ihnen klar, was passiert, wenn Moskau die beidenlebend erwischt? O Mann, diese Sache ist heiß genug, daß sich der Dritte Weltkrieg daran entzünden könnte. Zuerst gibt’s einen pompösen Schauprozeß, und wenn dann die Beweise vor Gericht ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden, wird jedes Land der Welt anklagend auf Onkel Sam zeigen. Danach kann Moskau so ziemlich machen, was es will. Und dabei auch noch selbstgerecht dreinschauen, weil wir bis zu den Knien in unserer eigenen schmutzigen Wäsche stehen. Schließlich waren wir es, die einen Meuchelmörder beauftragt haben, den Regierungschef einer Weltmacht umzulegen, auch wenn der Kerl ein Diktator ist. Und solch ein Verhalten ist nach allen moralischen Wertmaßstäben ziemlich mies.«
»Slanski würde sich niemals lebend erwischen lassen.«
»Das können Sie nicht garantieren, Massey. Keiner kann das. Im Moment ist das Spiel offen, und alles scheint möglich. Tatsache ist: Moskau hängt ihnen wahrscheinlich schon auf den Fersen, und das ist nicht gut. Deshalb müssen wir die Sache stoppen, bevor sie ganz außer Kontrolle gerät. Ich will jetzt genau wissen, wie Ihr Plan funktionieren sollte und wie Sie die beiden nach Moskau hineinschmuggeln wollten. Ich will die Namen der Kontaktpersonen, die sicheren Häuser, die Routen. Ich will sämtliche Einzelheiten. Ich will Antworten, Massey, und zwar schnellstens. Denn eines ist klar, mein alter Freund: Wir werden diese Operation abbrechen, ganz gleich, um welchen Preis.«
Branigan starrte in Masseys besorgtes Gesicht.
»Sie sollten lieber reden, Jake, und zwar schnell. Bevor es für uns alle zu spät ist.«
33. KAPITEL
Tallinn
26. Februar
Die beiden KGB-Offiziere saßen bereits im Eßzimmer, als Slanski und Anna am nächsten Morgen herunterkamen, um zu frühstücken. Beide erhoben sich höflich, als Anna das Zimmerbetrat. Die Augen der Männer waren gerötet von zu wenig Schlaf und zu viel Alkohol.
Der ältere war etwa vierzig, hatte ein frisches, rosiges Gesicht, einen dicken Bauch und einen buschigen Schnurrbart. Seine Augen glänzten liebenswürdig, als er sich als Oberst Sinow vorstellte.
Der
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