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Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Titel: Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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Wenn Stanislaw auf den Baustellen arbeitete, paßte eine alte Babuschka auf seinen Sohn auf.
    Schon am ersten Tag auf Ellis Island hatte Stanislaw Masenski seinen Namen anglikanisiert, wie so viele Einwanderer aus Osteuropa und Rußland vor und nach ihm. Jetzt hieß er Massey. Zum Teil hatte er es wegen der Ungeduld und des Unvermögens des Einwanderungsbeamten getan, der den polnischen Namen weder verstehen noch buchstabieren konnte. Doch der neue Name sollte auch Masseys Glauben an einen Neubeginn im Leben unterstützen und den unbewußten Wunsch befriedigen, seine leidvolle Vergangenheit auszulöschen.
    Jakob war ein eifriger Schüler, aber am meisten liebte er es, zu Füßen seines Vaters zu sitzen und dessen Geschichten aus der russischen Heimat zu lauschen. Über die Ermordung des Zaren Alexander und die zahllosen Versuche der Studenten und Arbeiter, eine Demokratie ins Leben zu rufen. Sie waren von den Nachfolgern des Zaren gnadenlos unterdrückt worden, lange bevor das Thema Revolution den Bolschewiken überhaupt in den Sinn gekommen war. Stanislaw Massey schilderte es mit einer solchen Inbrunst, daß sein Sohn in der Fremde mit brennendem Interesse an seinem Heimatland aufwuchs.
    Später erfuhr er aus Zeitungen der Emigrierten, wie die Bolschewiken ganze Dörfer nach Sibirien verschleppten und jeden umbrachten, der ihrer Gier nach Macht im Weg stand. Wie Millionen armer kleiner Bauern, sogenannte Kulaks, brutal vernichtet wurden, weil sie gewagt hatten, Josef Stalins Agrarreformen öffentlich zu kritisieren. Familien wurden ausgelöscht, ganze Dörfer zerstört oder deportiert, Millionen wurden erschossen – und das alles nur wegen der Machtgier eines einzelnen Mannes.
    Als die Depression sich verschärfte und Stanislaw keine Arbeit finden konnte, gab er trotz seiner Verzweiflung nie Amerika die Schuld, sondern den Bolschewiken, weil sie ihn zur Flucht aus seinem Heimatland gezwungen hatten. Es fiel ihm zunehmend schwerer, seinen Sohn zu ernähren. Sie mußten in immer schäbigere Wohnblocks umziehen, bis sie schließlich in einem Arbeiterheim landeten, wo sie sich für ihre tägliche warme Suppe in eine Schlange vor den Armenküchen einreihen mußten.
    Den Tiefpunkt erlebte der mittlerweile sechzehnjährige Jakob an einem Winternachmittag.
    Er war auf dem Heimweg von der Schule, als er seinen einst so stolzen Vater an einer Straßenecke mit einem Plakat in der Hand stehen sah. Darauf stand: »Ich bin ein guter, ehrlicher Zimmermann. Bitte geben Sie mir Arbeit.«
    Es brach Jakob fast das Herz, seinen geliebten Vater so gedemütigt zu sehen. Und es war der entscheidende Anstoß für seine Entscheidung: An diesem Tag beschloß er, reich zu werden, damit sein Vater nie wieder um Arbeit betteln mußte.
    Stanislaw starb jedoch an seinem vierundfünfzigsten Geburtstag als gebrochener und desillusionierter Mann.
    Und Jakob wurde niemals reich. Und er brauchte erheblich länger, als er gedacht hatte, um etwas aus sich zu machen. Als die Depression schließlich zu Ende ging, nahm er mehrere Dienstbotenjobs an, damit er wenigstens etwas in den Magen bekam. Er besuchte Abendkurse an einer Sprachenschule, machte seinen Abschluß und studierte dann ein Jahr in Yale. Alles bezahlte er mit seinem eigenen, sauer verdienten Geld. 1939 trat er, sehr zur Verblüffung seiner Kommilitonen, als Offiziersanwärter in die Armee ein.
    Nach dem Desaster von Pearl Harbour gab es hervorragende Möglichkeiten zur Beförderung, wenn man nur wollte. Sechs Monate nach Amerikas Kriegseintritt wurde Massey als Angehöriger von Allen Dulles’ OSS, dem US-Militärgeheimdienst, in der Schweiz stationiert. Diese Organisation führte von dort aus Aufklärungsoperationen tief im von den Deutschen besetzten Gebiet durch.
    Nach dem Krieg entdeckte Amerika sehr bald, daß sein ehemaliger russischer Verbündeter jetzt sein Feind war.
    Während des Krieges hatten die amerikanischen Geheimdienste wenig oder keine Erkenntnisse über den KGB, damals NKWD, gesammelt. Davon was hinter der sowjetischen Grenze geschah, wußten sie noch weniger.
    Jetzt versuchten sie krampfhaft, an geheime Informationen zu gelangen, und rekrutierten immer mehr Emigranten, Russen, Balten, Polen – junge Männer mit Sprachkenntnissen der verschiedenen Länder der Sowjetunion aus den Städten und den Kriegsgefangenenlagern in ganz Europa. Die Amerikaner kommandierten ihre klügsten und besten Offiziere ab, um diese Leute auszubilden und einzusetzen.
    Massey hatte eine

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