Operation Zombie
leuchten anfing. Ich drehte mich um und sah gerade noch, wie die Madrid Spirit explodierte. Ich weiß nicht, wie viel Erdgas sie noch an Bord hatte, aber der Feuerball schoss hoch in die Nacht, dehnte sich aus und vernichtete alles Leben auf den beiden umliegenden Motus. Mein erster Gedanke war »Unfall«, ein rostiges Ventil, ein unvorsichtiger Matrose. Aber Kommandeur Sung hatte direkt hingesehen und die Leuchtspur einer Rakete gesehen. Eine halbe Sekunde später ertönte das Nebelhorn der Admiral Zheng. Während wir zum Boot rannten, lösten sich meine Ruhe, mein Gefühl der Sicherheit, in Luft auf. Ich wusste, diese Rakete kam von einem unserer U-Boote. Sie hatte die Madrid nur deshalb getroffen, weil die viel höher im Wasser lag und dem Radar einen größeren Umriss darbot. Wie viele waren an Bord gewesen? Wie viele auf diesen Motus? Mir wurde plötzlich klar, dass wir mit jeder Sekunde, die wir blieben, die Zivilisten auf den Inseln der Gefahr eines weiteren Angriffs aussetzten. Kapitän Chen schien ebenso zu denken. Kaum waren wir an Deck, wurde von der Brücke der Befehl zum Auslaufen gegeben. Wir kappten die Stromleitungen, ließen durchzählen, machten die Luken dicht. Wir setzten Kurs ins offene Gewässer, tauchten und gingen auf Gefechtsstation. Bei neunzig Metern schalteten wir das Echolot ein und orteten augenblicklich das Knacken der Hülle eines anderen Unterseeboots, das die Tiefe wechselte. Nicht das flexible »Plopp- ächz-plopp« von Stahl, sondern das stakkatohafte »Plopp-plopp-plopp« von sprödem Titan. Nur zwei Länder der Welt bauten die Hüllen ihrer U-Boote aus Titan: die russische Föderation und wir. Die Zählung der Flossenausleger ergab, dass es sich um eines von uns handelte, einen neuen Jäger-Zerstörer Typ 95. Als wir den Hafen verlassen hatten, waren zwei im Dienst gewesen. Wir konnten nicht sagen, um welches der beiden es sich handelte.
War das denn wichtig?
[Wieder antwortet er nicht.] Zuerst wollte der Kapitän nicht kämpfen. Er beschloss, mit dem Boot auf Grund zu gehen, es auf einer Sandfläche am unmittelbaren Rand unserer möglichen Tauchtiefe abzusetzen. Das Typ 95 ortete mit dem aktiven Echolot. Die Schallwellen rasten durch das Wasser, konnten uns aber wegen der Nähe zum Meeresboden nicht erfassen. Das 95er schaltete auf passive Suche um und horchte mit den leistungsstarken Sensoren nach jedem Geräusch, das wir machten. Wir fuhren den Reaktor auf das Nötigste herunter, schalteten alle überflüssigen Maschinen ab und verboten der Besatzung jegliche Bewegung an Bord. Da das passive Sonar keine Signale aussendet, hatten wir keine Ahnung, wo sich das 95er befand oder ob es sich überhaupt noch in der Nähe aufhielt. Wir versuchten, nach der Schraube zu horchen, aber sie waren ebenso verstummt wie wir. Wir warteten eine halbe Stunde, bewegten uns nicht, atmeten kaum.
Ich stand am Sonargerät und hatte den Blick auf die Anzeige gerichtet, als Obermaat Liu mir auf die Schulter klopfte. Er hatte etwas auf unserer Ortung, nicht das andere U-Boot, etwas Näheres überall ringsum. Ich setzte mir einen Kopfhörer auf und hörte ein Schaben wie von kratzenden Ratten. Ich winkte stumm dem Kapitän, dass er zuhören sollte. Wir kamen nicht darauf. Das war kein Wasserrauschen, dazu war die Grundströmung nicht stark genug. Hätte es sich um Meereslebewesen gehandelt, Krabben oder andere biologische Kontakte, dann hätten es Tausende sein müssen. Mir schwante etwas ... Ich forderte einen Blick durch das Periskop, obwohl ich wusste, dass das Geräusch unseren Jäger auf uns aufmerksam machen konnte. Der Kapitän stimmte zu. Wir bissen die Zähne zusammen, als das Rohr ausgefahren wurde. Dann das Bild. Zombies schwärmten zu Hunderten über die Hülle. Und mit jeder Sekunde wurden es mehr; sie stolperten über den nackten Sand und kletterten regelrecht übereinander, kratzten am Stahl der Zheng und versuchten sogar, in die Hülle zu beißen.
Hätten sie eindringen können? Eine Schleuse öffnen oder...
Nein, alle Luken sind von innen verriegelt, die Torpedorohre durch externe Klappen geschützt. Aber der Reaktor machte uns Sorgen. Er wurde durch einen Meerwasserkreislauf gekühlt. Die Ansauglöcher sind zwar nicht groß genug, dass ein Mensch sie passieren kann, aber er kann sie leicht blockieren. Und ehe wir uns versahen, blinkte eines unserer Warnlichter, das für Ansaugrohr Nummer vier.
Einer von denen hatte den Schutz abgerissen und steckte jetzt in dem Rohr
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