Operation Zombie
übrig, als den pazifischen Sonnenuntergang zu genießen. Ich saß auf dem Flugdeck, zwischen Windräder und Solarzellen eingeklemmt, und schlug mit meinen Kollegen aus Frankreich und Südafrika die Zeit tot. Wir versuchten, nicht über das Anliegen zu reden, sondern über alle möglichen Themen, die möglichst wenig damit zu tun hatten. Wir dachten, Wein wäre ein unverfängliches Thema. Wie es der Zufall wollte, hatte jeder von uns in der Nähe eines Weinbergs gelebt oder gearbeitet oder hatte eine Familie, die mit dem Weinbau zu tun hatte: Aconcagua, Stellenbosch und Bordeaux. Das waren die gemeinsamen Punkte, aber wie nicht anders zu erwarten, führten sie zwangsläufig zum Krieg zurück. Aconcagua war durch die verheerenden Experimente unseres Landes mit Napalm zerstört und bis auf die Grundmauern niedergebrannt worden. In Stellenbosch wurde heute Getreide angebaut. Trauben betrachtete man als Luxus, da die Bevölkerung unter einer Hungersnot litt. Bordeaux war überrannt worden; die Toten trampelten den Boden unter ihren Füßen nieder, wie fast überall in Frankreich. Doch Commandeur Emile Renard gab sich morbide optimistisch. Wer konnte wissen, sagte er, welche Auswirkungen die Toten als Dünger auf den Boden haben würden? Vielleicht würde der Geschmack sogar noch besser sein, wenn Bordeaux erst zurückerobert war, falls Bordeaux zurückerobert werden würde. Als die Sonne im Meer versank, holte Renard etwas aus seiner Tasche, eine Flasche Chateau Latour, 1964. Wir trauten unseren Augen nicht. Der 64er war ein extrem seltener Jahrgang vor dem Krieg. Aus reinem Zufall hatte das Anbaugebiet damals eine Missernte erlebt, darum hatte man beschlossen, die Trauben schon im August zu ernten statt wie üblich im September. Im September kam es zu verheerenden Regenfällen, was den anderen Weinbergen schlecht bekam und Chateau Latour fast zu etwas wie dem Heiligen Gral machte. Die Flasche in Renards Hand konnte gut und gern die letzte ihrer Art sein, das perfekte Symbol einer Welt, die vielleicht für immer dahin war. Und sie war der einzige persönliche Besitz, den er während der Evakuierung mitgenommen hatte. Er nahm sie überall mit hin und hatte vor, sie aufzuheben für... vermutlich für immer, da es so aussah, als würde nie wieder Wein angebaut werden. Aber jetzt, nach der Rede des Yankee-Präsidenten...
[Er leckt sich unwillkürlich die Lippen und genießt die Erinnerung.]
Die Reisen waren ihm nicht gut bekommen, und die Plastikbecher trugen auch nicht gerade zur Verbesserung bei. Uns störte das nicht. Wir genossen jeden Schluck.
Sie waren sich so sicher, wie die Abstimmung ausgehen würde?
Nicht, dass sie einstimmig ausfallen würde, und damit hatte ich verdammt Recht. Siebzehn »Nein«-Stimmen und einunddreißig Enthaltungen.
Wenigstens waren alle, die mit Nein gestimmt hatten, auch bereit, mit den langfristigen Folgen ihrer Entscheidung zu leben ... und das mussten sie. Wenn man bedenkt, dass die neue UN nur aus zweiundsiebzig Delegierten bestand, fiel die Unterstützung denkbar gering aus. Nicht, dass es mir oder meinen beiden anderen »Amateursommeliers« etwas ausgemacht hätte. Für uns, unsere Länder, unsere Kinder war die Entscheidung gefallen: Angriff.
Totaler Krieg
An Bord der Mauro Altieri, tausend Meter über Vaaljarvi, Finnland
[Ich stehe neben General D'Ambrosia im CIC, dem Combat Information Center, Europas Antwort auf das riesige Befehls- und Aufklärungsluftschiff D-29 der USA. Die Besatzung arbeitet stumm an ihren leuchtenden Bildschirmen. Ab und zu spricht einer in ein Kopfset, eine hastige, flüsternde Bestätigung in Französisch, Deutsch, Spanisch oder Italienisch. Der General beugt sich über den Videobildtisch und verfolgt alles aus einer gottähnlichen Perspektive.]
»Angriff« - als ich dieses Wort zum ersten Mal hörte, war meine instinktive Reaktion darauf: »Ach du Scheiße.« Überrascht Sie das?
[Bevor ich antworten kann ...]
Natürlich. Sie haben wahrscheinlich erwartet, dass die »Lamettaträger« nur auf diese Gelegenheit gewartet hatten, diese ganze Scheiße von wegen Blut und Eingeweide, »halten wir sie an den Nasen fest, während wir ihnen in die Eier treten«, und so weiter.
[Schüttelt den Kopf.]
Ich weiß nicht, wer sich dieses Klischee eines dickfelligen, hirnlosen Highschool-Footballtrainers von einem Stabsoffizier hat einfallen lassen.
Vielleicht Hollywood, vielleicht die zivile Presse, vielleicht sogar wir selbst, weil wir
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