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Operation Zombie

Operation Zombie

Titel: Operation Zombie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Brooks
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ebenfalls ein kleines Mädchen, durch den Schlamm auf uns zu gestapft. Leutnant Tichonow hob das Fernglas, und ich sah, wie alle Farbe aus seinem Gesicht wich. Rattengesicht trat an seine Seite, sah ebenfalls durch sein Fernglas und flüsterte dem Leutnant etwas ins Ohr. Petrenko, der Scharfschütze der Kompanie, erhielt den Befehl, das Gewehr zu heben und das Mädchen ins Visier zu nehmen. Er gehorchte. »Haben Sie sie?« »Ich habe sie.« »Schießen Sie.« So war das, glaube ich. Ich entsinne mich nicht an eine Pause. Petrenko blickte den Leutnant an und bat ihn, den Befehl zu wiederholen. »Sie haben mich schon richtig verstanden«, sagte der wütend. Ich war weiter entfernt als Petrenko, und selbst ich hatte ihn verstanden. Ich sagte, eliminieren Sie das Ziel sofort!« Ich konnte sehen, dass die Gewehrspitze des Schützen zitterte. Er war ein dürrer kleiner Knirps, weder der Tapferste noch der Stärkste, aber plötzlich ließ er die Waffe sinken und sagte, dass er es nicht tun würde. Einfach so. »Nein, Sir.« Es schien, als würde die Sonne am Himmel stehenbleiben. Niemand wusste, was zu tun war, am allerwenigsten Leutnant Tichonow. Alle sahen einander an, dann blickten wir wieder zu dem Feld. Rattengesicht schlenderte dorthin, langsam, fast beiläufig. Das kleine Mädchen war mittlerweile so nahe, dass wir ihr Gesicht sehen konnten. Ihre Augen waren groß und starr auf Rattengesicht gerichtet. Die Arme hielt sie erhoben, und ich konnte gerade noch ein hohes, krächzendes Stöhnen hören. Auf halbem Weg über das Feld begegneten sie einander. Es war vorbei, bevor die meisten von uns überhaupt recht begriffen, was los war. Mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung zog Rattengesicht die Pistole unter dem Mantel hervor, schoss ihr mitten zwischen die Augen und kam zu uns zurückgeschlendert. Eine Frau, wahrscheinlich die Mutter des kleinen Mädchens, brach in Schluchzen aus. Sie fiel auf die Knie, spuckte aus und verfluchte uns. Rattengesicht schien es nicht einmal zu bemerken, oder er ignorierte sie einfach. Er flüsterte Leutnant Tichonow nur etwas zu, dann stieg er wieder in das BMP ein, als würde er sich in Moskau in ein Taxi setzen. In dieser Nacht... lag ich wach auf meiner Pritsche und versuchte, nicht daran zu denken, was geschehen war. Ich versuchte, nicht daran zu denken, dass die MP  Petrenko mitgenommen hatte oder unsere Waffen in der Waffenkammer ein geschlossen worden waren. Ich wusste, ich hätte mich wegen des Kindes schlecht fühlen, wütend sein, vielleicht sogar Rachegedanken gegen Rattengesicht hegen sollen, und vielleicht wären auch einige persönliche Schuldgefühle fällig gewesen, weil ich keinen Finger gerührt hatte, die Tat zu verhindern. Ich wusste, das waren die Emotionen, die ich verspüren sollte; aber in der Situation empfand ich nur Furcht. Mir fiel ein, was Baburin gesagt hatte, dass etwas Schlimmes passieren würde. Ich wollte nur nach Hause, meine Eltern besuchen. Was, wenn ein schrecklicher Anschlag von Terroristen stattgefunden hatte? Was, wenn es sich um einen Krieg handelte? Meine Familie lebte in Bikin,  fast in Sichtweite der chinesischen Grenze. Ich musste mit ihnen sprechen, mich vergewissern, dass es ihnen gut ging. Ich machte mir solche Sorgen, dass ich mich übergeben musste, dass sie mich ins Lazarett brachten. Darum nahm ich anderntags nicht an der Patrouille teil, darum hatte ich immer noch Bettruhe, als sie am darauffolgenden Nachmittag zurückkamen. Ich lag auf meiner Koje und las eine alte Ausgabe von Semnadstat Ich hörte einen Aufruhr, Motoren, Stimmen. Auf dem Paradeplatz fand sich schon eine Menschenmenge zusammen Ich drängte mich durch und sah Arkadi in der Mitte der Meute stehen. Arkadi war der Maschinengewehrschütze meiner Schwadron, ein Bär von einem Mann. Wir waren Freunde, weil er mir die anderen Männer vom Hals hielt, wenn Sie verstehen was ich meine. Er sagte, ich würde ihn an seine Schwester erinnern.  
    [Lächelt traurig.]
     Ich mochte ihn.  Etwas kroch zu seinen Füßen. Sah aus wie eine alte Frau, aber sie hatte einen Jutesack über dem Kopf und eine Kette um den Hals. Ihr Kleid war zerrissen, die Haut ihrer Beine völlig abgeschürft. Blut sah ich keines, nur eine Art schwarzer Eiter Arkadi war schon mitten in einer lautstarken, wütenden Rede »Keine Lügen mehr! Keine Befehle mehr, Zivilisten zu erschießen, sobald man sie sieht! Darum habe ich dieses kleine Vorführobjekt mitgebracht...«  Ich hielt nach Leutnant Tichonow

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