Opfer der Lust
zu den nackten Zehen.
Bethany zog den Saum ihres grauen Baumwollnachthemds tiefer und wünschte sich, das champagnerfarbene Negligé zu tragen, das unter den Brüsten abgenäht war. Es sah fast wie ein Sommerkleid aus und war viel hübscher als das ausgewaschene Sleepshirt, das sie trug.
Sie schalt sich einen Narren, weil sie solche Gedanken hatte, denn Kade war ein Schuft. Je hässlicher sie aussah, desto eher würde er sie vermutlich in Ruhe lassen.
„Erinnerst du dich, weshalb du im Hideaway das WC aufgesucht hattest?“, fragte er und streckte den Arm aus. Er wickelte eine ihrer braunen Haarsträhnen um seinen Zeigefinger.
Ihr Herz schlug einen Takt schneller. Ihr Höschen steckte immer noch in ihrer Handtasche. „Weil du mich dazu aufgefordert hattest.“
Ihr wurde bewusst, dass sie unter ihrem Nachthemd nackt war, und sie eilte um das Wohnzimmersofa herum, um ins Schlafzimmer zu gehen und sich anzuziehen. Doch vorher fiel ihr Blick in die Küche.
Auf dem Küchentisch stand ihr Laptop. Der Screensaver lief, permanent schwammen Papageifische von einer Seite zur anderen.
„Hast du meine E-Mails gelesen?“ Beth war bestürzt.
Sie wusste, dass sie ihr Notebook heruntergefahren hatte, nachdem sie am gestrigen Morgen das Referat, das sie in der nächsten Woche in der Vorlesung halten sollte, zu Ende geschrieben hatte. Seitdem hatte sie es nicht benutzt. Folglich musste Kade sich an ihrem Laptop zu schaffen gemacht haben.
Beth stürzte zum Tisch und bewegte ihre Fingerspitze über das Touchpad, damit der Screensaver verschwand. Zum Vorschein kam das Onlinebanking-Portal ihrer Bank. Das Portal war zwar geschlossen, doch auf dem Bildschirm blinkten zwei Sätze: „Vielen Dank für die Nutzung unseres Internetbankings. Bitte schließen Sie das aktive Browserfenster.“
Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie bekam kaum Luft. Wütend drehte sie sich um und brachte mühsam hervor: „Du hast meine Konten ausspioniert, habe ich recht?“
„Mantis überweist dir wöchentlich einen Betrag, als wärst du seine Angestellte.“ Kade lehnte sich lässig gegen den Rahmen der Küchentür.
„Woher hast du meine Zugangsdaten?“
„Ich sagte doch schon im Hideaway, es ist heutzutage leicht an Informationen zu kommen, Babe. Du hast beispielsweise deine Bankdaten bei mehreren Internetshops hinterlegt. Man braucht nur die richtigen Freunde –“
„Ihr seid eine Verbrecherbande.“ Beth schlug ihre Hand vor den Mund. Sie kam sich schrecklich hilflos vor.
Kade schlenderte zu ihr und legte seine Handfläche an ihre Wange. „Du musst dich nur mit mir auseinandersetzen.“
„Was willst du von mir?“
„Zum Beispiel dich vor Dummheiten bewahren“, sagte er und strich über ihre Augenbrauen. „Du machst dich zu abhängig von deinem Vater.“
Spielte er auf die regelmäßigen Überweisungen an? „Mein Dad unterstützt mein Medizinstudium. Das ist alles! Er möchte nicht, dass ich mich mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten muss und dadurch mein Studium leidet.“
„Wie nobel“, entgegnete Kade ironisch.
„Das ist es wirklich.“ Beth schlug seinen Arm fort. „Er verdient selbst nicht viel bei Maternity Help und muss das Haus noch abbezahlen. Trotzdem hilft er mir finanziell.“
Er schnaubte. „Mantis Hart könnte zwei Häuser kaufen. Was sorgst du dich um ihn?“
Bethany stutzte. Unter anderen Umständen hätte sie dieser Bemerkung keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt, sondern sie als reine Provokation abgetan. Aber sie erinnerte sich daran, dass ihre Mutter etwas Ähnliches erwähnt hatte, als sie über den Sommerurlaub gesprochen hatten.
„Freust du dich nicht, Bethy?“
„Doch, Mom, sicher, nur das viele Geld.“
„Dein Vater verdient gut –“
Das war Beth neu gewesen. Aber dann erinnerte sie sich, dass ihr Dad eine Bonusausschüttung von Maternity Help erwähnt hatte, und war wieder besänftigt.
Vermutlich wollte Kade sie wirklich nur provozieren. Hatte er vor, sie gegen ihre Eltern aufzuhetzen, damit sie sich in seine Arme flüchtete? Beabsichtigte er, sie von allen zu distanzieren – denn Daryl kritisierte er auch ständig –, um ein leichtes Spiel mit ihr zu haben?
Gereizt stieß Beth Kade beiseite und eilte ins Badezimmer. Dort lagen noch ihre Jeans und ein Pullover, den sie am Tag zuvor in der Uni getragen hatte. Sie würde die Badezimmertür abschließen, sich anziehen und beten, dass Kade gegangen war, wenn sie wieder herauskam.
Doch bevor sie die Badezimmertür hinter sich
Weitere Kostenlose Bücher