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Opfer

Opfer

Titel: Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathi Unsworth
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Faustschlag aufs Ohr zu verpassen, dass er sie fast losließ.
    »Du weißt nicht, mit wem du dich anlegst!«, fauchte sie und spuckte ihm ins Gesicht.
    Gray griff fester zu und zerrte sie zurück in den Raum.
    »Ich persönlich interessier mich kein bisschen für dich«, erwiderte er. »Der Boss hat ne Privataudienz beantragt. Du weißt schon, DCI Rivett.«
    Voller ungläubiger Wut klappte ihr wortlos der Kiefer herunter. Doch dann wurde ihr Blick wie magnetisch von der Gestalt angezogen, die jetzt in der offenen Tür stand.
    »Oh nein, Gina«, sagte Rivett. »Du bist wirklich ein böses Mädchen gewesen.«
    Als der DCI den Raum betrat, verklangen alle anderen Geräusche. Stimmen verstummten, der Song aus der Jukebox endete, und ein letztes Glas zerbrach, bevor sich absolute Stille breitmachte. Rivett sah auf den Holländer hinunter und warf Gray einen lobenden Blick zu.
    »Gute Arbeit, Detective. Ich wusste, dass Sie der Richtige für den Job sind.«
    Dann wandte er sich Kidd zu, der seinen Angreifer mittlerweile in Handschellen hatte.
    »Und wen haben wir hier?«, fragte er und starrte den Biker an, als wäre er ein Reptil im Zoo. Der schoss einen bösen Blick zurück und spuckte auf den Teppich zwischen ihnen. »Ah, nichts sagen.« Rivett lächelte. »Rat, richtig? Oder Raymond Runton, wie dich deine alte Ma nennt.«
    »Hat versucht, einen Polizisten an der Vollziehung seiner Aufgaben zu hindern«, berichtete Kidd. »Mit ’nem Motorradhelm.« Er stupste die Tatwaffe mit dem Fuß an, und sie rollte über den Boden.
    »Ts, ts, ts.« Rivett schüttelte den Kopf und wandte sich wieder Gina zu, die in Grays Griff ganz ruhig geworden war. »Wo ist es?«, fragte er.
    Sie starrte ihn mit Feuer in den Augen an.
    »Was?«, erwiderte sie.
    »Darf ich?« Gray duckte sich in die Nische und zog ein in eine Plastiktüte gewickeltes Päckchen unter der Trennwand hervor.
    »Sie meinen sicher das hier«, sagte er und gab es dem DCI.
    Gina verzog das Gesicht. »Hab ich noch nie gesehen«, versicherte sie. »Das hast du da eben selber deponiert. Ihr habt ihn alle gesehen!«, schrie sie in den Raum.
    »Alles klar.« Rivett wandte sich an die jüngeren Polizisten. »Nehmt die Namen und Adressen aller Anwesenden auf, ja, Jungs?« Er packte Gina Woodrow an der Schulter. »Und du und deine Begleiter, ihr kommt jetzt mal brav mit auf die Wache. Da ist es doch viel gemütlicher.«
    *
    »Was sollte das denn?«, fragte Gina, als sie im Verhörraum waren. Sie rieb sich die rechte Schulter. Unter dem Leder würden sich bald die Abdrücke von Rivetts Hand auf ihrer weißen Haut abzeichnen wie ein lilafarbener Blumenstrauß.
    »Dein kleiner Holländer«, sagte Rivett, »bereitet mir gerade eine Menge Ärger, was du bestimmt selbst schon mitgekriegt hast. Letzten Mittwochmorgen hat eine junge Mutter mit Kinderwagen zwei tote Junkies im Park gefunden. Die beiden waren schon blau angelaufen, den Anblick vergisst das arme Huhn doch nie.« Er lehnte sich über den Tisch. »Und dann besaß Freitagabend einer die Frechheit, sich mitten in der Victoria Arcadeden goldenen Schuss zu setzen. Das ist ja nun wirklich nicht das Image, das der Lord Mayor von Ernemouth verbreiten will, oder?«
    Gina starrte ihn an und schwieg. Der Rekorder lief nicht, und sonst war niemand hier. Die Tür war von innen abgeschlossen.
    »Weißt du Gina«, setzte er fort, »was deine kaputten Freunde bei sich zu Hause in der Sozialwohnung machen, interessiert mich nicht weiter. Wenn die sich mit dem Zeug umbringen wollen, meinetwegen – solange ich es nicht sehen muss. Aber wenn sie sich danebenbenehmen, bin ich nun mal dazu verpflichtet zu ermitteln. Und wie du mittlerweile wissen müsstest, krieg ich meistens ziemlich schnell raus, wer dahintersteckt. Meinst wohl, du bist jetzt schon lange genug hier, um mir was vorzuspielen, was? Willst dich wohl selbstständig machen.« Rivett stand auf und ging um den Tisch herum. »Ein kleiner Zusatzverdienst, von dem ich nichts mitkriege. In meiner Stadt …«
    Gina stand auf, wobei ihr Stuhl umfiel, und wich langsam vor ihm zurück.
    »Das Dumme ist«, sagte er und folgte ihr so dicht, dass sie seinen Zigarrenatem spürte, »dass dein Käsefresser-Freund etwas zu guten Stoff liefert. Das Zeug ist einfach zu rein für den Ernemouther Geschmack. Die dummen Junkies wollten sich gar nicht umbringen, sie haben nur nicht kapiert, dass sie dreimal so viel nehmen wie sonst.«
    Gina spürte hinter sich die kalte Wand. Sie wollte ihre Angst nicht

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