Opfere dich
dem Gesicht. Sie starrte eine Weile aus dem Fenster und setzte sich dann auf einen Sessel in der dunkelsten Ecke des Zimmers. „Es kam immer wieder zum Streit. Besonders schlimm wurde es, als er komische Dinge von mir verlangte.“
Storm wurde hellhörig. „Sexuelle Dinge?“, hakte sie nach und nahm auf der Couch Platz.
„Darüber will ich nicht reden“, wiegelte Katie ab. „Nur über den Anfang vom Ende. Mir wurde klar, dass ich nicht die Frau bin, die Darragh braucht, als er mich mit einer Kerze befriedigte und mir danach Wachs auf meinen Unterleib tropfte. Das hat ihn angemacht wie nichts zuvor. Mich gar nicht. Es tat einfach nur weh. Da wusste ich, dass wir nie zusammenpassen würden, aber die Sehnsucht nach ihm ist nie ganz erloschen.“
„Wachs?“, echote Storm und rutschte auf dem Sofas ganz weit nach vorn. War Katies Kurzehe gar in die Brüche gegangen, weil sie Darragh nicht vergessen konnte? Trotz allem, was er ihr angetan hatte?
Katie nickte. „Wir haben es meist im Bett seiner Mutter getrieben, weil er ihr damit eins auswischen wollte, wie er sagte.“
Storms Magen krampfte sich zusammen. Sie tippte, dass es andere Beweggründe für Darragh gab, aber sie behielt ihre Annahme für sich.
„Im Nachttischschrank hatte Phil immer viele Kerzen stehen. Darragh hat sie angezündet, gewartet, bis das Wachs flüssig war und meine Beine gespreizt. Da wurde mir schon übel. Ein paar Tropfen hätte ich ja noch ertragen. Für ihn. Nicht, weil es mir Spaß gemacht hätte. Aber er hat die Kerze ganz dicht an meinen Unterleib gehalten und immer mehr und mehr darauf gegossen. Ich dachte, ich verbrühe.“
Um was wetten wir, dass die Kerzen nach Vanille dufteten, forderte Storm in Gedanken einen imaginären Gesprächspartner heraus und fragte sich wieder einmal, ob manche Menschen unter einer Glasglocke lebten. Sah Katie Sherford keine Nachrichten? Hatte sich bei ihr nie ein Verdacht geregt, als sie von der Tötungsmethode des Killers hörte? Sie ärgerte sich über Katie. Weil sie femininer aussah. Und weil sie Ben schöne Augen machte. Aber sie bemühte sich, ihr keinen Vorwurf wegen Darragh zu machen, weil Katie ihn offensichtlich immer noch liebte und man hinter jemandem, der einem nahestand, keinen Serienmörder vermutete. So etwas passiert nur anderen, glaubten viele fälschlicherweise.
Vielleicht fiel selbst bei Katie langsam der Groschen, denn sie zuckte entschuldigend mit den Achseln und rechtfertigte sich: „Ich meine, im Grunde waren es nur harmlose Wachsspielchen. Das macht doch jeder heutzutage. Ist nichts Besonderes. Das sagte auch meine beste Freundin Lynn, und dieser Schauspieler – wie heißt er noch gleich? – steht auch drauf, habe ich irgendwo gelesen.“
Genauso wie der Wachsmörder, fügte Storm gereizt hinzu. Sie zückte ihr Handy und rief Patterson an. „Bobby? Schau mal bitte in Philomena Priests Nachtkonsole nach. Du wirst Vanillekerzen darin finden.“ Das war das fehlende Puzzleteil. Endlich: Diese Spur war heiß. Brandheiß.
20.
Storm stand vor der Terrassentür und schaute gedankenversunken in ihren Garten hinaus. Dieser Tag hatte die Wendung gebracht. Es war der ereignisreichste der letzten Zeit gewesen. Storm stieß darauf an. Alleine in ihrem Häuschen mit einer Dose Bud Light. Es dämmerte bereits. Mittlerweile schüttete es nicht nur wie aus Kübeln, sondern es stürmte auch. Der Wind hämmerte gegen die Fensterscheiben, und Regen trommelte aufs Dach.
Das alles machte Storm in diesem Moment nichts aus. Es gab etwas zu feiern. Sie hatten einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Der Durchbruch. Endlich. Die Fahndung nach Darragh Priest lief bereits. Die Telefone auf dem Revier standen nicht still. Das PD hatte extra zusätzliche Telefonisten angestellt, weil die Officer zu beschäftigt damit waren, den eingehenden Hinweisen nachzugehen. Die Hälfte der Soko arbeitete die Nacht durch.
Storm wurde der Tagschicht zugeteilt. Es fiel ihr nicht leicht, abends zu Hause zu sitzen und nichts zu tun, aber sie brauchte dringend Schlaf, um morgen wieder hundert Prozent geben zu können. Im Augenblick jedoch standen ihre Gedanken nicht still. Sie war bereits über die Erschöpfungsphase hinweg. Es tobte ein Chaos in ihrem Kopf. Sie war unfähig abzuschalten. Weil sie zu aufgedreht war, um zu schlafen, trank sie ein Bier. Das würde hoffentlich helfen, die nötige Bettschwere zu bekommen. Und auch die schmerzende Sehnsucht nach Moon zu unterdrücken.
Plötzlich gab es einen
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