Opfere dich
Schon damals hattest du Vorurteile gegen Reiche.“
Und gegen Schöne, gestand sich Storm ein. Wahrscheinlich hatte sie Darragh deshalb gar nicht weiter beachtet. Die Begegnung mit ihm hatte keinen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen. Ob er sich wohl daran erinnerte?
Ihre Mutter seufzte theatralisch. „Manchmal ist es besser, wenn ein Wunsch nicht in Erfüllung geht. So gut erzogen war er dann wohl doch nicht. Denn ich habe gehört, dass er kurz nach dem Barbecue aus dem Internat geflogen war, weil er ständig in Schlägereien verwickelt war.“
„Der Auslöser aber war ein ganz anderer“, korrigierte Jasper sie. „Das Maß war voll, als man ihn dabei erwischte, wie er eine lebendige Spitzmaus über einem Lagerfeuer röstete.“
Teresa zuckte mit den Achseln. „Aber wenn du mich fragst, waren das nur Gerüchte, um Philomena Priest zu schaden, weil sie eine der erfolgreichsten Geschäftsfrauen in Fort Twistdale war. Purer Neid. Man hat nur versucht, sie an ihrem wunden Punkt zu treffen und das, was sie liebte, zu beschmutzen.“
Storm glaubte vielmehr, dass Mrs. Priest den Rauswurf als weiteres Scheitern ihres Sohnes verzeichnet hatte. Möglicherweise hatte sie ihm ins Gesicht gesagt: „Von dir hatte ich nichts anderes erwartet“, und weiter mit ihrem Chihuahua geschmust. Bis sie mehr als nur das Bedürfnis zu schmusen hatte.
Ihr Mobiltelefon klingelte. Storm stellte die Tasse ab, schälte sich aus der Wolldecke und ging zur Garderobe. Sie holte ihr Handy aus der Seitentasche und schaute aufs Display. Es war Malcolm. „Hi, Partner.“
„Es gibt Neuigkeiten.“
„Sind wir nicht eigentlich für die Tagesschicht eingeteilt?“, spöttelte sie und spürte die angenehme Schwere ihrer Glieder. Der Rum lag noch auf ihrer Zunge, den Tee schmeckte sie kaum mehr. „Warte, ich gehe in den Garten.“ Dort konnten sie nicht nur ungestört sprechen, sondern sie nutzte die Gelegenheit, um eine Zigarette zu rauchen.
Sie nahm ihre Packung Luckys, wickelte sich wieder in die Decke ein und entschuldigte sich bei ihren Eltern. Rasch ging sie auf die Terrasse hinaus, bevor Teresa und Jasper eine Bemerkung darüber fallenließen, wie schädlich das Rauchen doch sei. Jeder hatte ein Laster, und Storms war nun mal das Qualmen. Es gab Schlimmeres, fand sie. Auch sie hatte schon einmal versucht, damit aufzuhören, aber die Belastung durch den Polizeidienst war groß, und das war ihr einziger Ausgleich.
Du solltest dir wirklich Freunde suchen, sagte sie sich in Gedanken und steckte sich eine Zigarette an. Sie nahm einen Zug und genoss den Geschmack von Rum und Nikotin. „Was gibt’s?“ Der Sturm hatte vor einer Viertelstunde abrupt aufgehört. Ebenso der Regen. Es war gespenstisch ruhig. Dennoch hingen schwere Regenwolken drohend über dem Michigansee. Das Unwetter war noch nicht vorüber.
„Das Labor hat erste Ergebnisse“, berichtete Malcolm. „Sie haben bei dem verkohlten Hund eine Genanalyse durchgeführt und die Ergebnisse mit der DNA der Hundehaare, die in deiner Wohnung gefunden wurden, verglichen. Der genetische Fingerabdruck ist identisch.“
„Das passt ins Bild, gilt aber nicht als eindeutiger Beweis. Der Wachsmörder könnte Philomena Priest besucht haben. Da kämen wahrscheinlich mehrere Personen in Frage“, wandte sie ein. Sie verließ die Terrasse, weil sie die Blicke ihrer Eltern im Nacken spürte, und schlenderte in den Garten, der nur vom Licht aus dem Haus erhellt wurde. Dort konnte sie getrost auf den Boden aschen. „Er braucht sie nur einmal zufällig getroffen haben, und schon hätten die Hundehaare an ihm haften können.“
„Wie ist es hiermit? Die Spurensicherung hat Fingerabdrücke in der Dachgeschosswohnung der Villa von Mrs. Priest sichergestellt. Sie stammen alle von einer einzigen Person.“
„Von Darragh Priest, ihrem Sohn.“ Storm kuschelte sich tief in die Decke, weil sie fror. Ihre Turnschuhe waren durchnässt und schlammig. Sie eilte zum Holzsteg und blickte auf den See hinaus. In der Ferne erspähte sie die Lichter eines Schiffes, das langsam vorbeischipperte.
„Davon gehen wir in diesem Moment aus. Es scheint so, als hätte er niemanden in seine vier Wände gelassen, nicht einmal eine Putzfrau.“
Es knackte in der Dunkelheit. Sie bereute es, ihre Waffe im Haus gelassen zu haben. Sicherlich war es nur ein Tier, das umherstreifte. „Aber mit ,hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit‘ reicht nicht aus. Wir müssen seine Fingerabdrücke nehmen, um einen Abgleich
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