Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
sehen.«
Bereits bevor Horndeich und Margot die Menhiranlage erreichten, konnten sie zwischen den Bäumen den Schein eines Feuers erkennen.
»Tztztz«, machte Horndeich.
»Was ist denn jetzt schon wieder?«
»Na, die fackeln hier munter neben den Bäumen herum. Im Naturschutzgebiet. Das ist schon mal mindestens eine Ordnungswidrigkeit.«
Horndeich und Margot bewegten sich im Schutz der Bäume langsam auf die Gruppe zu.
Die Menschen, alle in helle Roben gehüllt, standen in einem Kreis. In der Mitte zwischen ihnen war ein Feuer entfacht.
»Und wo sind die Steine?«
In der Dunkelheit waren nur Schemen zu erkennen.
»Schau, dort, neben der großen Frau. Da ist der größte«, flüsterte Horndeich.
Sie sahen, wie eine Frau einen weiten Kreis um das Feuer herum ablief und weißes Pulver verstreute.
»Wenn das Koks ist, ist das ein teures Vergnügen«, murmelte Horndeich.
»Und deutlich mehr als eine Ordnungswidrigkeit«, fügte Margot an.
Horndeich und Margot blieben im Schatten einiger Bäume stehen und konnten von der Kultgemeinschaft nicht gesehen werden.
Die Gesichter der Gruppe wurden durch das Feuer gespenstisch erhellt. Angelika Sacher wiegte sich neben Gerhard Weller ganz leicht vor und zurück. Margot zählte die Anwesenden. »Genau dreizehn. Zufall oder Hokuspokus?«
Während die Gruppe nun im Kreis herumging, konnte Horndeich nach und nach auch die restlichen Gesichter der Teilnehmer an diesem Ritual erkennen. Er runzelte die Stirn. Das war doch …
»Das gibt es doch nicht!« Offensichtlich hatte auch Kollegin Hesgart das Gesicht der jungen Dame erkannt. »Das ist ja Doro!«
Horndeich hatte es also richtig erfasst. Doro war die Kurzform für Dorothee. Sie war Margots unlängst volljährig gewordene Stieftochter. Das Ergebnis eines One-Night-Stands ihres Gatten Rainer. Allerdings aus der Zeit vor Margot. Ihre Mutter war bereits tot. Doro wohnte derzeit mit Margot unter einem Dach, während Rainer in Amerika residierte. Horndeich seufzte. Zum Glück waren seine Familienverhältnisse nicht so kompliziert.
»Na, der erzähl ich was!«, sagte Margot. Und aus dem Flüstern war ein ziemlich lautes Flüstern geworden.
»Scht«, machte Horndeich, der ihre Spitzelmission nicht gefährden wollte.
»Nix ›Scht‹ – was bitte macht Doro auf so einem Hexensabbat?«
Diese Bezeichnung fand Horndeich jetzt doch ein wenig übertrieben. Auch wenn es absolut nicht sein Ding war, um ein Feuer zu tanzen und, etwas überspitzt formuliert, den Mond anzuheulen. »Margot – leise!«, flüsterte er.
»Echt. Erst dieser Blödsinn mit Afrika, und jetzt macht sie einen auf Kräuterhexe.« Diese Lautstärke ging nun nicht mehr als Flüstern durch. »Was denkt die sich eigentlich?« Das Nicht-Flüstern war inzwischen auch einer der Schamaninnen aufgefallen.
»Die kauf ich mir!«
»Sei doch leise, Mensch! Doro ist volljährig!« Weder das Argument auf Sachebene noch Horndeichs Aufforderung konnten Margot daran hindern, zwei Schritte auf den Kreis zuzugehen.
Nun fiel zwei weiteren Damen auf, dass sie nicht mehr ungestört waren. Sie blieben stehen. Und unterbrachen damit das Ritual. Sekunden später verstummte auch die Trommel.
»Doro!«
Die Angesprochene starrte Margot an, als ob die angerufene Göttin in persona vor ihr stünde. »Was machst du denn hier?« Doros Ratlosigkeit schien die Wut über die Störung zu überwiegen. Noch.
»Was soll denn dieser Hokuspokus?«
Neben Doro tauchte ein junger Mann aus dem Dunkel auf, der ebenfalls mit einer hellen Robe bekleidet war. Er stellte sich vor sie. »Wie können Sie es wagen, unser heiliges Ritual zu stören?«
»Is’ ma’ gut, Bub«, sagte Margot, schaute aber Doro an.
»Geht es noch?«, fragte der junge Mann.
»Margot!«, versuchte Horndeich schlichtend einzugreifen. Doch vergeblich.
»Was?«, fragte Margot nur. Und der Tonfall zeigte zumindest Horndeich, dass hier eine Eskalation der Ereignisse nicht mehr fernlag.
»Was, Mutti?«, entgegnete der junge Mann nur.
»Marius!«, rief Doro aus, aber es war zu spät.
Margot trat auf den jungen Mann zu, und Sekunden später lag er auf dem Boden, den rechten Arm auf dem Rücken gesichert.
»Margot!«, riefen nun Horndeich und Doro gleichzeitig aus.
Die Angesprochene kam zur Besinnung. Ließ Marius’ Arm los. Ging zu Doro. »Das wird ein Nachspiel haben!«
Doros Augen blitzten. »Aber gewiss. Das nenn ich Amtsmissbrauch!«
Horndeich hörte jemanden fragen: »Amtsmissbrauch? Wer is’ die
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