Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Es ist kein Club. Ich habe auch keinen Club-ausweis. Wir sind ein Wicca-Coven, den Gerhard vor fünf Jahren gegründet hat, zusammen mit Marianne. Marianne Seitz, Sie haben ihren Namen auf Ihrer Liste. Und wir tun nichts Strafbares.«
»Abgesehen davon, dass Sie im Naturschutzgebiet herumtrampeln.«
»Das ist schon lustig. Wir Menschen sind doch ein Teil der Natur. Werden wir an diesem Ort dann nicht geschützt?«
»Nun, eher nicht. Sie legen Ihren Nachwuchs ja auch nicht in Nestern auf der Wiese ab wie etwa eine Lerche oder andere Bodenbrüter.« Horndeich stand auf. »Gut, dann werde ich mich jetzt noch mit Herrn Weller unterhalten.«
Angelika Sacher verließ den Raum, und Gerhard Weller trat ein und setzte sich. Zwanzig Minuten später hatte Horndeich noch einmal genau die gleiche Geschichte gehört wie die, die ihm Angelika Sacher erzählt hatte.
Sicher, die Frau hatte ein Motiv und mit Gerhard Weller auch einen Partner, mit dem sie ihren Mann so hätte präparieren können, wie es geschehen war. Blieb aber immer noch die Frage, wo Sacher zwischen seinem Verschwinden und seiner Ermordung gewesen war.
Nein, da passte irgendwie so gar nichts zusammen.
»Also?«
Margot und Doro saßen am Esstisch im Raum neben der Küche.
Die Fahrt vom Parkplatz nach Hause war lautstark verlaufen. Margot hatte herumgebrüllt, was Doro einfiele, nächtlichen Mummenschanz im Naturschutzgebiet zu betreiben.
Was sie Mummenschanz nenne, das seien jahrtausendealte Rituale der Hexen. Zu denen sie übrigens auch gehöre. Und wie Margot es wagen könne, das Ritual zu stören. Der Kreis sei gebrochen worden, die Energien nicht geerdet.
Wo das alles hinführen sollte?, haderte Margot lautstark. Ob sie im Knast landen wolle?, fragte Margot noch.
Doro hatte mehrfach betont, dass Margot ihr überhaupt nichts zu sagen habe, sie sei nicht ihre Mutter. Und außerdem sei sie, Doro, inzwischen volljährig.
Das Gespräch glich in Lautstärke und Argumentation so vielen vorherigen Gesprächen, durch die sich Doro und Margot hindurchgeschrien hatten.
»Du urteilst über etwas, von dem du nicht die geringste Ahnung hast.«
Margot hatte geschluckt. Und in einem der seltenen Momente zwischen Fatalismus und innerer Ruhe gesagt: »Gut. Dann sag mir, was du denkst. Wenn wir zu Hause sind.«
Die letzten Minuten waren sie schweigend gefahren. Margot hatte den Mini direkt vor dem Haus abgestellt. Und dann hatten sie sich an den Esstisch gesetzt.
Jetzt kochte Margot Nudeln, weil Doro gesagt hatte, sie habe Hunger. Margot verspürte nur wenig Appetit, obwohl sich ihr Bauch vorher lautstark zu Wort gemeldet hatte. Rainer hatte sie in solchen Situationen immer angegrinst und gesagt: »Heute wieder Bauchrednerin, was?«
Sie verdrängte den Gedanken. »Du bist also eine Hexe?«, nahm Margot das Gespräch wieder auf. Und bemühte sich, den Tonfall ganz neutral zu halten.
»Ja.«
Margot rührte im Nudeltopf herum. Nicht dass es da wirklich etwas zu rühren gegeben hätte. »Und was bedeutet das?« In Gedanken fügte sie hinzu: Kannst du mir jetzt vier Warzen anhexen? Aber sie sagte es nicht.
»In allen Menschen stecken Energien. Mächtige Energien. Aber die meisten Menschen sind sich dessen nicht bewusst und wenden sie deshalb nicht an. Aber die Energien fließen. Und die, die in der Lage sind, sie zu lenken – das sind Hexen. Menschen, die das alte Wissen erspüren, erlernen und weitergeben.«
Margot drehte sich um: »Die Hexe als weise Frau, sozusagen?«
»Ja. Nenn es so, wenn du willst.«
Na gut, damit konnte Margot leben, auch wenn sie es für völlig bescheuert hielt. Sie wusste, dass es in der Neuzeit Hexenverfolgungen und Scheiterhaufen gegeben hatte. Aber diese vermeintlichen Hexen, so meinte sie sich zu erinnern, hatten sich hauptsächlich dadurch ausgezeichnet, dass sie denunziert worden waren. Und das war es dann auch schon gewesen an Hokuspokus. Folter, Tötung und Verbrennen – auch das hatte nichts Übersinnliches an sich.
»Damals wollten sie verhindern, dass diese Frauen das Wissen lehrten und ausübten. Das Patriarchat wollte diese weisen Frauen vernichten. Und auch heute können wir uns nur im Verborgenen sicher bewegen. Zu gern würden sie uns aus dem Weg räumen.«
Rühren. Topfgucken. Sonst würde sie sich wieder zu einer unbedachten Äußerung hinreißen lassen. Margot liebte Verschwörungstheorien. Besonders wenn SIE dafür verantwortlich waren. Wie etwa bei der satirischen Bielefeldverschwörung . Bei der SIE
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