Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Schöffer und ihrer neuen Adresse. Sie war selbst erstaunt, dass sie wenige Minuten später sogar die Handynummer herausgefunden hatte. Margot rief die Nummer an.
Petra Schöffer war bereit zu einem Gespräch. Aber sie sagte Margot, dass sie am Abend arbeiten müsse, im Stairway to Heaven, einer Kneipe in Groß-Umstadt. Sie habe dort aber sicher eine Viertelstunde Zeit für die Fragen der Kommissarin.
Margot hatte nicht gezögert und sich ins Auto gesetzt.
Nach Groß-Umstadt war es nicht wirklich weit. Fünfundzwanzig Kilometer.
Margot fuhr in die Stadt. Sie wusste, dass sich die Kneipe in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes befand. Auf dem man nicht parken konnte. Also stellte sie das Auto etwas entfernt ab. Sie überquerte den Marktplatz zu Fuß.
Eine nette kleine Stadt. Sie war schon ein paarmal hier gewesen. Einmal, als Wochenmarkt gewesen war. Hatte ihr gut gefallen. Dann einmal, als es einen großen portugiesischen Markt gegeben hatte, sogar mit Fado-Musik. Und einmal war sie hierhergefahren, als ein Krimiautor aus einem Darmstadtkrimi im Saal des Gasthauses Krone gelesen hatte. Sie war neugierig geworden, weil er einige Male bei ihr angerufen hatte, um sich zu erkundigen, wie man denn im richtigen Leben ermittelte. Das hatte dann sogar Doro interessiert.
Sie fand die Kneipe auf Anhieb. Ein schmuckes Altbauhaus. Der Abstand zu den Nachbargebäuden war, nun, man konnte es übersichtlich nennen. Zwischen das eine Fenster der Kneipe und das Fenster des Hauses daneben hätte kaum ein gespanntes Bettlaken gepasst. Margot schätzte, dass die Kollegen der Schutzpolizei sich hier nicht selten sehen ließen.
Margot betrat das Lokal, das nicht sonderlich groß war. Hinter dem Tresen standen zwei Personen: ein junger Wirt – und Petra Schöffer. Obwohl noch keine Gäste da waren, konnte Margot sofort riechen, dass es sich um eine Raucherkneipe handelte. Dann fielen ihr auch die Aschenbecher auf den Tischen auf. Kurz rein und schnell wieder raus, dachte sie.
»Hesgart«, stellte Margot sich vor.
»Frau Hesgart«, sagte Petra Schöffer. »Schön, dass Sie da sind. Bitte suchen Sie sich einen Tisch aus, ich komme gleich zu Ihnen.«
»Gern«, antwortete Margot.
Da keiner der Tische besetzt war, hatte sie die freie Auswahl. Sie entschied sich für einen Platz an einem Tisch zu Füßen eines gerahmten Drucks, eines Fotos von Kurt Cobain. Passend zum Tisch drang aus den Boxen jetzt auch Smells Like Teen Spirit . Die Kneipe hatte etwas. Die Poster, die Kritzeleien an den Wänden.
Petra Schöffer kam an Margots Tisch. »Sie sind sicher im Dienst, nicht wahr?«
»Haben Sie einen trockenen Rotwein? Und dazu ein Mineralwasser?«
Petra Schöffer lachte. »Letzteres auf jeden Fall. Nach dem Rotwein schaue ich mal.«
Wenig später kam sie mit einem Glas tiefroten Weins und einem Glas Wasser. »Ich muss gerade noch etwas in der Küche erledigen. In zehn Minuten bin ich bei Ihnen.«
»Keinen Stress.« Dann dauerte es halt zehn Minuten länger. Margot war der einzige Gast. Was beruhigend war, denn sie hasste Raucherkneipen, auch wenn sie selbst zeitweise von den Glimmstängeln abhängig gewesen war. Sie sah sich um und hörte der Musik zu. Auf Nirvana folgte Pearl Jam, die klassische Kombination. Danach eine Runde Guns N’ Roses, wobei Axl Rose hinreißend depressiv den Novemberregen besang. Hier im schummrigen Licht der Kneipe nahm man ihm die Melancholie sofort ab.
Margots Blick wanderte durch den Raum. Über ihrem Tisch hing noch ein kleines Bild vom jungen Elvis. An der Nebenwand eines vom älteren Elvis im weißen Las-Vegas-Anzug. Der erste Elvis gefiel ihr besser. Die Getränkekarte war einfach in großen Lettern an die Wand geschrieben. Auch eine Lösung.
Margot musste auf die Toilette. Die lag im ersten Stock. Auch hier zahlreiche Bilder an den Wänden. Die Tür der Damentoilette zierte ein Gemälde von Victoria Frances mit dem Motiv einer schönen, jungen Vampirin.
Als Margot wieder ins Erdgeschoss kam, wartete Petra Schöffer bereits auf sie. Sie setzte sich zu ihr und Kurt Cobain an den Tisch.
»Frau Schöffer, ich habe ein paar Fragen zu dem Verbrechen, das Ihnen angetan wurde.«
»Haben Sie neue Spuren?«
»Ja. Wir haben wahrscheinlich die Männer gefunden, die das getan haben.«
»Wirklich? Ich hatte die Hoffnung bereits aufgegeben.«
»Das ist noch nicht alles. Von den vier Männern sind drei tot. Zwei davon ermordet. Und der Vierte im Bunde wird vermisst.«
Petra Schöffers Augen weiteten
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