Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Margot möchte deine Meinung und deinen Rat zu einem Thema, bei dem sie nicht allein eine Entscheidung treffen möchte.«
Nun war es an Doros Reihe, irritiert zu schauen. »Orange Kapsel. Mit einem kleinen Schuss Milch.«
»Prima, bis gleich.«
Margot bereitete den Kaffee zu, fand sogar einen vakuumverpackten Marmorkuchen, dessen Verfallsdatum noch ein wenig Spielraum ließ. Sich selbst bereitete Margot einen Früchtetee zu. Sie traute ihrem Magen noch nicht über den Weg.
Fünf Minuten später saßen die Frauen gemeinsam am Esstisch. Doro schaute Margot an, und immer noch wirkte sie wie eine Katze, die jede Sekunde fliehen konnte. Oder kratzen.
»Ich bin vorgestern zusammengeklappt. Ich wollte dir das sagen, bevor du es von jemand anderem erfährst.«
»Ich weiß es. Papa hat mich angerufen. War entsetzt, dass dein Kollege ihn so brüsk abgefertigt hat.«
Kaum begann Margot ein Gespräch, wurde es auch schon wieder peinlich.
»Margot, ich hänge mich da nicht rein. Das müsst ihr miteinander ausfechten. Er wollte von mir noch einen Rat wegen seiner Rhonda. Auch da habe ich zu ihm gesagt, das muss er mit ihr ausmachen, nicht mit mir.«
Margot nickte. Die junge Dame vor ihr war definitiv kein Kind mehr. Sondern eine Frau. Und keine dumme offenbar.
»Bist du einigermaßen fit?«
Margot nickte. »Ja. Einigermaßen. Ich muss gerade eine Menge mit mir ausmachen. Das strengt an. Und einen Aspekt davon würde ich gern mit dir besprechen, denn es hat auch mit dir zu tun.«
Doro sah auf den Tisch. Rührte mit dem Löffel im Kaffee.
»Was ist?«, fragte Margot.
Doro blickte auf. »Du willst, dass ich ausziehe.« Es war keine Frage, es war eine Feststellung.
»Ausziehen? Quatsch. Wie kommst du denn darauf?«
»Nicht? Ich dachte, du wolltest hier endlich allein leben.«
»Habe ich diesen Eindruck vermittelt?«
Doro zuckte mit den Schultern. Ein deutlicheres Ja, als jedes Nicken hätte sein können. »Nein, Doro, das ist Blödsinn. Ich frage mich vielmehr, wie ich auf einen bestimmten Vorschlag meines Vaters reagieren soll. Er denkt darüber nach, mit Chloe hier einzuziehen. Ins Erdgeschoss.«
»Sebastian und Chloe wollen hier einziehen?«
»Ja. Und ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«
Ein Strahlen überzog Doros Gesicht. »Das ist doch klasse. Ich hätte da einen Vorschlag. Die beiden wohnen im Erdgeschoss. Du hier im ersten Stock und unter dem Dach. Und ich kann runter in die Souterrain-Einliegerwohnung. Dann sind wir zusammen, ohne jeden Moment aufeinanderhängen zu müssen. Wär doch super.«
»Du meinst, wir gehen uns nicht auf den Wecker?«
»Nur manchmal.« Doro zwinkerte Margot zu.
»Gut. Dann machen wir das so. Entscheidung gefällt.«
»Und meine Miete? Wollte ich dich sowieso mal drauf ansprechen …«
»Nebenkosten. Fertig.«
Doro stand auf. Umarmte Margot. Und Margot spürte, dass in den vergangenen achtundvierzig Stunden viel Gutes passiert war.
Auch den Nachmittag über hatte Margot geschlafen. Kurz hatte sie überlegt, in die Stadt zu gehen. Doch die war derzeit vom Heinerfest besetzt: Buden und Fahrgeschäfte hatten die Innenstadt und auch die Straßen okkupiert. Und wenn Margot nach einem nicht war, dann nach Geschiebe in der Innenstadt.
Am frühen Abend ging Margot in ihr Arbeitszimmer. Sie hatte vor, mal eine andere Spur zu verfolgen. Es war nicht mal eine richtige Spur.
Sie startete Google-Earth. Ihre Spur war nur ein imaginärer Pfeil, der über der Landkarte schwebte und auf einen Ort im Odenwald zeigte. Da gab es ein ausgebranntes Internat im Ort Fischbachtal. Dort waren zwei Jungen des Quartetts zur Schule gegangen. Und wenige Kilometer entfernt lag Fränkisch-Crumbach. Der Ort, aus dem Ruth Steiner kam.
Margot loggte sich auf dem Polizeiserver ein. Dann klickte sie auf die Seiten, die Emil Sacher in den sozialen Netzwerken angelegt und die Bernd Riemenschneider dankenswerterweise abgelegt hatte.
Sie schaute sich die Seiten von Emil Sacher an. Da waren ein paar Fotos aus seiner Internatszeit. Sie kopierte ein Bild von Sacher mit Popperfrisur. Dann schaute sie, was sie über Philipp Kaufmann an Bildmaterial finden konnte. Aber da gab es nichts.
Sie klickte wieder auf die Seiten von Sacher. Der hatte Hunderte von Bildern. Sie nahm sich wieder das Album aus der Zeit vor, die er im Internat im Odenwald verbracht hatte. Nun sah sie sich alle Bilder an. Bei einem Bild stutzte sie. Das Bild war bald fünfundzwanzig Jahre alt. Aber der Mann an der Seite von Sacher –
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