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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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konnte. Er hatte nicht viel Geld, aber er würde sie nach Kräften unterstützen.
    In erster Linie ging es dem jungen Beamten wohl darum, seine eigenen Schuldgefühle zu lindern.
    Das Telefon klingelte. Die Krankenschwester entschuldigte sich und hob den Hörer ab.
    Pulaski machte sich auf den Weg, und noch bevor er das Zimmer verließ, setzte er bereits seine Sonnenbrille auf, damit niemand die Tränen sehen konnte.

… Siebenundfünfzig
    Es war kurz nach neun Uhr morgens. Rhyme bat Mel Cooper, den Fernseher im Labor einzuschalten, wenngleich mit heruntergedrehtem Ton.
    Da die Bundesbehörden sich offenbar Zeit ließen, ihre neuesten Erkenntnisse mit dem NYPD — oder zumindest mit Rhyme — zu teilen, wollte er sichergehen, dass er zumindest auf dem Stand der Medien blieb.
    Und was gab es da Besseres als CNN?
    Der Fall war erwartungsgemäß das Thema des Tages. Galts Foto wurde ungefähr eine Million Mal eingeblendet, und fast genauso häufig fiel der Name der geheimnisvollen Ökoterrorgruppe »Gerechtigkeit für die Erde«. Dazwischen gab es immer wieder kurze Einspielungen von Andi Jessens antigrünen Äußerungen.
    Der größte Teil der Berichterstattung über Galts Anschläge bestand jedoch aus wilden Spekulationen. Und viele Journalisten fragten sich natürlich, ob es einen Zusammenhang mit dem heutigen Earth Day gab.
    Über den ebenfalls ausführlich berichtet wurde. Er war in der Stadt Anlass für zahlreiche Veranstaltungen: eine Parade, Schulkinder beim Pflanzen von Bäumen, Demonstrationen, die New Energy Expo im Kongresszentrum und die große Kundgebung im Central Park, bei der zwei der wichtigsten Umweltexperten des Präsidenten sprechen würden, beides aufstrebende Senatoren aus dem Westen. Danach wollte ein halbes Dutzend berühmter
Rockgruppen auftreten. Man rechnete mit knapp einer halben Million Zuschauern. Einige der Berichte beschäftigten sich mit den als Folge der Anschläge verschärften Sicherheitsmaßnahmen bei all diesen Ereignissen.
    Von Gary Noble und Tucker McDaniel hatte Rhyme erfahren, dass nicht nur zweihundert zusätzliche FBI-Agenten und NYPD-Streifenbeamte zu diesem Zweck abgeordnet worden waren, sondern die Technikspezialisten des FBI zudem mit der Algonquin daran gearbeitet hatten, alle elektrischen Leitungen im und rund um den Park vor Sabotage zu schützen.
    Ron Pulaski betrat das Labor. Rhyme blickte auf.
    »Wo haben Sie gesteckt, Grünschnabel?«
    »Äh …« Er hielt einen weißen Umschlag hoch. »Die DNS.« Er war auch noch anderswo gewesen – Rhyme glaubte zu wissen, wo. Der Kriminalist drängte ihn nicht, aber er sagte: »Das hatte keine Priorität. Der Täter ist uns bekannt. Die DNS wird erst für den Prozess gebraucht. Aber vorher müssen wir Galt erst einmal fangen.«
    »Natürlich.«
    »Haben Sie gestern in seiner Wohnung noch etwas gefunden?«
    »Ich habe sie noch mal von oben bis unten durchsucht, Lincoln. Leider ohne Erfolg.«
    Auch Sellitto traf ein, noch zerzauster als üblich. Er schien dieselben Sachen wie am Vortag zu tragen — hellblaues Hemd, dunkelblauer Anzug. Rhyme fragte sich, ob er wohl im Büro übernachtet hatte. Der Detective fasste für sie zusammen, was sich in den Chefetagen tat – der Fall war zu einer PR-Angelegenheit geworden. Manch eine politische Karriere stand auf dem Spiel, und während auf Stadt-, Staats- und Bundesebene immer mehr Kräfte mobilisiert und »Mittel bereitgestellt« wurden, ließ jede der Behörden durchblicken, sie tue mehr als die anderen.

    Sellitto ließ sich geräuschvoll auf einen Rohrstuhl sinken und schlürfte einen Schluck Kaffee. »Doch bei Licht besehen weiß niemand so genau, was eigentlich zu tun ist«, murmelte er. »An den Flughäfen, U-Bahn-Stationen und Bahnhöfen marschieren Uniformierte, Bundesagenten und die Nationalgarde auf. Ebenso bei allen Raffinerien und im Hafen. Polizeiboote fahren Sonderpatrouillen um die Tanker, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wie zum Teufel er mit so einem Blitzdings ein Schiff angreifen sollte. Außerdem werden alle Umspannwerke der Algonquin bewacht.«
    »Er hat es nicht länger auf die Umspannwerke abgesehen«, klagte Rhyme.
    »Ich weiß. Und alle anderen wissen das auch, aber niemand hat eine Ahnung, womit wir stattdessen rechnen müssen. Das Zeug ist überall.«
    »Welches Zeug?«
    »Dieser beschissene Saft. Elektrizität.« Er vollführte eine weit ausholende Geste, die anscheinend die ganze Stadt umfassen sollte. »In jedem verfluchten Haus.« Er schaute zu den

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