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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Pulaski, während sie sich dem Gelände näherten. Es wurde von einem mehr als zwei Meter hohen Bauzaun umgeben, der von Graffiti und Plakaten bedeckt war. Sie warben für alternative Theaterstücke, Happenings und Musikgruppen, die schnell wieder in Vergessenheit geraten würden. The Seventh Seal. The Right Hands. Bolo.
    Pulaski nickte. Er wirkte abgelenkt. Sie würde ihn im Auge behalten müssen. Am Aufzug-Tatort in Midtown hatte er sich gut gehalten, doch inzwischen schien der von ihm verursachte Unfall bei Galts Wohnung ihm mehr und mehr zuzusetzen.
    Sie blieben vor dem Zaun stehen. Die Abrissarbeiten hatten noch nicht begonnen; das Tor – zwei an Scharnieren aufgehängte und mit Kette und Vorhängeschloss gesicherte Sperrholzplatten – ließ eine breite Lücke. Wahrscheinlich hatte Galt sich einfach hindurchgezwängt – sofern er überhaupt hier gewesen war. Sachs stellte sich neben den Spalt und spähte um die Ecke. Ein Teil des Daches schien eingestürzt zu sein; man konnte im Gebäude jedoch so gut wie nichts erkennen, obwohl die meisten Fenster eingeworfen worden waren.

    Ja, das war tatsächlich ein gutes Versteck. Und ein Albtraum für einen Zugriff. Es musste hundert gute Verteidigungsstellungen geben.
    Sollten sie Verstärkung rufen? Noch nicht, dachte Sachs. Jede Minute Verzögerung konnte genau die Minute sein, in der Galt die Arbeit an seiner neuen Waffe abschloss. Und jeder Schritt eines ESU-Beamten konnte eventuelle Partikelspuren zertrampeln.
    »Er hat vielleicht eine Falle installiert«, flüsterte Pulaski verunsichert und wies auf die Metallkette. »Ist das Ding verkabelt?«
    »Nein. Er will bestimmt nicht riskieren, dass jemand zufällig das Vorhängeschloss berührt und einen Stromschlag bekommt; die Leute würden sofort die Polizei rufen.« Aber, fuhr sie fort, er könne durchaus eine Art Alarmanlage montiert haben, um vor Eindringlingen gewarnt zu werden. Sie verzog seufzend das Gesicht und deutete ein Stück die Straße hinauf. »Können Sie drüberklettern?«
    »Über was?«
    »Den Zaun.«
    »Das müsste gehen. Jedenfalls mit Anlauf.«
    »Tja, ich schaffe es nicht, es sei denn, Sie helfen mir. Und dann kommen Sie hinterher.«
    »Einverstanden.«
    Sie gingen zu einer Stelle, an der sich jenseits des Zauns ein dichtes Gebüsch befand, wie man durch einen Spalt erkennen konnte. Es würde sowohl einen Sturz abfedern als auch etwas Deckung bieten. Sachs erinnerte sich, dass Galt bewaffnet war – noch dazu mit einer ausgesprochen durchschlagskräftigen 45er. Sie vergewisserte sich, dass das Holster ihrer Glock fest am Hosenbund steckte, und nickte Pulaski zu. Er ging in die Hocke und verschränkte die Finger.
    »Eines noch. Es ist wichtig«, flüsterte sie, hauptsächlich, um die Situation etwas aufzulockern.

    »Was denn?« Er sah ihr angespannt in die Augen.
    »Ich habe ein paar Pfund zugelegt«, sagte die hochgewachsene Polizistin. »Passen Sie auf Ihren Rücken auf.«
    Er lächelte. Zwar nur flüchtig, aber es war ein Lächeln.
    Als sie einen Fuß auf seine Hände stellte und sich dem Zaun zuwandte, ließ der Schmerz in ihrem Bein sie zusammenzucken.
    Nur weil Galt die Kette nicht unter Strom gesetzt hatte, durften sie nicht davon ausgehen, dass es hier keine anderen Fallen gab. Amelia sah wieder die Löcher in Luis Martins Leichnam vor sich. Und den verrußten Boden der Aufzugkabine, die zuckenden Leiber der Hotelgäste.
    »Keine Verstärkung?«, flüsterte Pulaski. »Sind Sie sicher?«
    »Bin ich. Auf drei. Eins … zwei … drei.«
    Pulaski war stärker, als sie erwartet hatte, und hob ihren einen Meter achtzig großen Körper mühelos hoch. Sie setzte sich auf die Oberkante des Zauns und hielt sich fest. Ein Blick zu der Schule. Niemand zu sehen. Dann ein Blick nach unten. Nur dichtes Gestrüpp. Nichts, das ihr Fleisch mit zweieinhalbtausend Grad heißen Lichtbögen hätte verbrennen können, keine Drähte oder Schalter.
    Sachs hob die Beine herüber und ließ sich so weit wie möglich am Zaun herunter. Dann ließ sie los.
    Sie rollte sich ab, und der Schmerz raste durch ihre Knie und Oberschenkel. Aber sie kannte ihre Arthritis so genau wie Rhyme seine körperlichen Einschränkungen und wusste, dass es sich nur um eine vorübergehende Erscheinung handelte. Als sie hinter dem dichtesten Strauch in Deckung ging und mit gezogener Waffe nach etwaigen Zielen Ausschau hielt, hatte der Schmerz sich schon wieder gelegt.
    »Alles klar«, flüsterte sie durch den Zaun.
    Es gab einen dumpfen

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