Opferlämmer
brillanten Wissenschaftler und Umweltschützer namens Amory Lovins und basiert darauf, Anreize für die Einsparung und effizientere Nutzung von Strom zu schaffen, anstatt immer neue Kraftwerke zu bauen, um die Nachfrage zu bedienen. Ein herkömmliches Elektrizitätswerk verschwendet fast die Hälfte der erzeugten Wärme – sie verpufft einfach zum Schornstein hinaus. Die Hälfte! Stellen Sie sich das mal vor! Hier bei uns haben wir aber eine Reihe von Thermalkollektoren an den Schloten und Kühltürmen installiert. Daher liegt der Verlust der Algonquin nur bei siebenundzwanzig Prozent. Ich habe mir Gedanken über die Möglichkeit mobiler Kernreaktoren gemacht – auf Flussschiffen, sodass sie sich von Region zu Region bewegen können.«
Er beugte sich vor. Seine Augen funkelten wieder.
»Und die neue große Herausforderung betrifft die Speicherung von Energie. Sie lässt sich nicht einfach aufbewahren wie irgendein Eintopf, den Sie zubereiten und ins Gefrierfach stellen können. Man verbraucht sie oder verliert sie – und zwar sofort. Ich arbeite an neuen Speichermöglichkeiten. Schwungräder, Luftdrucksysteme, eine neuartige Batterie-Technologie … Ach, und in letzter Zeit reise ich die Hälfte meiner Zeit im ganzen Land umher und werbe kleine Erzeuger von alternativer Energie aus regenerativen Quellen an, damit sie sich an die großen Verbundnetze wie unsere Northeastern Interconnection hängen und Strom an uns verkaufen, statt dass wir die kleinen Gemeinden beliefern.«
»Ich dachte, Andi Jessen hält nicht viel von erneuerbarer und alternativer Energie.«
»Stimmt, aber sie ist auch nicht verrückt. So sieht nun mal die Zukunft unserer Branche aus. Ich glaube, Andi und ich sind uns lediglich nicht einig, wann diese Zukunft anbricht. Ich tippe auf eher früher als später.« Er lächelte. »Natürlich ist Ihnen nicht entgangen, dass Andis Büro so groß ist wie meine ganze Abteilung und dass es im achten Stock liegt, mit Blick auf Manhattan … Ich dagegen sitze im Keller.« Sein Gesicht wurde ernst. »Also, wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Ich habe eine Liste mit Angestellten der Algonquin, die hinter dem Anschlag von heute Vormittag gesteckt haben könnten«, sagte Sachs.
»Jemand von hier?« Er wirkte bestürzt.
»Es sieht jedenfalls so aus. Der Täter hat zumindest Unterstützung von hier gehabt. Bei ihm handelt es sich vermutlich um einen Mann, aber er könnte mit einer Frau zusammengearbeitet haben. Die fragliche Person hatte Zugang zu den Computercodes, mit denen auf die Steuerungssoftware des Stromnetzes zugegriffen werden konnte. Auf diese Weise hat der Täter mehrere Umspannwerke abgeschaltet, sodass der gesamte Saft
durch die Station an der Siebenundfünfzigsten Straße umgeleitet wurde. Und dort hat er die Einstellungen der Trenner auf einen viel zu hohen Wert gesetzt.«
»So ist es also passiert«, murmelte Sommers beunruhigt. »Die Computer. Ich hab mich schon gewundert. Ich kannte ja keine Einzelheiten.«
»Manche der Leute werden Alibis haben – um die Überprüfung kümmern wir uns. Von Ihnen erhoffe ich mir eine Auskunft darüber, wer überhaupt die Befähigung hätte, den Strom umzuleiten und einen Lichtbogen auszulösen.«
»Ich fühle mich geschmeichelt«, stellte Sommers belustigt fest. »Ich wusste gar nicht, dass Andi sich so gut mit dem auskennt, was wir hier unten machen.« Dann lächelte er gequält. »Zähle ich auch zu den Verdächtigen?«
Sie hatte seinen Namen entdeckt, als Jessen ihr den Mann vorgestellt hatte. »Sie stehen auf der Liste.«
»Hm. Sind Sie sicher, dass Sie mir trauen wollen?«
»Sie haben heute von zehn Uhr dreißig bis kurz vor Mittag, als der Anschlag verübt wurde, an einer Telefonkonferenz teilgenommen. Und in dem Zeitfenster, in dem der Täter an die Computercodes gelangt sein könnte, waren Sie nicht in der Stadt. Laut den Daten des elektronischen Schlosses haben Sie den gesicherten Raum auch zu keinem anderen Zeitpunkt betreten.«
Sommers zog eine Augenbraue hoch.
Sachs zeigte auf ihren BlackBerry. »Darum ging es in den Nachrichten, die ich auf dem Weg hierher mit dem NYPD ausgetauscht habe. Ich habe Sie überprüfen lassen. Sie sind sauber.«
Sie hoffte, er würde ihr nicht verübeln, dass sie ihm misstraut hatte. Doch Sommers schien sogar regelrecht begeistert zu sein. »Thomas Edison hätte das gefallen«, sagte er.
»Wie meinen Sie das?«
»Er hat gesagt, ein Genie sei bloß eine talentierte Person, die ihre Hausaufgaben
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