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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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wusste von seinem früheren Besuch beim Friedhof, dass er bei Einsetzen der Dämmerung schloss. Um sicherzugehen, würde der Täter höchstwahrscheinlich gewartet haben, bis es völlig dunkel war. Das Zeitfenster, wann Rodriguez und Guerrera abgeladen wurden, würde sich also von 19.00 Uhr bis 1.30 erstrecken. Bei Donovan war es größer. Der Platzwart hatte ihn gegen 5.30 Uhr gefunden.
    Markham stand auf, schaltete seinen Kompass ein und wandte sich nach Osten. Er beschrieb langsam einen Bogen mit dem Kopf, bis er genau nach Westen, in Donovans Blickrichtung wies. Was immer die Opfer sehen sollten, könnte im Großen und Ganzen diesem Pfad gefolgt sein, und er schnitt in Gedanken einen breiten Streifen Sterne aus, mit einer Mittellinie, die genau von Ost nach West verlief.
    Aber wie breit sollte er ihn machen? Der exakte Blickwinkel der Opfer ließ sich unmöglich rekonstruieren. Aber als er zum östlichen Horizont schaute, wurde Markham plötzlich klar, dass es besser war, von den Latinos auszugehen. Donovan hatte fast direkt nach oben geblickt – es war ein breiteres Sichtfeld, zu viele Sterne, aus denen man wählen konnte. Bei Rodriguez und Guerrera war der Winkel dagegen viel kleiner. Praktisch genau geradeaus.
    Ja, dachte er. Was immer Rodriguez und Guerrera sehen sollten, es hätte durch ein sehr viel kleineres Sichtfeld wandern müssen.
    Aber selbst wenn die Winkel stimmen, wie um alles in der Welt willst du den richtigen Stern finden? Falls die Opfer überhaupt auf einen Stern blicken sollten.
    Markham wusste keine Antwort. Und es war zu spät, um zum Friedhof zu fahren. Das Fenster für das, was die Latinos sehen sollten, war bereits zu. Abgesehen davon musste er schlafen; er brauchte einen klaren Kopf am Morgen, wenn er sich mit Längen- und Breitengraden, Koordinaten und weiß der Teufel was noch herumschlagen musste. Höchstwahrscheinlich würde er einen Astronomieprofessor konsultieren müssen; vielleicht fand er aber auch über das Internet heraus, welche Sterne in der fraglichen Zeit über den östlichen Horizont …
    Schlafen Sie drüber, hörte er Gates sagen. Markham sammelte rasch seine Sachen ein und eilte zurück zu seinem Fahrzeug.
    Die Rückfahrt zu der Behausung in Raleigh, die man ihm gestellt hatte, schien ewig zu dauern. Aber erst als er den Wagen parkte, fiel ihm auf, dass trotz der vielen Gedanken, die ihm durch den Kopf wirbelten, der Druck hinter seinen Augen nicht zurückgekehrt war.
    10
    Cindy Smith lag im Bett und starrte an die Decke. Sie fühlte sich müde, aber gleichzeitig aufgedreht, und in Gedanken ging sie immer wieder ihre kleine Plauderei mit George Kiernan durch.
    Ihre Vorstellung sei größtenteils gut gewesen, hatte er gesagt, allerdings fände er ihr » Fort, verdammter Fleck « immer noch zu gezwungen. Er hatte gesagt, sie solle sich einfach entspannen, mit einer volleren emotionalen Vorbereitung auf die Bühne kommen und einfach »ihr Ding machen.« Cindy verstand, was er wollte: Sie sollte aufhören, es so verrückt zu spielen und einfach versuchen, sich das imaginäre Blut von den Händen zu waschen. Aber die junge Schauspielerin verstand auch, warum er sie nach der Probe beiseitegenommen hatte, anstatt ihr seine Anmerkungen wie bei allen anderen vor versammelter Mannschaft mitzuteilen.
    Und das war es, was sie störte.
    Es war nichts, was George Kiernan gesagt oder getan hatte – er versuchte nur zu helfen, wusste genau, dass es alle anderen Frauen in der Fakultät nur auf ein Scheitern seiner Hauptdarstellerin abgesehen hatten. Jemand hatte sogar »egozentrisches Luder« neben Cindys Namen geschrieben, als die Besetzungsliste vor eineinhalb Monaten bekannt gegeben worden war. Kiernan hatte die Liste persönlich abgehängt und durch eine saubere Kopie ersetzt. Dann hatte er eine Mitteilung über das elektronische Callboard geschickt, in der stand, solche Dinge »zeugten von Kleingeistigkeit und schwachem Charakter« und er würde jeden, den er bei einer solchen verwerflichen Tat erwischte, persönlich der Fakultät verweisen.
    Cindy gab vor, alles mit einem Achselzucken abzutun; sie hatte sogar »egozentrisches Luder« als Status bei Facebook eingetragen. Aber die Bemerkung und das anhaltende Rätseln darüber, wer es geschrieben hatte – sowie das boshafte Geflüster, das hinter ihrem Rücken stattfand, wie sie wusste –, störten sie doch. Und als sie die leuchtend gelben Ziffern auf ihrer Nachttischuhr auf 2.00 springen sah, fühlte sich die junge

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