Opfermal
weiterspielen. Ich bin in meiner Zelle, wenn Sie mich brauchen.«
Markham nickte, und Schaap ging. Er drehte das Sternbild Krebs ein letztes Mal, zerknüllte das Blatt und warf es in den Abfallkorb. Dann stützte er sich auf den Schreibtisch, schloss die Augen und rieb sich die Stirn.
Er war gereizt. Nicht weil Schaap recht hatte und er seine Zeit vergeudete, sondern weil er wusste, es gab eine Verbindung zu den Mordstätten, die er nur nicht greifen konnte. Das Gleiche galt für die Mondsichel, auf die die Opfer blicken sollten. Er lag daneben mit seinem Ansatzpunkt Vlad der Pfähler, er spürte es. Die Botschaften auf den Leichen, die alten Schriften, galten ebenso sehr etwas am Himmel, wie sie etwas auf der Erde galten. Billy Canning bewies es.
Markham sah auf die Uhr. Schaaps Team hatte Cannings Lebensgefährten Stefan Dorsey bereits am Nachmittag befragt und die Durchsuchung des Tattoostudios inzwischen vermutlich abgeschlossen, aber Markham würde selbst noch mit Dorsey sprechen müssen. Er würde außerdem einige Zeit in dem Studio verbringen müssen, um zu sehen, ob etwas zu ihm sprach. Aber was sollte er dort schon finden? Tätowierungen an den Wänden, so zahlreich wie die Sterne selbst?
Komm runter von den Sternen, sagte er zu sich selbst. Konzentrier dich auf die Opfer. Hör fürs Erste auf zu theoretisieren, und kehr zu den Fakten zurück, zu Dingen, die du sicher weißt.
Markham sah auf die Karte von Raleigh auf seinem Schirm, dann griff er zur Maus und verschob sie nach rechts, sodass Cary in die Bildmitte rückte. Er zoomte näher. Canning war aus Cary. Genau wie Randall Donovan. Canning war homosexuell gewesen. Aber Randall Donovan? Und wie sah es bei Rodriguez und Guerrera aus?
Randall Donovan. Schaap hatte seine Frau am Wochenende noch einmal befragt, und das FBI hatte die Computer des Anwalts bereits analysiert und seine Dateien durchkämmt. Sie hatten nichts Ungewöhnliches gefunden, aber jetzt, nach der Entdeckung von Canning und der möglichen Furche in Vlads Opferprofil würde er selbst noch einmal mit der Witwe sprechen müssen.
Ja, dachte er, sollte er feststellen können, dass Donovan homosexuell war, würde er wissen, wo er bei Rodriguez und Guerrera neu ansetzen musste. Falls sich Vlad als eine Art Schwulenhasser herausstellte, könnte man vielleicht die möglichen Orte eingrenzen, an denen er nach seinem nächsten Opfer suchte. Und falls er herausbekam, wie Vlads Spiel mit den verbundenen Punkten lief, könnte er sogar den Ort eingrenzen, wo er es auszustellen gedachte.
Markham sammelte seine Sachen zusammen, fuhr den Computer herunter und machte das Licht im Büro aus. Tracy Donovan hatte eine Menge durchgemacht. Er wusste von Schaap, dass sie am Boden zerstört war. Man hatte die Leiche des Anwalts gerade aus Quantico zurücküberstellt, und die Begräbnisvorbereitungen waren in vollem Gange. Vielleicht sollte er noch ein, zwei Tage warten, ehe er andeutete, ihr Mann könnte getötet worden sein, weil er homosexuell war.
»Ich habe keine Zeit für Höflichkeiten«, murmelte er beim Hinausgehen. »Genauso wenig wie Vlad.«
20
Markham identifizierte sich, und das Tor wurde geöffnet. Er folgte der Einfahrt um eine Baumgruppe herum zum Haus hinauf. Es war eins dieser großen Häuser im Plantagenstil, mit mächtigen weißen Säulen und jeder Menge Land darum herum. Das Unwetter von der Jagdhütte war Markham nach Raleigh gefolgt, dennoch sah er durch den Regen hindurch, dass jemand auf der Veranda saß und rauchte.
Es war Tracy Donovan. Er erkannte ihr blondes Haar und den modischen rosa Jogginganzug von den zahllosen Familienfotos, die er in der Vorwoche durchgegangen war.
Markham parkte seinen Trailblazer am Ende einer Fahrzeugreihe. Es würde keine Totenwache für Randall Donovan in dieser Woche geben, wie er von Schaap wusste – nur eine kleine, private Begräbnisfeier für die Angehörigen und engsten Freunde des Anwalts. Das ist klug, dachte Markham. Wer weiß, wer auftauchen würde, angesichts der Gauner, mit denen der Mann zu tun gehabt hatte.
Markham tastete unter den Sitzen nach seinem Schirm – er war sich sicher, dass er einen mitgebracht hatte –, und als er keinen fand, stieg er mit der Aktentasche über dem Kopf aus und lief über den aufgeweichten Rasen zur Treppe, die auf die Veranda führte. Tracy Donovan bewegte sich nicht, zog nicht einmal an ihrer Zigarette, sondern verfolgte ihn nur mit den Augen, als sei seine Anwesenheit unvermeidlich.
»All
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