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Opferschuld

Opferschuld

Titel: Opferschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Abgesehendavon, war ich selbst nicht in der Stimmung für ein Gespräch.»
    «Was hatte er an?»
    «Eine lange Regenjacke und drunter einen Pullover. Jeans, glaube ich.»
    Sie nickte. Das waren die Sachen, die er getragen hatte, als Mary die Leiche fand.
    «Haben Sie gesehen, wo er dann hingegangen ist? Oder ist er noch dageblieben, als Sie aufbrachen?»
    «Er ist vor mir gegangen», sagte Michael, «aber er hat sich in Luft aufgelöst. Ich bin zurück ins Dorf gegangen, gleich nachdem er weg war, habe ihn aber nicht mehr gesehen.»
    «Vielleicht war er ja nur schneller als Sie.»
    «Aye, schon möglich. Aber für mein Alter bin ich nicht schlecht unterwegs. Es war auch kein Wetter zum Rumtrödeln. Und wenn er nach Elvet zurückgegangen wäre, hätte ihn jemand gesehen. Er hätte an der Bushaltestelle vorbeigemusst, und da stand ein Haufen Kinder.» Einen Moment lang schien er den Faden zu verlieren. Vera wartete, bis er weitersprach. «Da habe ich mich dann gefragt, ob er vielleicht in die andere Richtung gegangen ist, zum Fluss, aber ich kann mir nicht vorstellen, was er zu dieser Tageszeit dort gewollt haben könnte.»
    «Haben Sie sonst noch was bemerkt?»
    «Ich bin mir nicht sicher», sagte er. «Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden, und ich weiß ja, wie wichtig es ist, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen   …»
    «Sie wissen, wie wichtig es ist, alles zu sagen. Wenn der Kerl, der Jeanie am Bahnhof King’s Cross gesehen hat, das damals gesagt hätte   …»
    «Ich habe ihn sprechen hören», sagte Michael. «Ich dachte erst, dass er bloß rumtobt. Ich meine, so hat er ausgesehen.Wie ein Verrückter, der mit sich selbst sprach. Später habe ich mich dann gefragt, ob er vielleicht ein Handy hatte. So wie er dastand, könnte er ein Handy benutzt haben. An der Bushaltestelle habe ich nämlich ein paar Mädchen gesehen, die in eins reingequatscht haben, und das brachte mich zum Nachdenken.»
    «Haben Sie gehört, was er sagte?»
    «Er hat sich wütend angehört, frustriert. Aber was er sagte, konnte ich nicht verstehen.»
    «Danke», sagte sie. «Das könnte ganz entscheidend sein.»
    Einen Augenblick lang saß sie schweigend da, dann fiel ihr wieder ein, weswegen sie gekommen war.
    «Sie müssen mit James Bennett zusammengearbeitet haben.»
    «Aye, er hat etwa ein Jahr bevor ich in Rente ging, angefangen.»
    «Wie fanden Sie ihn?»
    «Er war in Ordnung. Ein fähiger Lotse.»
    «War Ihnen klar, dass er die Kleine geheiratet hat, die Abigail Mantels Leiche fand?»
    «Das hat mir bestimmt jemand erzählt. An einem Ort wie diesem erfährt man Dinge, ohne zu merken, wie.»
    «Als Sie Detektiv gespielt und den ganzen Schmutz über Keith Mantel ausgebuddelt haben, sind Sie da jemals auf den Namen Bennett gestoßen?»
    Michael schaute sie an, als wäre sie verrückt. «Natürlich nicht. Wieso?»
    «Keine Ahnung», sagte sie. «War wohl ein dummer Gedanke. Hat Bennett jemals mit Ihnen über seine Vergangenheit gesprochen, seine Familie, was er als Kind so gemacht hat?»
    «So gut haben wir uns nicht gekannt.»
    Nein, dachte sie. So gut hat James Bennett niemanden gekannt. Sie wühlte in ihrer Tasche nach dem Handy. «Ich muss mal telefonieren», sagte sie. «Darf ich?»
    «Ich mache mich unsichtbar und spüle die Becher hier.»
    Er war schon fast in der Küche, da rief sie ihn zurück. «Würden Sie mir nachher noch zeigen, wo Sie den Jungen gesehen haben? Erst auf dem Friedhof, und dann zeigen Sie mir den Weg, von dem Sie glauben, dass er ihn genommen haben könnte. Wenn es keine Umstände macht.»
    «Aber nein.» Er lächelte, froh, wieder gut bei ihr angeschrieben zu sein. «Das macht überhaupt keine Umstände.»
    Ashworth musste gerade in der Kantine sein, denn im Hintergrund hörte sie Geschirrgeklapper und Stimmengewirr.
    «Können Sie sprechen?» Sie wollte wissen, ob er allein war.
    «Schießen Sie los.»
    «Hatte Winter ein Handy bei sich?»
    «Das hat niemand erwähnt. Wollen Sie, dass ich es rausfinde?»
    «Ich habe einen Zeugen, der ihn früh an dem Morgen gesehen hat. Er glaubt, dass Winter in ein Handy gesprochen hat. Oder zumindest gesprochen haben könnte. Wenn der Junge ein Handy dabeihatte, haben sie die Anrufe wahrscheinlich schon überprüft, aber das sollte jetzt absoluten Vorrang haben. Und bevor Sie mir einen Vortrag halten, ich bringe meinen Zeugen heute Nachmittag vorbei, damit er seine Aussage macht. Warten Sie dort auf mich.»
    Sie schaltete das Handy aus, bevor er nach

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