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Opferschuld

Opferschuld

Titel: Opferschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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versuchte, seine Fassung wiederzugewinnen.
    «Nichts ist los. Ich wusste nur nicht, was ich hier vorfinden würde. Ich meine, welches Chaos Christopher vielleicht angerichtet hat.»
    Emma runzelte die Stirn. «Um den brauchst du dir keine Gedanken mehr zu machen. Er ist weg. Hat sich noch nicht mal die Mühe gemacht, Auf Wiedersehen zu sagen.»
    Er ging hinter ihr her in die Küche und sah, dass sie gebacken hatte. Auf einem Kuchengitter waren Rosinenbrötchen zum Auskühlen ausgebreitet. Emma machte das Radio aus und verzog das Gesicht.
    «Sehen nicht so toll aus, oder? Keine Ahnung, wieso sie nicht aufgegangen sind.»
    «Ich bin sicher, dass sie gut schmecken. Sie riechen jedenfalls köstlich.» Er wusste, dass die Brötchen für ihn waren. Nicht so sehr, weil er sie gern aß. Sie waren mehr ein Symbol.
Schau her, ich gebe mir alle Mühe, so zu sein, wie du es haben möchtest.
Er fragte sich, weshalb sie es gerade heute für nötig befunden hatte, sich solche Mühe zu geben. Ob das etwas mit Chris zu tun hatte?
    Sie lächelte, und er dachte: Sie ist wie ein kleines Mädchen, das Hausfrau spielt, mit dem als Schürze umgebundenen Geschirrtuch und dem Mehlfleck auf der Wange. Es war genau das, was ihm gefiel.
    «Aber im Ernst», sagte sie. «Chris ist verschwunden.»
    «Was soll das heißen?»
    «Er war schon weg, als ich aufgestanden bin. Hast du ihn heute Morgen gesehen?»
    James schüttelte den Kopf. Er konzentrierte sich darauf, Tee zu kochen. Er liebte losen Tee, das Ritual mit dem Sieb und der vorgewärmten Kanne. «Ich schätze, er ist in Springhead House.»
    «Bei Mum und Dad hat er sich gar nicht gemeldet. Sie wussten nicht mal, dass er kommen wollte.»
    «Dann wird das wohl der Grund sein. Er ist abgehauen, weil er ihnen nicht begegnen wollte.»
    «Manchmal weiß ich genau, wie ihm zumute ist», sagte Emma. Sie nahm das Geschirrtuch ab und rieb sich damit übers Gesicht. Zuerst glaubte er, sie würde sich nur das Mehl von der Wange reiben, dann sah er, dass da auch Tränen waren. Kummer ist das nicht, dachte er. Wut. Enttäuschung. «Dad ist vorhin vorbeigekommen. Er hat uns Karten gebracht für das Feuerwerk heute Abend bei der Alten Kapelle. Er meint, ich sollte hingehen, es würde mirguttun. Mir helfen, mit Abigails Tod und Jeanies Selbstmord zurechtzukommen. Er hat schon alles arrangiert, sogar irgendeine Tante aus der Kirche aufgetrieben, zum Babysitten, damit du auch mitkommen kannst. Ich habe ihm gesagt, dass du Dienst hast, aber er wusste, wenn du heute Morgen arbeitest, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass du nochmal rausgerufen wirst. Was für eine Anmaßung! Er hat nicht mal gefragt. Er geht einfach davon aus, dass er alles am besten weiß, dass ich bloß ein lustiges Familienfest brauche, und dann ist alles vergessen.»
    Die Luft war ihr ausgegangen, und mit einem Schluchzer atmete sie jetzt ein.
    James’ erste Reaktion war Panik. Seit er in Elvet lebte, war er Keith Mantel aus dem Weg gegangen, er hatte keine große Sache daraus gemacht, sondern sich einfach von den Orten ferngehalten, wo Mantel sich gern sehen ließ. Mehr aus Aberglauben als aus einem Gefühl echter Bedrohung. Nach all der Zeit und all den Vorkehrungen hatte er geglaubt, Mantel könne ihm nichts mehr anhaben.
    «Was genau soll denn da steigen bei Mantel?»
    «Eine Benefizveranstaltung für die
Royal National Lifeboat Institution
. Sie wollen ein neues Schlauchboot für den Fluss anschaffen.»
    «Eine gute Sache.» James goss ihnen Tee ein. Die Tassen waren aus feinem Porzellan, fast wie Milchglas, und man konnte von außen sehen, wie der Pegel der Flüssigkeit in der Tasse anstieg. Das Teeservice hatte er noch vor ihrer Hochzeit auf einer Antiquitätenmesse gekauft. Auch eines der Besitztümer, über die er sich definierte.
    «Du willst da doch wohl nicht hingehen!»
    Darüber dachte er nach. Vielleicht traf das, was Robert über Emma dachte, ja auch auf ihn zu. Er hatte Mantel in seinem Kopf zu einem Monstrum aufgeblasen, zu einemHandlanger der Zerstörung, der die Macht besaß, alles niederzureißen, was er sich hier aufgebaut hatte. Es war wohl an der Zeit, sich dem Albtraum zu stellen und die Geister zu verbannen.
    «Ich würde gern mal einen Abend mit dir verbringen, ohne dass wir uns Sorgen um den Kleinen machen.»
    «Aber ich würde mir Sorgen um ihn machen. Was ist, wenn er aufwacht und gestillt werden muss?»
    «Das wird er nicht. Du kennst ihn doch. So pünktlich wie die Gezeiten.»
    «Aber so eine Veranstaltung

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