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Opferschuld

Opferschuld

Titel: Opferschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Gefängnisdirektor hielt Jeanie für eine Heilige, und die Geistliche war nicht gut mit ihr ausgekommen. Vera wollte begreifen, was die beiden zusammengebracht hatte. Das war sie Jeanie doch schuldig. Ashworth ging, um Nick Linehams Alibi zu überprüfen, aber Vera blieb auf der Straße stehen und dachte über alles nach. Ins Hotel wollte sie noch nicht zurück.
    Der Pub war gerade für den Abend aufgesperrt worden und noch leer. Vera stieß die Tür auf und ging hinein. Sie war Expertin für Pubs, und der hier hätte gut ihre Stammkneipe werden können. Es gab eine Jukebox, aber keine Hintergrundmusik und auch keine von diesen Maschinen, die piepten und blinkten. Die Aschenbecher waren sauber und die Tische abgewischt. Sie hätte gewettet, dass man hier ein gepflegtes Bier bekam, wobei sie da gar keine besonderen Ansprüche stellte.
    Sie saß einen Augenblick allein an der Bar, ehe eine Frau aus dem Hinterzimmer kam und sich entschuldigte, dass Vera hatte warten müssen. Die Frau war Mitte fünfzig, sehr gepflegt, und wenn Vera sie auf der Straße gesehen hätte, hätte sie sie für eine Geschäftsfrau gehalten, die ein ganzes Unternehmen zusammenhielt. Vera bestellte ein Bier. Noch zu früh für Whisky, beschloss sie.
    «Und für Sie, was immer Sie wollen   …»
    Die Wirtin zapfte ein Bier und holte dann eine kleine Flasche Orangensaft hervor, öffnete sie fachmännisch, prüfte ein Glas auf Sauberkeit und goss sich dann ein.
    «Sie müssen Veronica sein», sagte Vera. «Michael Long hat mir von Ihnen erzählt. Wer ich bin, wissen Sie bestimmt. An einem Ort wie diesem spricht sich so was schnell rum.»
    «Sie sind die Kommissarin, die gekommen ist, um herauszufinden, warum eine unschuldige Frau zehn Jahre im Gefängnis gesessen und sich dann umgebracht hat, weil sie keinen Ausweg mehr sah.»
    Die Wut in ihren Worten überraschte Vera. Dies war die erste glasklare Fürsprache für Jeanie, die sie in Elvet gehört hatte. Die Frau gefiel ihr.
    Sie hob das Glas an die Lippen. Mit dem Bier hatte sie recht gehabt. «So ist es», sagte sie. «Es war eine Tragödie.»
    «Es war ein Verbrechen.»
    «Haben Sie der Polizei damals gesagt, dass Sie glauben, sie würden sich irren?»
    «Ich hab’s versucht», sagte Veronica. «Ich habe einen Termin mit dieser anderen Frau ausgemacht. Fletcher.»
    «Und was hat sie gesagt?»
    «Dass ich, wenn ich keinerlei Beweise hätte und Jeanie kein Alibi geben könnte, nur meine Zeit verschwende. Dabei hatten sie doch auch keine Beweise, um sie zu verurteilen. Bevor Barry und ich den Laden hier übernahmen, habe ich als Sekretärin bei einem Anwalt gearbeitet. Ich habe noch nie jemanden so vorgehen sehen wie bei diesem Fall. Und es gab niemanden, der wirklich für Jeanie kämpfte. Michael hat sie ohnehin nicht verstanden, und Peg war schon krank, als die Sache vor Gericht kam.»
    «Sie haben sie alle gekannt? Mantel und Jeanie und das Mädchen?»
    «Mantel und Jeanie, natürlich. Mein Sohn ist mit Abigail zur Schule gegangen, aber er war etwas jünger, also sah ich sie kaum. Einmal kam sie mit ein paar Jungs hier rein,so aufgedonnert, dass ich sie fast nicht erkannt hätte, und wollte bedient werden. Dumm, zu glauben, dass sie damit durchkommt, aber früher oder später versuchen das alle.»
    Vera kam ein Gedanke. «Kannten Sie Christopher Winter? Ging er vielleicht mit Ihrem Sohn zur Schule?»
    «Damals kannte ich ihn nicht. Er war gerade erst ins Dorf gezogen, und obwohl er im gleichen Jahrgang war wie mein Junge, war er doch ganz anders. So gebildet. Später habe ich ihn dann etwas besser kennengelernt.»
    «Nämlich?»
    «Er ist ein paarmal hier gewesen, wenn er von der Universität nach Hause kam. Sah aus, als könnte er jemanden zum Reden brauchen. Wenn wenig los war, habe ich mich mit ihm unterhalten.»
    «War er immer allein?»
    «Aye, immer.»
    «Und worüber haben Sie sich unterhalten?»
    «Über alles Mögliche. Die Dinge, die es ihm gerade so angetan hatten. Nachrichten aus aller Welt. Dorfklatsch. Ich hatte den Eindruck, dass er bloß eine Ausrede brauchte, um ein Weilchen von zu Hause wegzubleiben. Dass er froh war, außer Reichweite seines Vaters zu sein. Ich glaube nicht, dass sie gut miteinander ausgekommen sind.»
    Vera saß einen Moment lang schweigend da und dachte über einen jungen Mann nach, der in den Semesterferien nichts Besseres zu tun hatte, als in einem leeren Pub zu hocken und Small Talk mit einer Frau in mittleren Jahren zu halten.
    «Hat er viel

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