Opferspiel: Thriller (German Edition)
und Sie kriegen von mir, was Sie wollen.«
48
Der Dienst-Mercedes parkte mit eingeschalteter Warnblinkanlage auf der Busspur vor dem Gefängnis. Nachdem sie den Polizisten von Stanleys Eskorte klargemacht hatte, dass ihr Team auf keinen Fall hinter ihnen herfahren würde, damit der Minister schon mal zu seinem Privatjet gebracht werden konnte, stieg Jo hinten ein.
Stanley saß bereits auf der Rückbank und sah die Morgenzeitungen durch, während Gerry vorn auf dem Beifahrersitz den Daumen über die Tastatur seines Blackberry fliegen ließ. Er nickte dem Fahrer zu, der daraufhin ausstieg.
»Wenn Sie mich noch mal so linken, kenne ich keine Loyalität mehr«, sagte Jo, sobald sie die Tür geschlossen hatte. »Sie wissen so gut wie ich, dass das hier kein Territorialkrieg zwischen Banden ist!«
Stanley hatte die Beine übereinandergeschlagen, und die Spitze seines geschmeidigen Lederschuhs zeigte auf Jo. Sie sah ein Stück der Sohle und schloss aus der geringen Abnutzung, dass sie bis heute nur über teure Wollteppiche geglitten war.
Sie lehnte sich vor, rückte ihm auf die Pelle. »Der Mörder, den wir suchen, arbeitet allein, und sein Motiv hat nichts mit Gewinnen aus dem Drogenhandel zu tun. Er verfolgt einen alttestamentarischen Racheplan und weiß genau, was er tut. Das sind keine – ich wiederhole, keine – Bandenmorde.«
Stanley seufzte. »So können wir das nicht angehen. Die Partei steht schon genug unter Beschuss, weil sie der katholischen Kirche im Zusammenhang mit den finanziellen Entschädigungen für die Opfer von sexuellem Missbrauch aus der Klemme geholfen hat. Ich werde nicht zulassen, dass die Bevölkerung durch Gerede von einem religiösen Fanatiker in helle Aufregung versetzt wird – nicht, bis Sie ihn gefasst haben.«
Jo starrte ihn ungläubig an. »Lassen Sie mich raten. Sie sind der Jüngste in einem Haus voller Schwestern, richtig? Warten Sie, nichts sagen … Mutters Liebling, der Vater Alkoholiker – wie mache ich mich bisher?«
Stanley antwortete nicht.
»Mit einer Frau verheiratet, die nur den Mund aufmacht, um Sie zu loben, und darauf besteht, dass sie selbst und nicht die Haushälterin Ihre Socken bügelt?«
Stanley blickte beunruhigt drein.
»Ich liege richtig, wie ich sehe«, sagte Jo. »Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass Ihr letzter Beischlaf mit Ihrer Frau über zehn Jahre zurückliegt. Aber es gibt da eine Blondine irgendwo hinter den Kulissen …«
»Ihr Mann steht kurz vor der Beförderung, nicht wahr?« Stanley sah sie frontal an.
»Exmann.«
»Trotzdem, in Herzensangelegenheiten gibt es nie eine klare Trennlinie, oder?«, sagte er. »Haben Sie Kinder? Meinen Sie, die werden es Ihnen verzeihen, wenn Daddy Ihretwegen in die hinterste Walachei versetzt wird?«
»Wollen Sie mir etwa drohen?« Jo starrte ihn an. »Das ist eine verdammte Drohung! Gerry, ich möchte das für eine Klage vorm Arbeitsgericht festgehalten haben.«
Gerry wand sich unbehaglich auf seinem Sitz.
»Sie glauben doch selbst nicht, dass das jemanden einen Scheißdreck interessiert«, erwiderte Stanley. »Die Leute verlieren überall ihre Jobs, müssen Lohnkürzungen hinnehmen, kriegen ihre Häuser zwangsenteignet. Und da soll jemand einer Beamtin auf Lebenszeit zuhören, die sich beklagt, weil ihr Exmann versetzt wurde?«
Jo streckte die Hand nach dem Türgriff aus.
»Warten Sie.« Stanley hielt sie am Arm fest.
»Sie wollen doch unbedingt Vergewaltigungsopfer vor Gericht schützen, stimmt’s? Gut, ich werde mich für das Nebenklagerecht starkmachen, unter einer Bedingung.«
Gerry verkrampfte sich auf dem Vordersitz. Er wusste, was kommen würde.
»Sie finden den Mörder und halten sich an meine Vorgaben, bis er vor Gericht gestellt wird.«
Jo überlegte kurz. »Ich brauche die NSU -Akte von Anto Crawley. Deshalb bin ich hier. Die Kollegen vom NBCI wollen sie nicht rausrücken. Sie sagen, es geht um Leben oder Tod für die Informanten. Ich sage, die Leute sterben ohnehin.«
»Sie haben sie bis heute Nachmittag. Aber Sie müssen mir jemanden verhaften. Es ist mir egal, ob derjenige zur Tatzeit gerade Blumen in der Kirche arrangiert hat – nehmen Sie ihn fest und lassen Sie die Presse wissen, dass Sie ihn verhören. Damit ist uns beiden gedient.«
Jo setzte zu einem Protest an.
»Ich verlange ja nicht, dass Sie ihn dauerhaft hinter Gitter bringen. Sie können den Verdächtigen bald wieder freilassen und – nichts für ungut. Klappern gehört zum Handwerk, Detective
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