Opfertod
lassen.« Jetzt legte sie wieder ihr Kleinmädchenlächeln auf.
Artifex blickte sich kurz um. Sie hatten den Trubel und das Blitzlichtgewitter rund um den Potsdamer Platz inzwischen hinter sich gelassen und standen nur noch wenige Meter von seinem Wagen entfernt, den er in einer ruhigen Seitenstraße geparkt hatte. »Na schön«, seufzte er, obwohl er innerlich jubelte. »Aber nur damit das klar ist: Das ist meine Story, und wehe, ich lese morgen in Ihrem Käseblatt auch nur eine Zeile über diese Party!«
»Party? Welche Party?«, gab sie kichernd zurück.
Artifex nickte und lief weiter voran. »Kommen Sie, da hinten steht mein Wagen.«
»Ich bin auch mit dem Wagen da, am besten, Sie warten hier, ich fahre Ihnen dann hinterher.«
»Damit Sie am Ende doch noch mit einem Paparazzo aufkreuzen!?« Er schnaubte empört. »Vergessen Sie’s! Entweder fahren Sie mit mir, oder wir blasen die Sache ab.«
»Meinetwegen …«, stöhnte Svenja Stollberg und verdrehte die Augen.
Momente später saß sie auf dem Beifahrersitz seines in die Jahre gekommenen schwarzen Lieferwagens, mit dem Tilla allerlei Trödel transportiert hatte. Inzwischen nutzte Artifex den Wagen für seine ganz eigenen Transportzwecke.
»Wo soll diese Party denn stattfinden?«, fragte Svenja Stollberg neugierig, während er den Wagen aus der Parklücke manövrierte.
»In einem Hotel in der Nähe von Spandau«, antwortete er kurz angebunden, was in gewisser Weise nicht gänzlich gelogen war. Kurz dachte er daran, Gemmy in der Jebensstraße einzusammeln, ihn endlich einmal zusehen zu lassen, während er in seiner Werkstatt ein kleines medizinisches Wunder vollbringen würde. Aber Artifex wusste, dass das nicht möglich war. Zu groß war die Gefahr, dass er den Jungen doch überschätzt hatte. Und wie so oft ließ er den Gedanken wieder fallen. Während der Fahrt schielte er immer wieder zu der Reporterin, die aus dem Fenster sah und mit ihren manikürten Nägeln vor lauter Nervosität auf ihre auf dem Schoß liegende Handtasche tippte.
Nach einer Weile wandte sie ihm den Kopf zu und lächelte. »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen – ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet.« Die Vorfreude stand ihr buchstäblich ins Gesicht geschrieben.
Und mir erst, dachte er, während er den Wagen auf die Hauptstraße lenkte.
»Wenn ich mich irgendwie revanchieren kann …«, meinte sie achselzuckend.
Artifex fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. »Sicher …«
Mit dieser Antwort hatte sie offensichtlich nicht gerechnet. Verunsichert lächelte sie. »Und das wäre?«
Ein seltsames Funkeln trat in Artifex’ Augen, und sein Blick streifte flüchtig ihre Lippen. »Sie haben etwas, was ich will …«
»Was denn? Etwa schon wieder einen Kugelschreiber?« Sie lachte.
Artifex zog Luft durch die Zähne und schüttelte den Kopf. »Nicht ganz …«
»Sondern?«
Mit einem geheimnisvollen Lächeln bog er Richtung Spandau ab und beschleunigte den Wagen. Keine Sorge, das wirst du noch früh genug erfahren.
26
Zu später Stunde in einer Kneipe
in Berlin-Friedrichshain
Lena saß am Tresen und starrte gedankenversunken in ihren Gin Tonic. Zigarettenrauch und der Geruch von verschüttetem Bier durchzog die stickige Luft. Im Hintergrund lief ein alter Metallica-Song, den Lena leise mitsang. » And nothing else matters …« Von rechts näherte sich ein Mann, der in seinen engen Shorts und seinem Karohemd wie ein Tourist aussah und auf sie zutorkelte. »So eine schöne Frau wie Sie sollte hier nicht allein rumsitzen«, lallte er, und eine unangenehme Schnapsfahne schlug Lena entgegen.
Sie rang sich ein Lächeln ab. »Danke, aber ich komme schon klar«, antwortete sie nüchtern in der Hoffnung, er würde wieder abzischen. Doch entweder war er zu betrunken, um die Abfuhr zu verstehen, oder er schien sie nicht verstehen zu wollen, denn er lehnte sich dicht neben Lena an den Tresen und grinste sie schief an.
Lena verdrehte die Augen. O Mann, so einer hat mir am Ende dieses beschissenen Tages gerade noch gefehlt … Sie nahm ihren Gin Tonic vom Tresen und kehrte dem Mann den Rücken zu. So leicht ließ sich dieser aber nicht abschütteln, und in der nächsten Sekunde spürte Lena seine Hand auf ihrer Schulter.
»Wenigstens ein Drink, hm?«, säuselte er.
Lena wich zurück. »Nehmen Sie Ihre Finger von mir!« Doch der Betrunkene dachte gar nicht daran. Lena hatte nicht wenig Lust, ihm einen Tritt in die Weichteile zu verpassen – sie war
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