Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
Vom Netzwerk:
schon mit ganz anderen Typen fertig geworden –, da gab ein paar Stühle weiter ein rundlicher Mann von vielleicht sechzig Jahren seinen Platz an der Theke auf und kam zu ihnen herüber. Er zog den Betrunkenen am Arm zurück. »Es ist genug …«
    »Hey, Mann, was soll das?«, pöbelte der Betrunkene und riss sich los. »Halten Sie sich da raus!«
    Unverhofft zog der Dicke eine Brieftasche aus seiner abgewetzten Freizeitjacke und hielt sie ihm aufgeklappt vor die Nase. »Siehst du den Ausweis hier?«
    »Au, Scheiße …«, ächzte der Mann kleinlaut und gab sich geschlagen.
    »Ganz genau – also sieh zu, dass du Land gewinnst! Und sollte ich dich noch einmal dabei erwischen, wie du eine Frau belästigst, setzen wir unsere kleine Unterredung auf dem Revier fort, verstanden?«
    »Schon gut …« Mürrisch torkelte er davon.
    »Danke«, sagte Lena und lächelte dem Dicken zu.
    »Ja, ja, nicht der Rede wert«, brummte dieser, fuhr sich über das stoppelige Kinn und wandte sich wieder seinem doppelten Wodka auf Eis am Tresen zu. »Noch einen«, rief er dem mit Piercings behangenen Barkeeper mit erhobenem Glas zu.
    »Der geht auf mich«, meinte Lena.
    »Nein, nein, lassen Sie mal, hätte jeder andere auch getan.«
    Sie blickte in sein von Narben übersätes Gesicht. »Hat aber keiner.«
    Der Dicke schenkte ihr ein kleines Lächeln.
    »Sie sind wohl von der hartnäckigen Sorte, was?«
    Der Barkeeper gab ihm einen neuen doppelten Wodka auf Eis. Lena stellte er einen neuen Gin Tonic hin. »Geht aufs Haus«, nuschelte er, ohne ihr in die Augen zu sehen, und spülte weiter Gläser.
    Lächelnd prostete Lena dem Dicken neben ihr zu.
    »Na, was soll’s«, sagte er und stieß mit ihr an. »Die Nummer mit dem Polizeiausweis war gar nicht so übel«, bemerkte Lena. »Wie lange waren Sie bei der Polizei?«
    Er sah von seinem Drink auf. »Was heißt hier waren ?«
    »Ihr Ausweis«, sie grinste, »der ist Ende letzten Jahres abgelaufen.«
    Seine Augen weiteten sich vor Verblüffung. »Sie sind wirklich gut, das hat vor Ihnen noch keiner bemerkt.«
    Lena nahm einen kräftigen Schluck von ihrem Gin Tonic. »Ich bin …« – sie korrigierte sich – »… ich war auch bei der Polizei … in gewisser Hinsicht … bis eben zumindest.«
    »Ach, wirklich?« Jetzt schien sie sein Interesse geweckt zu haben. »Wollen Sie drüber reden?«
    Lena schüttelte nur den Kopf.
    »Und wie geht’s jetzt weiter?«, fragte er.
    Sie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich bin immer wieder drauf und dran, meinen Doktor in Kriminologie zu machen, doch dann kam ein Fall nach dem anderen dazwischen, und mir fehlte schlichtweg die Zeit.« Sie rieb sich die Stirn. »Diese Stadt hier hat mir kein Glück gebracht – vielleicht nutze ich die Auszeit, um zurück in meine Heimat zu gehen und mich dort in aller Ruhe meiner Dissertation zu widmen.«
    Der Dicke lachte keuchend auf. »Dort scheinen Sie aber auch nicht besonders glücklich gewesen zu sein, sonst hätte es Sie kaum nach Berlin verschlagen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Alle verlorenen Seelen zieht es früher oder später nach Berlin.«
    »Wenn Sie das sagen …«, murmelte Lena und hob ihr Glas. »Auf Berlin«, sagte sie und stieß mit dem Dicken an.

27
    » Hier soll es sein?« Sichtlich irritiert ließ Svenja Stollberg ihren Blick durch das Foyer des Beverly Inn schweifen. Vor dem Empfangstresen standen eine billige Stehlampe und ein blaues Kunstledersofa auf einem orangefarbenen Filzteppich. Sie machte keinen Hehl daraus, deutlich mehr erwartet zu haben als dieses untere Mittelklassehotel, in dem es bei weitem nicht so prätentiös war wie im Hotel de Rome, im Adlon oder dort, wo Stars wie Maloney eben sonst so abstiegen. Artifex blieb kurz stehen und nahm die junge Reporterin zur Seite. »Jetzt hör mal gut zu, Mädchen – mag sein, dass du neu im Geschäft bist, aber ich habe es dir doch schon erklärt: Je gehobener das Hotel, desto höher das Risiko, dass Paparazzi davor lauern«, raunte er ihr zu und zwang sich, nicht ständig auf ihre Lippen zu starren. »Hollywood-Stars reservieren immer in mehreren Häusern gleichzeitig, nur für den Fall, dass sich jemand vom Personal hat schmieren lassen. Zudem war nie die Rede davon, dass Maloney hier übernachtet. Glaub mir, der lässt’s hier bloß ein bisschen krachen.« Er lachte auf. »Und um ein Hotelzimmer in ein Trümmerfeld zu verwandeln, reicht dieser Schuppen allemal aus.« Artifex grinste ihr zu. »Rock ’n’ Roll, Baby, verstehst

Weitere Kostenlose Bücher