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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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»Wie man’s nimmt … Ich habe mal einen Kurs mitgemacht, aber das ist Ewigkeiten her. Weshalb fragen Sie?«
    Nach einem flüchtigen Blick über die Schultern griff Belling in seine Jacketttasche und holte etwas hervor, das in einen Lappen eingeschlagen war. Er schob es zu ihr über den Tisch.
    Lena begriff sofort, um was es sich handelte.
    »Nehmen Sie sie«, flüsterte er ihr zu.
    Doch Lena war alles andere als begeistert. »Hören Sie, ich kann auch ohne dieses Ding sehr gut auf mich aufpassen«, sprach sie mit gesenkter Stimme.
    Belling blieb stur. »Nun nehmen Sie sie schon, nur für alle Fälle. Dieser Kerl ist gefährlich. Er hat bereits Ihre Nummer – was, wenn er demnächst vor Ihrer Tür steht?«
    Lena spürte, wie sich bei dem Gedanken daran ihr Magen verkrampfte. »Ich weiß nicht. Wer zur Waffe greift, kommt durch die Waffe um – das stand so schon in der Bibel.«
    »Aber Jesus hat keine geisteskranken Serienmörder gejagt! Sie sollen die Pistole ja nicht gleich nach Schottland einführen. Aber tun Sie mir den Gefallen und legen Sie sich das verdammte Ding wenigstens unters Kopfkissen oder was weiß ich.«
    Doch Lena zögerte. Sie warf einen nervösen Blick zum Tresen, hinter dem die Kellnerin die Rechnung fertigmachte. Als sie sah, dass die junge Frau in ihre Richtung kam, schob sie rasch ihren Stuhl zurück und ließ die Waffe kurzerhand in ihrer Handtasche verschwinden. Wulf Belling wirkte sichtlich erleichtert. Die Kellnerin legte die Rechnung auf den Tisch, und Lena wollte gerade ihr Portemonnaie zücken, da kam Belling ihr zuvor. »Lassen Sie mal, das geht auf mich.«
    »Kommt gar nicht in Frage.«
    Doch Belling bestand darauf. Lena lächelte und steckte ihr Portemonnaie wieder ein. »Danke.«
    »Dann werde ich in der Zwischenzeit weiter an Roggendorf dranbleiben«, schlug Belling vor, als die Kellnerin außer Hörweite war.
    Lena nickte. »Ach, und könnten Sie sich auch nochmals bei den Arbeitskollegen von Suzanna Wirt umhören? Vielleicht wissen die ja doch noch etwas.«
    »Mach ich.« Bellings Kopf fuhr hoch. »Und Lena …«
    »Ja?«
    Er blickte sie aus schmalen Augen an. »Passen Sie gut auf sich auf.«
    Sie lächelte. Dann verließ sie das Café.

47
Zur selben Zeit in Berlin-Schöneberg
    Gemmy lag auf der alten Matratze im Hinterzimmer des Trödelladens und starrte gebannt auf den Monitor, während seine Finger wie irre auf dem Playstation-Controler herumdrückten. Nachdem er sich einer Armada von Zombies zum dritten Mal in Folge knapp geschlagen geben musste, verlor Gemmy das Interesse. Töten machte hungrig. Und sei es auch nur in seiner virtuellen Ego-Shooter-Welt. Gemmy legte den Controler beiseite, raffte sich mühsam auf und schlenderte auf der Suche nach etwas Essbarem zu der mickrigen Küchenzeile hinüber. Im Regal standen lediglich leere Keksdosen. Der Schrank über der Spüle hatte ebenso wenig zu bieten. Gemmy warf einen Blick in den Kühlschrank. Doch darin lag nicht mehr als eine halbe Pizza, auf der sich bereits eine Schicht grünblauen Schimmels gebildet hatte. Im Eisfach darüber hatte er mehr Glück. Eine tiefgefrorene Lasagne und eine Packung Eiscreme. Gemmy leckte sich die Lippen, als er im nächsten Augenblick noch etwas anderes entdeckte. Etwas, was in einen Gefrierbeutel eingepackt war. Gemmy nahm den Beutel heraus und hielt ihn mit einer Hand in die Höhe. »O Mann, ist das widerlich!« Als er begriff, dass es sich bei dem knorpeligen Etwas im Beutel um eine menschliche Nase handelte, war ihm jeglicher Appetit vergangen. »Heilige Scheiße!« Angewidert ließ er den Arm mit dem Beutel sinken. »Scheiße, Mann – und ich dachte, dieser Loser redet nur und sei bloß ’n bisschen durchgeknallt«, entfuhr es Gemmy gleichermaßen schockiert wie fasziniert, als er hörte, dass jemand zur Ladentür hereinkam. Erschrocken drehte er sich um und räumte in Windeseile alles zurück ins Gefrierfach. Dann eilte er ins Hinterzimmer, um den Fernseher und die Playstation auszuschalten, und versteckte sich rasch in dem klapprigen Kleiderschrank. Nach dem grausigen Fund im Eisfach hielt er es für klüger, Artifex nicht wissen zu lassen, dass er sich längst einen Zweitschlüssel besorgt hatte, um in seiner Abwesenheit im Trödelladen herumzulungern. Gemmy hielt die Luft an, als er durch die Lamellen der Schranktür sah, dass Artifex das Hinterzimmer betrat. In den Händen hielt er je einen Behälter mit Chemikalien, die er zusammen mit einer Kordel, Klarsichtfolie, mehreren

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