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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. »Ich habe doch gesagt, ich will dieses verfluchte Zeug nicht in meinem Haus haben!«
    »Alter Spießer …«, frotzelte Tamara, die es sich mit einer Pizza auf dem Sofa bequem gemacht hatte. In diesem Moment begann der kleine Marcel auf der Decke neben ihr auf der Couch zu weinen.
    Schnaubend nahm Belling der jungen Frau den Joint aus der Hand und versenkte ihn in ihrer Dose Cola.
    »Ey, Mann, das Zeug war schweineteuer …« Tamara nahm ihre gekreuzten Beine vom Couchtisch und schob den heruntergerutschten Träger des Negligés, das sie aus Helenas Kleiderschrank entwendet hatte, wieder hoch.
    Belling warf einen mitfühlenden Blick auf das Baby. »Haben Sie eigentlich eine Ahnung, welchen Schaden Sie mit der Scheißkifferei bei dem Kind anrichten?« Mit einer wedelnden Handbewegung ging er zum Fenster, um frische Luft in den Raum zu lassen. »Sie sind wahrhaftig noch viel schlimmer als meine Tochter – nur dass Marietta in einem schwierigen Alter ist, während bei Ihnen Hopfen und Malz verloren ist!«, fuhr er sie an. »Schlimm genug, dass Ihr eigenes Leben vor die Hunde geht – aber reißen Sie sich verdammt noch mal zusammen und versauen Sie nicht noch das Ihres Sohnes!« Schnaufend sammelte er die herumliegenden Chipstüten ein. »Mein Gott, Sie sind wirklich zu nichts zu gebrauchen …!« Noch im selben Moment, in dem er die Worte aussprach, tat es ihm leid. Doch zu spät. Tamara fing schlagartig an zu heulen. Sie nahm das Baby und erhob sich schluchzend, während ihre Tränen auf das kleine Kindergesicht tropften. Belling blickte sie mit zusammengepressten Lippen an. »Tut mir leid, ich hab’s nicht so gemeint.«
    »Schon gut, Marcel und ich werden Ihnen nicht weiter zur Last fallen …« Sie nahm die Babydecke vom Sofa und ging mit dem Kind im Arm zur Tür.
    »Nein – jetzt warten Sie doch mal.« Hilflos riss er die Arme hoch und ließ sie wieder fallen, während er mit schlechtem Gewissen auf Tamara zuging. Er zog ihren Kopf an seine Schulter und nahm sie mit dem Baby tröstend in den Arm, als die Tür zum Wohnzimmer aufgestoßen wurde und Marietta hereinplatzte, nachdem sie sich den ganzen Tag nicht hatte blicken lassen.
    »Was ist denn hier los?!«, fragte sie entsetzt, und ihre schwarz bemalten Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen. Abrupt ließ Wulf Belling Tamara los, doch ehe er etwas erwidern konnte, war Marietta schon im Flur verschwunden. Belling eilte seiner Tochter hinterher. »Marietta! Jetzt bleib doch stehen – es ist nicht so, wie du denkst!«
    Marietta nahm rasch ihren Rucksack von der Garderobe und schüttelte wütend den Kopf. »Ach ja? Und was macht diese Frau dann hier in Mamas Sachen in unserem Haus?«
    »Das … das kann ich dir jetzt nicht erklären.«
    »Was soll das werden? Eine Revanche für diesen Chirurgen, den Mama neulich angeschleppt hat?« Sie schnaubte verächtlich. »Hättest du dir nicht wenigstens eine Frau suchen können, die auch nur annähernd in deinem Alter ist?«
    Belling schnappte nach Luft. »Jetta, ich bitte dich – das geht jetzt wirklich zu weit!«
    »Wie oft denn noch – nenn mich nicht Jetta!«, blaffte sie zurück und war schon fast aus der Haustür, als sie rief: »Was ist, lässt die sich von dir aushalten, hä? Haben wir deswegen keine Kohle mehr?! Und was ist mit dem Kind? Würde mich nicht wundern, wenn das auch von dir ist!«
    »So redest du nicht mit deinem Vater!«
    »Ich hasse dich! Mama hatte ganz recht, dich zu verlassen!«, schrie Marietta und rannte in die Nacht hinaus.
    Wulf Belling spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. »Verdammt, Jetta! Wo willst du denn so spät noch hin!«, rief er in den Vorgarten hinaus.
    »Das geht dich gar nichts an!«, brüllte sie und lief zur Straße.
    »O doch, junge Dame! Solange du unter meinem Dach wohnst und noch nicht volljährig bist, tut es das sehr wohl!« Doch seine Worte sollten sie nicht mehr erreichen. Belling raufte sich die Haare und eilte ihr keuchend hinterher. Das darf doch nicht wahr sein! Er wollte seinen Augen nicht trauen, als er Zeuge wurde, wie Marietta an der nächsten Straßenecke in einem schwarzen Mercedes verschwand. Außer sich vor Sorge, hetzte er zurück zu seinem Wagen und fuhr dem Mercedes hinterher.

59
Noch in derselben Nacht
    Es hatte sich deutlich abgekühlt, und Lena schloss ihren Trenchcoat, als sie fröstelnd über das Kopfsteinpflaster lief, vorbei an den historischen Gebäuden der mittelalterlichen Altstadt.

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