Opferzahl: Kriminalroman
und Johanna?«
»Von Johanna haben Sie vorhin nichts gesagt«, sagte Erika Granlund.
»Es sind relevante Informationen hinzugekommen.«
»Aber meine Antwort ist genau die Gleiche. Ich kenne sie nicht.«
»Wie kommt es dann, dass wir den Beweis haben, dass Sie sich auf derselben Mailing-Liste befanden wie sie? Eine Mailing-Liste namens >Männerhass«
Erika Granlund blinzelte einige Male zu oft.
»Sie müssen verstehen, dass es Konsequenzen hat, wenn man die Polizei belügt«, sagte Viggo Norlander. »Ich will alles hören, was Sie über Johanna Larsson und Molly wissen, deren Nachnamen wir nicht kennen. Alicia und Gabriella sind tot, für die können wir also nicht mehr viel tun. Aber Johanna und Molly können wir retten.«
Erika Granlund schwieg, war aber sichtlich betroffen.
»Vor allem interessiert mich Mollys Onkel«, fuhr Norlander fort. »Er ist Arzt und wohnt irgendwo bei der St. Eriksbro. Nun machen Sie schon, das hier ist wichtig.«
Erika war noch eine Weile still. Dann machte sie eine wegwerfende Handbewegung und sagte:
»Ja, und wenn schon? Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war es nicht illegal, auf einer Mailing-Liste zu stehen.«
»Männerhass?«
»Das ist Ironie. Ich verstehe, das ist vielleicht nicht Ihre stärkste Seite.«
Norlander nickte und war durchaus einer Meinung mit ihr. Nein, Ironie war nicht seine starke Seite. Aber auch nicht seine schwache. Er sagte:
»Erzählen Sie von der Liste.«
Äußerst widerwillig sprach Erika Granlund weiter: »Ich habe mitgemacht, weil ich Molly kannte, das war alles.«
»Da gab es die Liste also schon?«
»Der Ausgangspunkt waren Veronica Janesens coole Kolumnen. Es gab einen Kern, der seit dem Start vor einem Jahr dabei war. Alicia und Molly gingen mit mir zusammen zur Södertörn Hochschule, obwohl Alicia Literatur und Molly und ich Soziologie studierten. Dann waren noch ein paar Mädchen dabei, Johanna, ja, sie war diejenige, die sich um die Liste kümmerte, und eine, die wohl Gabbi hieß. Außerdem tauchten noch ein paar andere auf, Villan, Steffan und noch ein paar. Aber getroffen habe ich nur Molly und Alicia.«
»Sie und Molly waren also Klassenkameradinnen?«
»So sagt man nicht auf Hochschulniveau.«
»Kommilitoninnen, whatever«, sagte Norlander. »Wie heißt Molly?«
»Molly Wiklinder.«
»Danke. Und wo wohnt sie?«
»In Haninge. Das ist ziemlich weit draußen. Sie versuchte, mehr in die Stadt zu ziehen. Aber sie hat einen Verwandten, der eine große Wohnung in der Stadt hat. Wenn wir in der Stadt übernachten mussten, nach einem Fest oder so, dann schliefen wir dort.«
»Bei dem Verwandten? Und das war Mollys Onkel, der Arzt?«
»Weiß nicht, ich glaube, ja.«
»Und wo ist diese Wohnung?«
»Unten in dieser komischen Gegend, zu der man über eine Treppe durch die Häuser kommt. Wie heißt sie noch? Atlasmuren? Atlasgata. Ich erinnere mich nicht an die Hausnummer, aber an der Tür stand Landqvist. Ganz oben im Haus. Eine Wohnung über zwei Etagen, wir hatten den ganzen oberen Teil für uns.«
»Danke«, sagte Viggo Norlander und schrieb in sein kleines Notizbuch. »Was wissen Sie über diese Aktion in der Nacht zu Freitag?«
»Molly und Alicia haben darüber nie gesprochen, ich habe sie in dieser Zeit nicht getroffen. Ich weiß nur das, was ich in der E-Mail gelesen habe. Da stand etwas in der Art, dass es nicht nur um ein paar Steinwürfe auf Pornoläden gehen sollte. Dann hörte ich, dass Alicia tot ist, und von Molly habe ich gar nichts mehr gehört.«
»Aber als Sie begriffen, dass Molly an der Aktion teilgenommen hatte, haben Sie doch sicher versucht, sie zu sprechen.«
Erika Granlund schüttelte den Kopf. »Das habe ich natürlich. Aber auf ihrem Handy habe ich sie nicht erreicht.«
»Den Onkel haben Sie nicht angerufen?«
»So weit habe ich nicht gedacht.«
Eine ganze Weile später überlegte Viggo Norlander, ob er das Verhör zielbewusst in diese Richtung getrieben hatte, denn jetzt endlich begann Erika Granlunds kühle Fassade zu bröckeln. Nicht sehr zwar, aber genug. Ihr Kopf fiel nach vorn, das Kinn berührte die Brust.
»Ich habe geglaubt, sie sei eine von den Toten.«
»Wäre es nicht besser gewesen, etwas zu sagen? Zum Beispiel der Polizei?«
»Man kann nicht gerade behaupten, dass wir Vertrauen haben zur Polizei. Das ist eine widerwärtige frauenverachtende Organisation.«
»Da ist was dran«, sagte Norlander und stand auf.
Erika starrte ihn leer an
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