Opferzahl: Kriminalroman
fieberhaft weiter und wurde fündig.
»Manche E-Mail-Adressen enthalten tatsächlich den Nachnamen. Zum Beispiel >alicia_ljung< und >johanna_x_ larsson<.«
»Johanna Larsson?«, sagte Nyberg. »Wieso x?«
»Es ist eine Hotmail-Adresse«, sagte Janesen. »Es wird so sein, dass johanna_larsson bereits vergeben war und sie ein x hineingesetzt hat, um die Adresse zu bekommen.«
»Und Gabriella und Molly?«
»Das sind Decknamen: gabbypabby und mollan45.«
»Ich fürchte, ich brauche die ganze Mailing-Liste«, sagte Gunnar Nyberg. »Können Sie sie ausdrucken?«
»Ja«, sagte Veronica Janesen und legte den Kopf ein wenig schief. »Wenn Sie darauf bestehen.«
»Ich bestehe darauf. Ist außer diesen Vieren noch jemand auf der Liste, der besonders aktiv ist?«
»Die meisten scheinen eher passiv zu sein. Aber ein paar sind da noch.«
»Können Sie versuchen, sie zu finden?«
Dies geschah. Veronica Janesen arbeitete mit imponierender Geschwindigkeit ihr Postfach durch und sagte:
»Ich habe hier eine statistische Verteilung. Johanna hat die meisten geschickt, dann Molly, Gabriella, Alicia ungefähr gleich viele. Dann kommt noch eine Gruppe: Lissan, Erika, Villan, Steffan.«
»Die richtigen Namen?«
»Vilhelmina Jonbratt, offenbar. Kann nicht schwer zu finden sein. >Villan<. Dann Erika, die Erika Granlund heißt. Lissan scheint eine Lisa Strömsten zu sein.«
»Danke«, sagte Gunnar Nyberg. »Drucken Sie es aus?«
Veronica Janesen druckte die Liste aus. Er bedankte sich und gab ihr seine Karte mit der Bitte, ihn sofort anzurufen, wenn ihr noch etwas einfiele.
Auf dem Weg nach draußen hielt sie ihn zurück: »Nur wegen des Gleichgewichts. Es gibt auch allerhand weibliche Sexkunden. Mehr als man denkt. Ich würde es eine Dunkelziffer nennen.«
»Danke«, sagte Gunnar Nyberg.
Die Augustsonne strahlte großzügig, als er auf den Parkplatz des Zeitungshauses trat. Er blinzelte in die Sonne und dachte daran, dass sie bald für ein halbes Jahr in den Winterschlaf gehen würde. Er seufzte tief und wählte eine Nummer auf dem Handy. Als Arto Söderstedt nicht antwortete, rief er, wenn auch ein wenig widerwillig, Viggo Norlander an.
»Viggo, sagen dir folgende Namen etwas? Vilhelmina Jonbratt, Erika Granlund, Lisa Strömsten.«
»Der Mittlere«, sagte Norlander, unerwartet kurz angebunden.
Nyberg hatte das Gefühl, dass der Kollege irgendwie in einer brenzligen Situation steckte. Nach kürzerer Bedenkzeit sagte er:
»Kann es sein, dass du gerade bei Erika Granlund bist?«
»Flemingsberg, ja«, sagte Viggo Norlander, mindestens ebenso kurz angebunden. »Was sagt sie?«
»Es ist vielleicht nicht die ideale Situation, um das zu diskutieren.«
»Falls sie behauptet«, sagte Nyberg nachdrücklich, »dass sie die Mädchen aus der U-Bahn nicht kennt, kann ich dir mitteilen, dass es gelogen ist. Sie hat an einem Netzwerk mit einer Mailing-Liste teilgenommen, das sich >Männerhass< nannte und bei dem auch Alicia Ljung, Gabriella X und Molly Y Mitglieder waren. Plus derjenigen, die die Verantwortliche gewesen zu sein scheint, bei euch lief sie unter der Bezeichnung Pfefferminza beziehungsweise Trauerflor. Sie heißt eigentlich Johanna Larsson.«
»Kannst du das wiederholen?«
»Was?«, stöhnte Nyberg. »Den ganzen Kram?«
»Nur das Letzte.«
»Johanna Larsson.«
»Danke«, sagte Viggo Norlander, drückte seinen Kollegen weg und wandte sich der Frau vor ihm zu.
Sie saßen an einem Küchentisch in einer Wohnung in einem Millionenkomplex, nicht weit vom Zentrum Flemingsberg entfernt. Auf der anderen Seite des Küchentisches, und zwei tüchtige Dampfwolken von frisch gebrautem Kamillentee entfernt, saß ein Mädchen in den Zwanzigern. Sie trug alternative Kleidung, die deutlich an diejenige erinnerte, die Viggo Norlanders Generationsgenossen in den Siebzigerjahren getragen hatten. Er selbst war bestenfalls in die Nähe solcher Kleidungsstücke geraten, als er als uniformierter und mindestens ebenso bissiger Polizeiassistent diverse Demonstrationen auseinandergetrieben hatte.
Er nahm einen Schluck Kamillentee, verbrannte sich kräftig die Zunge und sagte:
»Ich glaube, ich darf diese Frage noch einmal stellen, Erika.«
»Warum?«, fragte Erika Granlund schnippisch. »Ich habe sie doch beantwortet.«
»Gewiss«, sagte Viggo Norlander, »aber ich glaube, Ihre Antwort stimmt nicht ganz mit der Wahrheit überein. Sie kennen also keine vier Mädchen mit Namen Molly, Alicia, Gabriella
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