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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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und fragte:

    »Aber wer hat sie in die Luft gesprengt?«

    »Das möchten wir auch gern wissen«, entgegnete Norlander.

    Als er auf die Straße trat, schien es fast so, als sei die Dämmerung über Flemingsberg hereingebrochen. Er fühlte sich seltsam wehmütig.

    Er holte sein Handy hervor und drückte auf den Rückrufknopf.

    »Ja, Gunnar«, kam die Antwort.

    »Ich glaube, ich habe den Arztonkel gefunden«, sagte Norlander.

    »Super«, sagte Nyberg. »In der Nähe der St.Eriksbro?«

    »Ja. Ein Herr Landqvist in der Atlasgata. Die genaue Adresse müssen wir noch herausfinden. Sehen wir uns dort?«

    »Was ist mit Arto?«

    »Er scheint sich irgendwo in Järfälla verlaufen zu haben. Diese Sache erledigen wir selbst.«

     

    *

     

    Der Mann, der Ata genannt wurde, war mit seiner Ausbeute in diesem eigentümlichen Land nicht ganz zufrieden.

    Er hatte nicht alle vier erwischt. Er hatte versagt. Sicherlich gab es mildernde Umstände - den Wichtigsten hatte er erwischt -, aber dennoch hatte er versagt.

    Er, der sonst nie Fehler machte.

    Doch das war jetzt Geschichte. Er fuhr seinen roten VW Golf in das große Parkhaus und wählte einen möglichst unauffälligen Parkplatz.

    Als er ausstieg und die Tasche über die Schulter warf, blickte er sich um. Der Wagen stand gut verdeckt zwischen zwei etwas größeren Autos. Es dürfte einige Zeit dauern, bis er entdeckt würde.

    Dann ging er zum Ausgang, der gleichzeitig ein Eingang war. Ausgang aus dem Parkhaus und Eingang zum Flughafengebäude.

    Als er den Gang zum Flughafenterminal entlangwanderte, holte er eine kleine rosa Pille heraus und wog sie in der Hand.

    Es war tatsächlich denkbar, dass er im Begriff war, abhängig zu werden.

    Als ob das noch wichtig wäre, dachte er, und stellte sich auf die Rolltreppe.

    Als ob das noch im Geringsten wichtig wäre.

    Seine Zeit auf dieser Erde war sowieso bald abgelaufen.

    Er stellte sich in die Schlange vor dem Check-in-Schalter, zeigte brav einen seiner vielen Pässe und versicherte brav, dass er kein Gepäckstück einzuchecken habe. Erst, als er in der langen, gewundenen Schlange vor der Sicherheitskontrolle stand, steckte er die rosa Pille in den Mund.

    Im gleichen Moment, in dem er - ohne, dass das leiseste Piepen erklang - durch den Metalldetektor schritt, stellte sich der Rausch ein. Mit einem sehr feinen Lächeln auf den Lippen nahm er seine Tasche vom Rollband des Handgepäck-Scanners und warf sie sich wieder über die Schulter.

    Als er vom Menschengewimmel im Inneren des Terminals verschluckt wurde, verspürte er ein unwiderstehliches Bedürfnis, zu töten.

     

    *

     

    Erst, als er in die erste Etage kam und durch das Fenster des Treppenhauses auf die kleinen roten Häuschen und die große Kirche auf dem Hügel blickte, setzten sich seine Pläne in ihm fest.

    Vorher waren sie ihm nur aufgegangen. Festsetzen ist etwas ganz anderes. Erst jetzt, mit der wunderschönen Aussicht vor Augen, setzte sich alles fest. Er konnte sich kaum bewegen. Er blieb am Fenster stehen und lehnte sich, seinen ganzen Körper an die mit einer Yuccapalme dekorierte Fensterbank und versuchte, sich aufrechtzuhalten. Seine Gedanken auf Kurs zu halten. Oder besser, sie klar zu erkennen in dem Chaos, das nun in seinem Inneren herrschte.

    Bisher war alles recht gut gegangen.

    Aber jetzt geschah etwas.

    Schnee fiel. Er fiel rasch. Eine dicke, gleichsam gefrorene Schneedecke legte sich auf die Hausdächer, und die Hausdächer waren andere. Sie waren hoch, sehr hoch, und das Fenster, an dem er stand, war ein völlig anderes. Keine Yuccapalme, keine kleinen roten Häuser, kein Hügel, keine Kirche. Karge Hochhäuser, eines neben dem anderen. Und er wandte sich von der Winterlandschaft ab, wandte sich von sich selbst ab und wurde ein anderer. Ein Gedanke blieb. Er hieß:

    Warum haben wir in Schweden keinen Frühling mehr?

    Es war April, und es war immer noch Winter wie seit sechs Monaten.

    Und in dem Augenblick drehst du dich um. An dem überhäuften Schreibtisch in dem strengen, kargen, sehr sterilen Büro steht ein Mann. Er ist groß, und dass er über sechzig ist, weißt du nur, weil du es gelesen hast. Instinktiv hättest du auf siebenundvierzig getippt. Er hat etwas Militärisches an sich, und die gerade Linie der Nase hat etwas sehr Besonderes.

     

    Er ist straff, streng, und erst jetzt legt er den Telefonhörer auf und streckt die Hand aus. Er entschuldigt sich, ihr begrüßt euch, du stellst dich vor. Der Mann tut das

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