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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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ihm auf. Und dann hielt sie ihm ihren Arm hin, und gleich oberhalb des Handgelenks befand sich eine Beule und eine kleine, verheilte Wunde, wie ein Wespenstich, und sie hielt ihm den Arm mit der Beule näher vor das Gesicht.

    Dann öffnete das kleine Mädchen mit dem kreideweißen Haar den Mund und sagte:

    »Hilf mir, Papa.«

    Und dann wurde die Tür richtig geöffnet. Eine junge Frau sah ihn mit scharfem Blick an.

    Die gerade Linie ihrer Nase hatte etwas sehr Besonderes.

     

    Sie trafen sich bei Atlasmuren. Tatsächlich kamen sie fast gleichzeitig an.

    Atlasmuren ist vermutlich der verkommenste Ort in der Stockholmer Innenstadt, in jeder Hinsicht. Die Verkommenheit ist von einer Art, dass sie absoluten Kultstatus besitzt. Atlasmuren liegt an das Auflager der St. Eriks-Brücke geklemmt da und ist ebenso unheimlich wie verkommen. Es war stockdunkel dort drinnen, obwohl die Sonne noch ziemlich hoch am Himmel stand. Im Inneren des Schachtes ist der Beton mit Werken von Straßenkünstlern wie Akay, Hop Louie und Brat Punisher tapeziert. An dem vorderen Brückenpfeiler hängt ein dreidimensionales Werk, das Hände an einem Plattenspieler darstellt. Der Schacht gilt als unterirdische Galerie für Schüler der Kunsthochschule.

    Gunnar Nyberg sah sich um und hielt intuitiv nach Junkies Ausschau. Stattdessen sah er Viggo Norlander wie ein Gespenst mit dunklen Schatten unter den Augen im Schacht umherirren.

    »Ist das hier ein guter Treffpunkt?«, fragte Nyberg.

    Norlander zeigte zur Brücke hinauf, zu der U-Bahn-Brücke, die als separate Brücke unterhalb der eigentlichen Brücke verlief.

    »Da ist sie langgegangen«, sagte er nur.

    Nyberg ging zu ihm und sagte:

    »Du siehst in der letzten Zeit ein bisschen krank aus, Viggo.«

    Norlander warf ihm einen Blick zu, den man scheu nennen konnte, und sagte:

    »Es ist mitten in der Nacht. Die U-Bahn ist soeben gesprengt worden. Sie hat mit einer kleinen Harke in der Hand die Verrückte gespielt, um die Leute nicht in den Wagen zu lassen. Der Wagen explodiert. Sie blutet, das Blut rinnt auf die Harke in ihrer Hand. Da erst fällt ihr wieder ein, dass sie das Ding in der Hand hat. Sie benutzt die Harke, um die Türen aufzustemmen. Sie springt auf die Gleise und hinkt über den unteren Teil der St.Eriksbro. Sie weiß, dass sie schwer verletzt ist. Aber sie erreicht die U-Bahn-Station St. Eriksplan, hangelt sich, soweit wir wissen ungesehen, auf den Bahnsteig und humpelt die Treppen nach Atlasmuren hinunter. Schließlich steht sie vor dem Haus ihres Onkels Johannes Landqvist in der Atlasgata. Sie geht durchs Tor und setzt sich in den Fahrstuhl. Onkel Johannes öffnet die Tür und hat seine blutüberströmte Nichte vor sich. Molly Wiklinders letzte Worte, bevor sie das Bewusstsein verliert, sind: >Kein Krankenhaus, keine Polizei, Onkel Johannes.<«

    Gunnar Nyberg sah seinen Kollegen an.

    »Ungeahntes Erzählertalent«, sagte er.

    »Ich habe Krebs«, sagte Viggo Norlander.

    Und so geschah es, dass man zwei sehr groß gewachsene Polizisten beobachten konnte, wie sie sich am Montag, dem achtzehnten August, um 17.22 Uhr auf dem verkommensten Platz der Stockholmer Innenstadt umarmten.

    Es war 17.25 Uhr, als man sie an Atlasmuren entlanggehen und in die Vulcanusgata einbiegen sah, um dann nach rechts in die Atlasgata und schließlich durch das sehr elegante Tor eines mächtigen Gebäudes zu gehen.

    Unterdessen sagte Gunnar Nyberg:

    »Krebs, wo?«

    »Magen«, antwortete Viggo Norlander. »Arto trinkt jeden Morgen einen Liter Orangensaft. Wenn ich genauso verrückt wäre, hätte ich es wahrscheinlich nicht gekriegt.«

    »Wieso?«

    »Der einzige kontrollierbare Risikofaktor bei Magenkrebs ist Mangel an Vitamin C. Zu wenig Obst. Oder Saft.«

    Sie betraten den Fahrstuhl. Es gab keine Blutspuren.

    Beide hatten den Arztonkel Johannes Landqvist vor Augen, wie er um halb zwei Uhr in der Nacht auf Knien im Fahrstuhl herumrutschte und scheuerte.

    Sie klingelten.

    Ein Mann knapp über fünfzig mit scharfgeschnittenen Zügen öffnete. Sie sahen, wie sein Blick fahl wurde. Er war Arzt und ging geschickt dagegen an. Aber sie waren geschickter. Sie waren zwei ungewöhnlich routinierte Polizisten, und sie konnten sofort sehen, dass er jede Form von Widerstand aufgab. »Ja?«, sagte er.

    »Johannes Landqvist?«, fragte Gunnar Nyberg. Der Mann nickte.

    »Sie wissen, warum wir hier sind«, sagte Viggo Norlander.

    Der Mann nickte wieder.

    »Ich vermute, Sie sind von der

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