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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Personen die Bühne. Es waren alte Bekannte, ein kantiges Urgestein in den gehobenen mittleren Jahren mit granithartem Blick und eine krumme Gestalt, um die Motten zu kreisen schienen. Letztere war der oberste Gerichtsmediziner Sigvard Quarfordt, der Jahr um Jahr allen Lebenserwartungsprognosen trotzte und sich dank panischer Angst vor einer Pensionierung in seiner führenden Position hielt, während es sich bei ersterer Person um den Chefkriminaltechniker Brynolf Svenhagen handelte, den Leiter des Staatlichen Kriminaltechnischen Labors.

    Neun Personen dort oben. Viele Interessenten.

    Viele Medieninteressenten. Viele Machtinteressenten. Und, nicht zu vergessen, eine ganze Menge professioneller Polizeiinteressenten.

    Wer würde zuerst reden?

    »Der Säpo-Chef«, flüsterte Chavez.

    »Der Reichspolizeichef«, flüsterte Söderstedt.

    »Hultin«, flüsterte Jon Anderson.

    Kerstin Holm lächelte und fixierte die Szene.

    Söderstedt behielt recht.

    Der Reichspolizeichef war relativ neu im Amt und im Unterschied zu seinem Vorgänger kein Politiker, wenngleich auf politischem Weg berufen. Polizist war er auf jeden Fall nicht, er war Jurist bis in die Knochen, und man hatte ihn, dem Justizminister zufolge, geholt, um »die schwedische Polizei moderner, offener und effizienter zu machen«. Er befand sich also in gewissem Sinne in Feindesland, als er jetzt das Wort ergriff und sagte:

    »Willkommen, meine Freunde, bei diesem größten Fall der schwedischen Kriminalgeschichte.« Er hielt kurz inne und blickte sich um. Es hatte den Anschein, als hörte man ihm zu. Durch diese unerwartete Widerstandslosigkeit angespornt, fuhr er fort:

    »Diese Tat ereignet sich zu einem Zeitpunkt, da die Strategien der schwedischen Terrorbekämpfung einer größeren Überprüfung unterzogen werden. Einige Untersuchungen sind abgeschlossen, andere sind noch im Gang, weitere sind kürzlich in die Wege geleitet worden. Man muss einräumen, gewissermaßen, dass es ein glücklicher Umstand ist, dass es sich um eine so - relativ betrachtet - begrenzte Tat handelt; das gibt uns die Möglichkeit, die Organisation zu testen und genau unter die Lupe zu nehmen, was funktioniert und wo es hapert. Es geht also nicht allein darum, den >Fall Carl Jonas<, wie wir ihn genannt haben, zu lösen, es geht um die Zukunft der schwedischen Terrorbekämpfung. Dieser Fall, meine Freunde, wird darüber entscheiden, wie sich die polizeiliche Zukunft gestalten wird. Es gibt, wie Sie sicher wissen, Kräfte, die gern das Militär und insbesondere den militärischen Sicherheitsdienst in diese Form von Terrorbekämpfung einbeziehen würden. Ich hoffe, Sie nehmen jetzt die Gelegenheit wahr, zu demonstrieren, dass die schwedische Polizei international auf der Höhe der Zeit ist. Alle denkbaren internationalen Kontakte stehen Ihnen via Europol und Interpol zur Verfügung, die amerikanische wie die spanische und die englische Polizei werden Ihnen zur Seite stehen. Die verfügen ja über eine gewisse Routine, was Terroranschläge betrifft.«

    Der Reichspolizeichef hielt erneut inne und schob seine kleine Plastikbrille in die Stirn. Er wandte sich dem zweiten Mann der Säpo zu, der links außen saß, und dieser tippte etwas auf die Tastatur seines vor ihm stehenden Computers. Das Power-Point-Bild hinter dem Rücken der glorreichen Neun wurde durch ein anderes mit mehr Text ersetzt. Ein leichtes Zucken ging durch die vielköpfige Polizeischar im Publikum.

    Der Reichspolizeichef wandte sich kurz um und sprach weiter:

    »Formell und faktisch ist und bleibt die Sicherheitspolizei die Instanz, die bei Terroranschlägen die letzte Verantwortung hat. Aber die Gesetzeslage ist verschwommen, und die Verantwortungsverteilung äußerst diffus. Wir sind uns dessen schon länger bewusst, doch die Trägheit des Systems hat es uns schwer gemacht, zu reagieren. Wohlgemerkt: die dem System innewohnende, bewusst eingebaute Trägheit. Es soll ganz einfach nicht zu leicht sein, in einer Demokratie die Gesetze zu ändern. Aber das bringt auch gewisse organisatorische und administrative Probleme mit sich.«

    »Das kann man wohl sagen!«, schnaubte eine Stimme aus der vorderen Sitzreihe. »Ich sage nur: Rockerbanden.«

    Kerstin Holm glaubte die Stimme zu erkennen. Sie gehörte einem der am wenigsten demokratisch gesinnten Polizisten, die sie kannte. Einer lichtscheuen Gestalt aus der finstersten Ecke der Säpo.

    Der Säpo-Chef auf dem Podium erwachte zum Leben und sagte, und es klang, als ob

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