Opferzahl: Kriminalroman
unter ein Dach führten. Im Depot waren zahlreiche U-Bahn-Wagen zu sehen, alte und neue.
Da erst redete Kerstin Holm.
»Wir sind mit Brynolf verabredet«, sagte sie.
Und als hätte dieser Bruch des Schweigens magische Wirkung gehabt, tauchte Chefkriminaltechniker Brynolf Svenhagen vor dem leise dahinrollenden Hybridauto auf. Er winkte sie männlich zu einem der Gleise. Als sie sich aus dem Auto schlängelten, sagte er zur Begrüßung:
»Das Depot von Högdalen ist eines von sechs Wagendepots der U-Bahn. Früher nannte man sie Wagenhallen. Wir haben uns entschieden, Carl Jonas in das nächste Depot zu bringen, auch wenn es nicht gerade das neueste ist. Eine Alternative wäre das in Gamla Hammarby gewesen, aber so war es doch das Einfachste.«
Im Innern der überdachten Wagenhalle stand Carl Jonas und sah sehr mitgenommen aus. Milde gesagt. Abgesehen von den fast vollständig herausgebrochenen Fenstern waren die beiden vorderen der sieben Türpaare intakt, die beiden mittleren ein wenig verbeult und die drei hinteren völlig demoliert. Es gab keinen Zweifel, wo sich die Bombe befunden hatte.
Brynolf Svenhagen zeigte mit einer kantigen Geste auf das Wrack und sagte:
»Da dieser ewigen A-Gruppe eine exklusive Präsentation gestattet worden ist, schlage ich eine Führung durch die Sehenswürdigkeit vor.«
Im Innern des Wagens machten sich noch einige Kriminaltechniker zu schaffen, obwohl die Truppe inzwischen stark verkleinert schien. Die meisten waren vermutlich schon in das Hauptquartier des Staatlichen Kriminaltechnischen Labors in der Brigadgata 13 in Linköping gefahren und analysierten die Resultate ihrer Mühen. Dies hier war die Nachhut.
Sie kletterten in den Wagen. Er war schwarz. Das Innere war reines Schwarz, jedenfalls in der hinteren Hälfte. Schwarz und, wie man zugeben musste, rot. Die Blutspuren waren noch vorhanden. Kerstin Holm war dankbar, dass die anderen Überreste weggebracht worden waren. Aber das Blut reichte durchaus.
Es war illustrativ genug.
Brynolf Svenhagen ging durch die zerstörten Türen am hinteren Ende des Wagens und ein paar Schritte nach rechts, zu den völlig deformierten Sitzplätzen. Er hielt auf einem Fleck inne, der, den Farbnuancen nach zu urteilen, aus dem Blut mehrerer Menschen bestehen musste.
»Es stand also eine Person - eine noch nicht identifizierte Frau, wir nennen sie Person 1 - im Stehplatzbereich, den wir gerade passiert haben«, sagte Svenhagen und zeigte auf den nächsten Sitzplatz. »Und hier auf dem Boden stand also die Bombe. In der Gruppe mit den vier Sitzplätzen - zwei nebeneinander, zwei einander gegenüber - saßen drei Personen.
Mit dem Rücken zum Stehplatzbereich Person 2, ein noch nicht identifizierter Mann, und ihm gegenüber zwei Personen nebeneinander: am Fenster Person 3 - unser möglicher Selbstmordattentäter, der natürlich nicht identifiziert ist - und Person 4, ein Mann namens Jonas Klingström, achtunddreißig Jahre alt. Identifiziert durch ein Stück seines Führerscheins, das so eingeklemmt war, dass es nur von ihm stammen kann; ich will euch nicht mit Einzelheiten ermüden.«
Brynolf Svenhagen wandte sich zur anderen Seite des Mittelgangs und fuhr fort:
»Die andere Seite des Gangs war leer, aber wenn wir zur nächsten Reihe von Sitzplätzen gehen, so saßen dort zwei Personen, eine auf jeder Seite des Mittelgangs, Person 5 hier links, ein nicht identifizierter Mann zwischen vierzig und fünfzig, und rechts Person 6, ein ebenfalls nicht identifizierter Mann, Alter unbekannt. Dann kommen wir zum hinteren Stehplatzbereich. Hier befanden sich drei Personen, stehend also. Alle drei sind identifiziert. Person 7 ist eine Frau, Alicia Ljung, vierundzwanzig Jahre alt, Person 8 Tommy Karlström, zweiundfünfzig Jahre, und Person 9 Hussein Al Qahtani, zweiundvierzig Jahre. Das sind alle unsere Toten. Auf der anderen Seite des Stehplatzbereichs, also ganz hinten im Zug, saßen Person 10, Roland Karlsson, sechzig Jahre, und Andreas Bingby, vierundzwanzig Jahre. Den letzten Berichten zufolge kann Karlsson jeden Moment sterben, während Bingby eine etwas bessere Prognose hat, nicht zuletzt dank seines Alters. Beide liegen im Söder-Krankenhaus im Koma. Ich würde nicht zu sehr auf Zeugenaussagen von den am schlimmsten Betroffenen hoffen.«
Kerstin Holm und Arto Söderstedt sahen sich an. Das Gleiche taten Gunnar Nyberg und Viggo Norlander. Und dann sah jeder jeden an.
»Bingby?«, sagte Viggo Norlander schließlich.
»Es
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