Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
das war kein Satz, den er gerne aussprach. »Man müsste wohl einen ausreichend großen Spalt aufstemmen, um hinauszuschlüpfen. Mit genügend Kraft und einem guten Hebel in Form eines Werkzeugs. Darauf würde ich tippen.«

    »Tippen?«, sagte Norlander boshaft.

    Sie ließen Brynolf Svenhagen allein, der ihnen lange nachstarrte. Als sie das kleine magische Hybridauto wieder erreichten, sagte Kerstin Holm:

    »Ihr versteht, worum es geht, oder?«

    »Vermutlich«, antwortete Arto Söderstedt.

    »Wir müssen checken, ob es in den vorliegenden Zeugenverhören mit den fünf Überlebenden aus dem vorderen Teil des Wagens irgendwelche Andeutungen gibt. Falls nicht, müssen sie noch einmal verhört werden. Du und ich, Gunnar? Dann könnt ihr beiden Grünschnäbel Person 1 bis 11 durcharbeiten.«

    »Ist das wirklich gerecht?«, murrte Viggo Norlander.

     

    *

     

    Sara Svenhagen saß an ihrem Schreibtisch und tat immer wieder das Gleiche. Lena Lindberg saß neben ihr und machte auch das Gleiche, wieder und wieder.

    Sie hörten sich eine Schleife an. Zwei Stimmen auf einem Tonband, oder besser, einer Tondatei im Intranet der Polizei. Wahrscheinlich hörten sich viele Polizisten im selben Haus genau in diesem Augenblick ebendiese Schleife an - Sara war nicht ganz sicher, ob die Effektivität der Organisation optimiert war.

    In Saras niedergeschriebener schwedischer Übersetzung hörte sich die Schleife foldendermaßen an: »Ist dort die schwedische Polizei?«

    »Ääh, hem. So ein Mist. Tja, hier ist die schwedische Polizei in Älvsjö, ja, verflixt.«

    »Die Bombe in der U-Bahn haben wir gelegt.«

    »Die Bombe in der U-Bahn? Okay ... Sprechen Sie weiter.«

    »Schweden ist seit Langem ein Schlangennest, die schlimmste Form von christlichliberalem Mistkübel. Ihr habt jeden Sinn für Moral und Heiligkeit verloren. Ihr habt keinerlei Werte mehr. Eure Frauen sind Huren, und sie verführten die Frauen, die den rechten Glauben haben.«

    »Wer spricht denn da?«

    »Du kannst uns die heiligen Reiter von Siffin nennen. Ihr hört wieder von uns. Senke den Blick. Das schärft das Bewusstsein und schenkt dem Herzen mehr Frieden.«

    Sara blickte Lena an und fragte:

    »Irgendwelche neuen Erkenntnisse?«

    Lena schüttelte den Kopf und sagte nach einer Weile:

    »Nicht direkt. Steht etwas Neues im Intranet? Es sind ja ziemlich viele, die gleichzeitig hieran herumpuzzeln, wie man sich vorstellen kann.«

    »Aber die meisten halten sich an ihre eng begrenzten Aufgaben«, sagte Sara Svenhagen und gab einen Befehl über die Tastatur ein. »Das sind die vorbildlichen Polizisten. Wir sind etwas anderes.«

    Ein neues Menü tauchte auf dem Monitor auf. Sara durchsuchte es und schüttelte den Kopf.

    »Nein«, stellte sie fest. »Keiner hat über dieses Siffin noch mehr zu sagen.«

    »Wenn es nicht rundum im Haus unter Verschluss gehalten wird«, sagte Lena Lindberg.

    »Ich meine auf jeden Fall Folgendes«, sagte Sara und lehnte sich zurück. »Dies hier ist Ernst. Der Tonfall bebt vor Grabesernst, der jeden Gedanken an gewöhnliche Verrückte und üble Scherzbolde ausschließt. Außerdem finden sich ein paar Betonungen, wo die Silben gleichsam ausgespien werden, was auf realen Hass schließen lässt, Hass auf Schweden im Allgemeinen, auf schwedische - und westliche - Frauen im Besonderen. Also, ohne dieses Siffin würde man, nicht ganz vorurteilsfrei, in Richtung Muslime denken.«

    »Aber mit Siffin denkt man noch viel weiter«, sagte Lena und nickte. »Wir sollten jetzt unseren Gast hereinbitten.«

    »Jesses«, stieß Sara aus. »Den hatte ich ganz vergessen.«

    Dann drückte sie einen Knopf am Haustelefon, und Kurt Ehnberg trat ein, Spezialist für internationale Phonologie an der Universität Stockholm. Die ganze Erscheinung des Mannes wurde durch die extrem dicken Brillengläser bestimmt. Wie er sonst aussah, darüber dachte niemand nach.

    Sie waren ihm schon einmal begegnet, im Zusammenhang mit einer spektakulären Geiselnahme im Stockholmer Stadtteil Ostermalm. Seine Brillengläser schienen jetzt, zwei Jahre später, noch dicker zu sein, und er setzte sich ohne die mindeste Andeutung eines Grußes auf den Besucherstuhl zwischen die beiden Damen.

    »Lassen Sie hören«, sagte er.

    Sie spielten ihm die Schleife vor, er wollte mehr hören. Sie ließen sie wieder und wieder laufen. Am Ende sagte er: »Schwierig.«

    Allen äußeren Anzeichen nach zu urteilen, war »schwierig« ein Wort, das Professor Kurt Ehnberg ungern

Weitere Kostenlose Bücher