Opferzahl: Kriminalroman
Unternehmen, wohnhaft in Ekerö, alleinstehend und den Angaben zufolge Kettenraucher, nächster Angehöriger ist ein Bruder in Solna. Und nun unsere Überlebenden. Roland Karlsson, sechzig Jahre, ist alleinstehend und selbstständiger Unternehmer in der Computerbranche, aus Fredhäll, mit einem fünfunddreißigjährigen Sohn in Thailand als nächstem Angehörigen, und Andreas Bingby, vierundzwanzig Jahre und alleinstehend, studiert Architektur an der Technischen Hochschule, wohnt in der Creutzgata und hat als nächste Angehörige eine Mama namens Gullan, die in Gävle wohnt.«
»Stilvolle Zusammenfassung«, sagte Söderstedt und zog den Zündschlüssel ab. »Aber natürlich völlig unmöglich zu behalten.«
»Wo du doch für dein übermenschliches Gedächtnis bekannt bist«, sagte Norlander und stieg aus dem Auto.
Sie kamen in die Eingangshalle des Söder-Krankenhauses. Viggo Norlander verspürte sogleich schlechte Schwingungen. Das letzte Mal, als er in dienstlichen Angelegenheiten hier gewesen war, hatte er sich so oft verirrt, dass er eine Krankenschwester hatte um Hilfe bitten müssen, die ihn wie eine engelgleiche Ariadne durch das Labyrinth geführt hatte.
Diesmal hatte er Arto. Und obwohl Arto in der letzten Zeit nicht ganz der Alte gewesen war - aber wer war das schon? -, hatte er doch eine Vergangenheit als Engel.
Sie gingen zur Anmeldung, und Viggo war sich ganz sicher, dass es dieselbe Empfangsdame war wie letztes Mal - und das war immerhin vier Jahre her. Die Elster im Glaskäfig.
War es wirklich möglich, ein Leben lang am selben Empfangspult zu sitzen? Oder sahen diese Frauen nur gleich aus? Ein ganzes Menschengeschlecht robuster Damen, die von einer nie nachlassenden Begierde getrieben wurden, superironische Rezeptionistin in einem Krankenhaus zu sein?
»Wir suchen die beiden Verletzten vom U-Bahn-Unglück«, sagte Arto Söderstedt, sodass es das halbe Wartezimmer hören konnte. Alle Köpfe drehten sich in seine Richtung.
Diskretion war nicht gerade Arto Söderstedts Spezialität, das wusste Viggo Norlander schon lange. Aber dies hier war einfach zu blöd.
Die Empfangsdame kam natürlich aus dem Konzept. Sie blätterte wie wild in ihren Papieren und rief schließlich irgendwo an, ohne etwas zu sagen. Sofort trat ein muskulöser Wachmann aus der Wand hervor, mit zwei Ärzten im Schlepptau.
Arto Söderstedt betrachtete das grimmige Trio und sagte: »Was Sie auch tun, sagen Sie nicht, >Was ist hier los?<.«
»Was ist hier los?«, sagte der Wachmann im selben Moment.
»Nichts ist los«, gab Söderstedt zurück.
»Sie werden verstehen, dass in einem Krankenhaus gewisse Diskretionsregeln gelten?«, sagte einer der Ärzte.
»Wir sind Polizeibeamte«, antwortete Söderstedt. »Wir werden das schon schaffen.«
»Polizei?«, fragte der Wachmann und warf einen Blick auf die Empfangsdame, die noch immer den Telefonhörer in der Hand hielt.
»Davon haben sie nichts gesagt.« Die Elster im Glaskäfig fuchtelte verzweifelt mit dem Telefonhörer.
»Es blieb uns nicht die Zeit dazu«, sagte Söderstedt mit einem feinen Lächeln zu der Empfangsdame. »Dafür sagen wir es jetzt.«
»Darf ich Ihre Ausweise sehen?«, fragte der Wachmann.
Sie zeigten ihre Ausweise, der Wachmann prüfte sie genau. Dann wandte er sich den beiden Ärzten zu und nickte. Das Duo sagte:
»Folgen Sie uns.«
Und während der Wachmann zu der Empfangsdame ging, um sich wichtig zu machen, steuerten die Arzte mit wehenden Kitteln den nächsten Flur an.
»Arbeiten die immer paarweise?«, fragte Söderstedt.
»Das tun wir auch«, sagte Viggo Norlander. »Leider.«
Natürlich wurden sie keines Blickes gewürdigt, noch weniger einer Antwort. Stattdessen bestieg das Arztduo einen Fahrstuhl, gefolgt von dem Polizistenduo. Während sie nach oben fuhren, fragte Söderstedt:
»Wie steht es um sie?«
»Der Ältere ist gerade gestorben«, sagte einer der Ärzte unverfroren. »Dem Jüngeren scheint es ein bisschen besser zu gehen.«
Söderstedt und Norlander sahen einander an.
»Roland Karlsson ist also tot?«, fragte Norlander.
»Man hat uns vor ungefähr fünf Minuten informiert«, sagte der Arzt.
»Die Anzahl der Todesopfer ist soeben zweistellig geworden«, bemerkte Arto Söderstedt düster.
Und dann wurden sie in einen dunklen Saal geführt, der von einem ganz normal uniformierten Polizisten, der ein Bund Bananen in der Hand hielt, bewacht wurde. Er nickte ihnen unwirsch zu und begann, eine Banane
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