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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Es war, als seien wir verhext gewesen. Verstehen Sie das? Das Böse hatte uns alle gepackt und uns zu Teufeln gemacht, und ich habe mein ganzes erwachsenes Leben lang - denn damals war ich nicht erwachsen - versucht zu verstehen, was in dieser kranken Nacht am dreiundzwanzigsten Oktober 1960 geschah. Die Hexennacht, in der ich zum Teufel wurde. In der ich mich selbst verlor.« In Paul Hjelm sang es:

    For a minute there, I lost myself, I lost myself, for a minute there, I lost myself, I lost myself. Er war nicht imstande, etwas zu sagen. Aber Arvid Lagerberg fuhr aus eigenem Antrieb fort: »Es stimmt, vorher habe ich Jazz gehört. Es war eine gute Zeit für den Jazz, die Jahre vor 1960. Als ich nach Hause kam, versuchte ich es wieder. Ich versuchte, die Jazzmusik zu benutzen, um mich zu heilen. Aber sie bedeutete mir nichts mehr. Ich hatte das Recht verwirkt, das Leben zu genießen. Ich habe nie wieder mit einer Frau geschlafen. Das war mein ganzes Sexualleben, und es hatte nichts mit Sex zu tun. Und natürlich nicht das Geringste mit Liebe. Das Gefühl sollte ich nie kennenlernen.«

    This is what you get, this is what you get, this is what you get, when you mess with us. »Es waren besondere Umstände«, sagte Paul Hjelm mit großer Selbstüberwindung. »Schlafmangel, entsetzliche Angst, Vorgesetzte, die Ihnen Befehle gaben.«

    »Vorgesetzte?«, wiederholte Lagerberg und starrte Hjelm erstaunt an.

    »Den Schlimmsten von allen«, sagte Hjelm deutlich. »Den Polizisten, der Hans-Jörgen hieß und genauso war wie ein Nazi.«

    Arvid Lagerberg schüttelte den Kopf. Tief und von Herzen. Er sagte:

    »Den hat es nicht gegeben. Ich habe ihn erfunden. Ich habe viele Ausflüchte in meinem Leben erfunden.«

    »Ja«, sagte Paul Hjelm. »Und diesen hier haben Sie aus einem besonderen Grund erfunden, oder?«

    »Ich erinnere mich nicht«, sagte Lagerberg und schüttelte sein gelbweißes Haupt. »Ich erinnere mich überhaupt nicht.«

    »Doch, Sie sind nicht fertig, Arvid. Sie sind dabei, Ihre schwarze Wolke kleiner und heller zu machen. Aber Sie sind nicht fertig.«

    »Nein«, sagte Lagerberg.

    »Warum haben Sie Hans-Jörgen erfunden?«

    »Ich habe ihn erfunden, weil ich einen Polizisten gesehen hatte, der sich merkwürdig benahm.«

    »Erzählen Sie.«

    »Seine Wolke brannte so seltsam. Ich hatte so was noch nie gesehen.«

    »Seine Wolke?«

    »Er hatte eine Wolke um sich, die größer war als die, die ich sonst sehe. Vielleicht ein Zehntel meiner eigenen.«

    »Wie Gasplaneten im Universum«, sagte Paul Hjelm. »Wie die Sonne. Protuberanzen.«

    »Unter der Wolkendecke gurgelte das Magma«, sagte Arvid Lagerberg mit weit aufgerissenen Augen.

    »Und was tat er?«

    »Er lief auf den U-Bahn-Eingang zu. Dann kam die Explosion. Und der Rauch. Und da kehrte er auf der Stelle um. So plötzlich, wie man es tut, wenn man bei etwas ertappt wird. Beim Stehlen, zum Beispiel.«

    »Mit den Fingern in der Keksdose«, konnte Paul Hjelm sich nicht verkneifen zu sagen.

    »Genau«, sagte Arvid Lagerberg beeindruckt.

    Paul Hjelm kehrte sein Inneres nach außen, um die richtige Formulierung für die nächste Frage zu finden.

    Was daraus wurde, war:

    »Aber als Sie diesen Polizisten das erste Mal sahen, hatte er nicht diese Wolke um den Kopf.«

    Arvid Lagerberg starrte ihn an, und es schien, als sei sein Blick bereits zur Hälfte im Land der Farne.

    »Nein«, sagte er. »Da erinnere ich mich an keine Wolke.«

    »Wann war das?«

    »Weiß nicht.«

    »Würden Sie diesen Polizisten wiedererkennen?«

    »Ja«, sagte Arvid Lagerberg und legte den Kopf schief.

    »Wie sah er aus?«

    »Das kann ich nicht beschreiben.«

    »Warum nicht?«

    »Ich weiß nicht, wie man Menschen beschreibt.«

    »War er groß, zum Beispiel?«

    Lagerberg schüttelte heftig den Kopf.

    »Ich weiß nicht. Hören Sie auf, mich zu quälen.«

    »Wenn Sie die Wolke loswerden wollen, sind Sie jetzt nahe dran«, sagte Paul Hjelm.

    »Das will ich, aber ich kann nicht. Ich kann nicht mehr.«

    »Versuchen Sie, sich zu erinnern, in welchem Zusammenhang Sie ihn gesehen haben, Arvid. Strengen Sie sich an.«

    »Ich schaffe es nicht. Mir platzt der Kopf.«

    »Woher wussten Sie, dass er Polizist ist, als Sie ihn das erste Mal sahen?«

    »Er ... er ... er war zusammen mit Polizisten in Uniform. Sie öffneten eine große Tür.«

    »Eine große Tür?«

    »Sie zogen sie zur Seite. Sie schnitten eine große Kette durch.«

    »Und wo befanden sie sich?«

    »Ich weiß

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