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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Äkesson versucht hatte, mit ihr in Kontakt zu treten. Es konnte ein Jahr gewesen sein, ein Jahr in einem dahinsiechenden Körper ohne Funktion. Ein Jahr lang ein furchtbares Inferno in totaler Isolation. Und neben dem Höllenschlund diese blind vor sich hin schwadronierende, völlig unsensible, unrezeptive Frau.

    Sie schlug die Hände vors Gesicht und ließ sie dort.

    Chavez sagte:

    »Mach eine Bewegung, die dir leichtfällt.« Zuerst nichts.

    Dann ging eine der Pupillen nach rechts. »Eine solche Bewegung bedeutet ja, zwei bedeuten nein«, sagte Chavez. »Okay?«

    Wieder eine Bewegung der Pupille.

    »Gut. Weißt du, wie lange du schon bei Bewusstsein bist?«

    Die Bewegung erschien wieder. Nur einmal.

    Kerstin Holm gab einen Ton von sich. Weder Chavez noch Nyberg konnten ihn identifizieren. Er kam aus einer Tiefe, mit der sie vermutlich noch nie Kontakt gehabt hatten.

    »Ist es ein ganzes Jahr?«, fragte Chavez schonungslos. Es kam eine Bewegung vom Krankenbett. Und dann folgte noch eine.

    »Nein?«, fragte Chavez. »Gut. Ist es mehr als ein Monat?«

    Wieder zwei Bewegungen, diesmal in etwas kürzerem Abstand. Sie hörten deutlich, dass Kerstin Holm ausatmete.

    Wahrscheinlich war Bengt Äkesson einfach nur dabei, sich an das Kommunizieren zu gewöhnen.

    »Ich will dich nicht ermüden«, sagte Chavez. »Den Rest kannst du dann mit Kerstin machen. Nur eine Frage: Erinnerst du dich an den Fall mit der Handybande in Rägsved?«

    Ja -

    »Gut. Erinnerst du dich auch an die Namen der drei Anführer?« Nein.

    »Okay, erinnerst du dich an den Namen eines der Anführer?«

    Keine Antwort. »Hörst du mich noch?« Ja -

    »Hast du meine Frage nicht beantwortet, weil du nachdenkst?« Ja -

    »Gut, nimm dir Zeit.«

    Sie zogen sich zurück, in den Flur. Kerstins Make-up war nicht mehr ganz perfekt. Gunnar Nyberg hatte den starken Wunsch, sie einfach in die Arme zu nehmen und festzuhalten. Er verzichtete darauf. Sie schien eine enge Berührung noch nicht verkraften zu können.

    »Scheiße«, sagte sie. »Und ich habe nichts gemerkt.«

    »Er ist jedenfalls weniger als einen Monat wach«, sagte Chavez und streichelte vorsichtig ihren Arm. Sie zog sich ein wenig zurück.

    »Du bist so oft hier gewesen, dass du dich daran gewöhnt hast, dass er nicht zugänglich ist«, sagte Nyberg. »Kein Wunder, dass du es nicht mitgekriegt hast.«

    »Aber trotzdem«, sagte Kerstin verwirrt. »Wer hätte es sonst merken sollen?«

    »Einer von uns, die wir nie hier waren, um ihn zu besuchen«, sagte Chavez selbstkritisch.

    »Ihr habt ihn ja nicht gekannt.«

    »Er war ein Kollege«, sagte Nyberg. »Wir hätten herkommen sollen. Wenn sich jemand schämen muss, dann wir. Nicht du. Du hast hier gesessen und ihn aus dem Totenreich herausgeredet.«

    »Ich weiß nicht«, meinte Holm und schüttelte den Kopf.

    »Ich frage mich, ob es ein Dienstvergehen ist, dass wir das Personal nicht verständigen«, sagte Nyberg plötzlich nachdenklich.

    »Das können wir später machen«, sagte Chavez in seiner guten alten Betriebsblindheit. »Jetzt brauchen wir alles, was wir kriegen können.«

    »Gehen wir wieder hinein?«, sagte Kerstin Holm. Sie folgten ihr nach einem schnellen Blickwechsel.

    Chavez beugte sich wieder über Äkessons Krankenbett und sagte:

    »Ist dir irgendein Name eingefallen?«

    Ja -

    Chavez ballte eine Sekunde lang die Faust. Aber dann fiel ihm ein, wie schwer es sein würde, in dieser Situation einen komplizierten Namen herauszubekommen.

    »Ist es ein langer Name?«, fragte er.

    Nein.

    »Nein? Okay. Ausländisch?«

    Keine Antwort. Offenbar eine Frage, auf die man nicht mit Ja oder Nein antworten konnte. »Ist er Ausländer?« Ja -

    »Aber der Name ist nicht ausländisch?« Keine Antwort.

    Nyberg drängte sich vor und sagte:

    »Ich bin Gunnar Nyberg. Hallo, Bengt. Verstehe ich dich richtig, wenn ich vermute, dass es sich um einen Mann mit einem komplizierten ausländischen Namen handelt, der sich aber bei einem sehr viel einfacheren Namen nennen lässt?«

    Chavez nickte und warf seinem Kollegen einen beifälligen Blick zu.

    Eine Bewegung glitt über Bengt Äkessons erstarrtes Gesicht. Eine. Ja -

    »Ist es ein Deckname?«, fragte Nyberg. Keine Antwort. »Nicht direkt, also?« Nein.

    »Ein Spitzname?«, schlug Chavez vor. Ja -

    »Wenn wir diesen Spitznamen haben«, fuhr Nyberg fort, »finden wir dann seinen richtigen Namen im Polizeiregister?«

    Keine Antwort.

    »Bist du unsicher, ob sein Spitzname der

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