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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Arto Söderstedt wollte ordnen und zurechtlegen, doch das schien hoffnungslos zu sein. Das Material trat über alle Ufer.

    Viggo Norlander saß auf seiner Seite des Schreibtischs und seufzte.

    »Es sind jedenfalls eine ganze Menge, die mit den Angehörigen der Identifizierten gesprochen haben«, sagte er.

    In erster Linie ergossen sich die Berichte der Stockholmer Polizei über die Seiten. Söderstedt fragte sich, ob Hultin seinen Versuch, den Überblick zu behalten, ganz einfach aufgegeben hatte. Alles konnte nicht über ihn laufen. Er brauchte einen kleinen Stab von Leuten, die ordneten und sortierten und nicht zuletzt filterten.

    Er fragte sich, wie dieser Stab aussah.

    »Ja«, antwortete er stattdessen. »Und was schließen wir aus den Daten?«

    »Nichts«, sagte Norlander. »Es scheinen ziemlich gewöhnliche Menschen gewesen zu sein. Wie sie eben in der U-Bahn sitzen. Nichts Besonderes, wenn du mich fragst.«

    »Ein paar Dinge sind möglicherweise doch auffällig«, sagte Söderstedt.

    »Ich wusste, dass du das sagen würdest«, entgegnete Norlander.

    »Hast du auch gewusst, woran ich gedacht habe?«

    »Ich weiß alles, was du denkst. Schon bevor du es selbst gedacht hast.«

    »Was du nicht sagst«, erwiderte Söderstedt ungewöhnlich bleich. »Und was habe ich gedacht?«

    »Du hast daran gedacht, dass ziemlich wenige ihrer Angehörigen wussten, warum sie sich in der U-Bahn befanden.«

    »Und du findest nicht, dass das merkwürdig ist?«

    »Sechs von elf Identifizierten«, sagte Norlander. »Ein Einziger mit Partnerin, der verheiratete Tommy Karlström. Die Übrigen waren Singles, und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass kein Familienmitglied wusste, was sie taten. Karlströms Frau hört sich auch nicht besonders lustig an. Sie ging, wie gewöhnlich, um halb neun ins Bett. Er hatte anscheinend andere nächtliche Gewohnheiten.«

    Söderstedt zeigte auf den Bildschirm.

    »Aber wie du siehst, hat die Stockholmer Polizei sich bemüht, sorgfältig die Freundes- und Bekanntenkreise der Toten zu erfassen. Bisher haben sie nicht einen Einzigen in diesen Kreisen gefunden, der wusste, warum sein Freund sich um Viertel vor eins in einer Donnerstagnacht in der U-Bahn befand.«

    »Sie sind doch freie Menschen und haben ihr eigenes Leben.«

    »Aber Sie sind auf dem Weg irgendwohin. Oder?«

    »Wie meinst du das?«, fragte Viggo Norlander und zog die Augenbrauen in die Höhe, denn Arto Söderstedt war offenbar selbst auf dem Weg irgendwohin.

    »Im Großen und Ganzen wohnen alle nicht weit von der grünen Linie«, sagte Söderstedt. »Aber sie wohnen alle an ihrem Anfang, im Westen, Richtung Hässelby. Keiner wohnt im Süden, Richtung Hagsätra. Um 0.21 Uhr verlassen der Wagen Carl Jonas und die beiden vorderen Wagen Hässelby Strand. Wenn wir der Strecke folgen und annehmen, dass alle in der Nähe ihrer Wohnung einsteigen, geschieht Folgendes: Der Meeresbiologe Jonas Klingström aus Vällingby steigt um 0.25 Uhr in Vällingby ein. Der Handelsvertreter Tommy Karlström aus Ängby steigt um 0.30 Uhr am Ängbyplan zu. Hussein Al Qahtani aus Ekerö steigt um 0.34 Uhr am Brommaplan zu. Roland Karlsson aus Fredhäll steigt um 0.41 Uhr in Kristineberg zu und Andreas Bingby aus der Creutzgata am Thorildsplan. Sie alle steigen unweit ihrer Wohnung in die U-Bahn. Und alle sind auf dem Weg von zu Hause fort, nicht nach Hause. Kannst du folgen?«

    »Ja, verflucht«, sagte Viggo Norlander grantig. »Aber das hat nichts zu bedeuten. Ein Selbstmordattentäter zündet eine Bombe. Sie sind Opfer.«

    »Aber sind sie beliebige Opfer? Das frage ich mich inzwischen. Die einzige Identifizierte, die nicht in der Nähe wohnt, ist die einzige Frau, die vierundzwanzigjährige Literaturstudentin Alicia Ljung.«

    »Aber die war ja auf dem Weg nach Hause«, sagte Norlander. »Sie wohnte in der Sigtunagata und wollte am St. Eriksplan oder am Odenplan aussteigen. Das wirft deine Theorie über den Haufen, mein Herr.«

    »Ich habe keine Theorie«, sagte Söderstedt. »Ich konstatiere nur Fakten. Sämtliche Männer in diesem etwas dichter besetzten hinteren Teil des Wagens Carl Jonas waren auf dem Weg von zu Hause fort, und niemand weiß, wohin sie wollten. Sie hatten nicht vor, einen Bekannten oder Partner zu treffen. Keiner in ihrer Bekanntschaft weiß, wohin sie unterwegs waren.«

    Zwischen Viggo Norlanders Augen erschien eine kleine Furche.

    »Brommaplan?«, sagte er. »Was?«

    »Der mit dem arabischen Namen stieg also am

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