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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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ein, zwei Meter. Es dauert nicht lange, und Jack stößt auf den ersten Beleg dafür. Die Schaufel trifft auf einen Knochen, und er hört auf zu graben.
    »Da ist was«, sagt er, dann schiebt er mit der Schaufelspitze vorsichtig die Erde zur Seite, die Calhouns Leiche bedeckt, und formt so einen Trichter, in den die Erde wieder zurückrieselt. »Leichenteile«, sagt er.
    »Okay«, sagt Kent. »Bedeck ihn wieder mit Erde. Wir sind hier fertig.«
    »Das soll wohl ein Witz sein«, sagt Jack.
    »Du kennst den Deal«, sagt Kent. »Du weißt, dass wir ihn hier liegen lassen.« Dann schaut sie ihre Kollegen an. »Ihr alle wisst von dem Deal. Das muss euch nicht gefallen, aber es gehört zu eurem Job, dass ihr mit niemandem darüber redet.«
    »Das ist totale Scheiße«, sagt Officer Sackgesicht.
    »Nein, das ist euer Job«, sagt Kent. »Es ist, wie es ist. Schaufel das Loch wieder zu und klopf die Erde fest«, sagt sie, dann holt sie ihr Handy hervor und ruft die GPS-Funktion auf, um die Position des Fundorts festzuhalten.
    Doch Jack fängt keineswegs an, das Grab wieder zuzuschaufeln. Er stützt sich gedankenversunken mit beiden Händen auf den Griff, und dann bahnen sich seine Gedanken ihren Weg nach draußen. »Nichts kann uns davon abhalten, ihn zu erschießen«, sagt er, und wenn ich mich richtig erinnere, hat er das Thema bereits angeschnitten, als ich am Tag meiner Verhaftung von meiner Wohnung ins Krankenhaus gefahren wurde. »Wir erschießen ihn und behaupten, er hätte versucht zu fliehen. Dann gibt es keinen Deal mehr, oder? Wir erschießen ihn und holen Calhoun endlich nach Hause.«
    Kent senkt das Handy. Ich hebe die Arme, allerdings nicht weit, denn die Kette fängt an zu klirren und lässt mich in meiner Bewegung stocken. »Das war nicht der Deal«, sage ich.
    »Aber es ist ein guter Deal«, sagt Jack. »Ich schlage vor, dass wir darüber abstimmen.«
    Niemand sagt etwas. Sie scheinen darüber nachzudenken. Gründlich. Es ist so windstill, dass man auf einen Kilometer jedes Geräusch hören könnte, doch jetzt gerade macht im Umkreis von einem Kilometer keiner auch nur das geringste Geräusch. Ich lasse meinen Blick von Gesicht zu Gesicht wandern, einige machen ein Pokerface, einigen stehen ihre Gedanken förmlich im Gesicht geschrieben.
    »Können wir nicht alle an einem Strang ziehen?«, frage ich.
    Niemand antwortet. Nur Jack schaut mich an. Die anderen blicken an mir vorbei oder durch mich hindurch. Sie spielen in ihren Köpfen immer noch die verschiedenen Szenarien durch. Alle Möglichkeiten. Außer Jack, der sie bereits alle durchgespielt hat. Dies ist einer jener Momente, die dem Leben eines Menschen eine ganz neue Richtung geben können. Ein Wendepunkt. Ein weiterer Urknall-Moment.
    »Wir sollten jetzt erst mal alle tief durchatmen«, sage ich.
    »So wie die Frauen, die du in ihrer Wohnung überrascht hast?«, fragt Officer Sackgesicht.
    Genau! Aber das sage ich nicht. Ich schaue zu Kent. Ich habe das Gefühl, ich werde nur Sekunden später zu einem Teil aus menschlichem Körper und zu zwölf Teilen aus Patronen bestehen, wenn sie mit dem Vorschlag einverstanden ist. Melissa lässt sich wirklich alle Zeit der Welt, um das Feuer zu eröffnen.
    »Ich habe ein Gerichtsverfahren verdient«, erkläre ich ihnen, ohne jedoch hinzuzufügen, dass ich unschuldig bin. Denn das würde wohl das Fass zum Überlaufen bringen.
    »Wir sollten abstimmen«, sagt Jack erneut.
    »Das Ergebnis muss einstimmig sein«, sagt Officer Sackgesicht.
    »Einverstanden«, sagt Officer Nase.
    Plötzlich schauen wir alle zu Kent. Jetzt ist die ganze Aufmerksamkeit auf sie gerichtet, so wie vorhin auf mich. Mein Leben liegt nun in ihren Händen. Mein Herz rast, ich fühle mich etwas wacklig auf den Beinen und bin kurz davor, mich zu übergeben. Vor einem Jahr, als die Polizei mich aufgespürt hat, versuchte ich, mich zu erschießen, aber das war unbesonnen und dumm. Ich will nicht sterben. Nicht hier, nicht jetzt. Überhaupt nicht. Nicht durch die Hände dieser Arschlöcher.
    Aber wenigstens hätte ich dann keine Magenschmerzen mehr.
    Kent schüttelt langsam den Kopf. »Das ist lächerlich«, sagt sie völlig emotionslos, als würde sie von einem Moderationskärtchen den Satz Die Kuh macht muh ablesen. Dann legt sie etwas mehr Überzeugung hinein. Aber nur ein bisschen mehr. »Ich werde dafür nicht meine Karriere aufs Spiel setzen«, fügt sie hinzu.
    »Uns kann nichts passieren«, sagt Jack.
    »O doch«, sagt sie. »Glaubst du

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