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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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brüllt Kent, aber es ist noch nicht Schluss, denn Jack setzt sich weiter zur Wehr. »Verdammt, Jungs, Schluss jetzt, hab ich gesagt.«
    Diesmal ist die Botschaft angekommen. Jack hört auf, sich zu wehren, und die anderen lassen ihn los. Dann stellen sie sich im Kreis auf, und ich bleibe außen vor.
    »Also, Joe, höre auf, uns zu verarschen, und bringe uns zu Detective Calhoun«, sagt Kent.
    Ich gehe auf das Tor zu. Es ist mit einer Kette und einem Vorhängeschloss versehen, das ich letztes Jahr innerhalb von Sekunden geknackt habe. Das Tor reicht mir bis knapp unter die Brust. Ein Drahtzaun verläuft rund um das Grundstück.
    »Soll ich das Schloss aufschneiden?«, fragt Jack. »Oder klettern wir drüber?«
    »Niemand darf merken, dass wir hier waren«, sagt Kent.
    Also klettern wir über den Zaun, was für einen mit Ketten gefesselten Menschen ziemlich umständlich ist. Zunächst steigen zwei der Beamten darüber hinweg, dann ziehen sie mich herüber, während die zwei anderen mich schieben. Sobald wir alle auf der anderen Seite sind, marschieren wir los. Der Weg ist in einem schlechteren Zustand als das letzte Mal, als ich hier war; der Winter hat ihm genauso zugesetzt wie der Tod einem Menschen zusetzt – stellenweise ist er schwarz, hier und da uneben und an manchen Stellen in Auflösung begriffen. Meine Gefängnisschuhe sind der Aufgabe nicht gewachsen, und nach ein paar Schritten bleibt einer der Schuhe im Matsch stecken. Die Baumwurzeln und Felsen hier sind mit Moos bewachsen. Dazu all die Pistolen, die auf mich gerichtet sind, und die Leute, von denen ich umgeben bin. Die ganze Aufmerksamkeit ist auf mich gerichtet. Ich gehe in die Hocke, um meinen Schuh herauszuziehen, dann schnippe ich, so gut es geht, den Dreck fort und ziehe ihn wieder an. Wir laufen weiter. Noch mehr Bäume und kein Ende in Sicht. Ich halte mich bereit, um in Deckung zu gehen. Als jemand auf einen Ast tritt und ein lautes Knacken ertönt, werfe ich mich zu Boden.
    »Hör auf mit dem Scheiß«, sagt Jack und zerrt mich wieder hoch, und die Handschellen schneiden schmerzhaft in meine Gelenke.
    Eine Seite meines Bauchs fängt an zu brennen. Wir laufen weiter. Hundert Meter. Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich letztes Jahr hier rausgefahren bin. Es war ähnliches Wetter, obwohl wir gerade einen sehr heißen Sommer hinter uns hatten. Das Brennen in meinem Bauch verwandelt sich in einen stechenden Schmerz, als hätte ich einen Blinddarmdurchbruch, allerdings an zwei Blinddärmen zugleich. Ich drücke meine Daumen in die Stelle, und das hilft ein wenig.
    Noch weitere hundert Meter.
    Dann werde ich langsamer und mustere die Bäume eingehend. Auf der Lichtung vor uns ist ein Stück kahler Waldboden zu sehen, der auch schon vor einem Jahr da war. Und dann fällt mir alles wieder ein, ja, allerdings hat sich die Lichtung inzwischen ein wenig verändert. Die Blätter sind von den Bäumen gefallen und haben sich mit der Erde zu einer braunen schlammigen Masse verbunden. Die Steine und Felsen sind mit Moos bedeckt. Alles wirkt tot, öde und schmutzig.
    »Hier liegt er«, sage ich zu niemand Bestimmtem. Ich deute auf eine Stelle am Boden, die wie alle anderen aussieht, während ich mir den Daumen der anderen Hand weiter in die Seite drücke. »Glaub ich«, füge ich hinzu. »Wenn nicht hier, dann aber ganz in der Nähe.«
    »Das ist nicht sehr präzise«, sagt Kent.
    »Aber sehr viel besser, als das, was Sie vorher wussten, oder nicht?«
    Die Leiche wird völlig verwest sein. Diese Leute hassen mich, und durch das, was ich mit Calhoun angestellt habe, werde ich hier auch keine neuen Bewunderer finden. Es sei denn, die Leute bewundern jemanden, der seinem Opfer die Fingerkuppen abgeschnitten und die Zähne gezogen hat. Kann ja sein. Wenn die Leute Zwergenpornos mögen, können sie auf alles Mögliche stehen. Ich habe Calhouns Fingerkuppen und Zähne zusammen mit seinem Ausweis in eine Plastiktüte gesteckt, um sie später zu entsorgen. Sosehr ich mich auch bemühe, ich kann mich nicht erinnern, was ich mit der Tüte getan habe. Man hat sie nicht bei mir gefunden, als ich verhaftet wurde. Ich muss sie also irgendwo entsorgt haben. Würde ich Ali das erzählen, würde sie es mir nicht glauben. Aber ich wurde in jener Nacht abgelenkt. Durch Erpressung und Gewalt und Liebe. Unter diesen Umständen würde man es jedem verzeihen, wenn er eine Tüte mit Fingerkuppen verlegt.
    Jack fängt an zu graben. Calhoun liegt nicht tief in der Erde, vielleicht

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