Opferzeit: Thriller (German Edition)
ist Carl Schroder«, sagt er. »Ich brauche Ihre Hilfe.«
»Ich habe die Nachrichten gesehen«, sagt Wellington. »Was immer Sie auch fragen wollen, es fällt unter die anwaltliche Schweigepflicht«, sagt er.
»Gottverdammt …«
»Lassen Sie mich ausreden«, sagt Wellington. »Middleton ist auf der Flucht, und ich bin nicht Anwalt geworden, um bö sen Menschen zu helfen, sondern um Unrecht zu verhindern. Also werde ich auf alles antworten, was Sie mich fragen, und im Austausch werden Sie niemandem erzählen, woher Sie Ihre Informationen haben. Ich denke, das ist unter diesen Umständen ein ziemlich entgegenkommendes Angebot. Einverstanden?«
»Absolut«, sagt Schroder. »Haben Sie eine Ahnung, wo er hinwill? Irgendwas in dieser Richtung?«
»Nein.«
»Die fünfzigtausend Dollar, sind sie überwiesen worden?«
»Gestern Abend.«
»Bei welcher Bank ist Joe?«
»Das Geld ging nicht an ihn. Es wurde auf das Konto seiner Mutter überwiesen.«
»Seiner Mutter?«
»Genau. Eine seltsame Frau, das kann ich Ihnen ver sichern.«
Schroder ist ihr schon begegnet und kann dem nur zustimmen. Viel seltsamer geht es wohl kaum. Also hat Joes Mutter das Geld. Das bedeutet, dass Joe sie treffen wird, um es sich zu holen. Hutton hat gesagt, die Polizei sei vorhin bei ihrem Haus gewesen und habe keine Spur von ihr entdecken können. Möglicherweise hat Joe sie bereits kontaktiert. Vielleicht ist sie auf der Bank.
»Bei welcher Bank ist sie? Welche Filiale?«, fragt er. Die Fahrertür des Rettungswagens wird geöffnet und wieder geschlossen, der Wagen schwankt leicht, dann wird der Motor angelassen.
»Sie hat es bereits abgehoben«, sagt Wellington. »Am Tele fon hat sie gesagt, das Geld sei ein Hochzeitsgeschenk, und sie würde gleich am Morgen hingehen und es sich in bar auszahlen lassen.«
»Sie hat also vor Kurzem geheiratet?«, fragt Schroder, wäh rend sich der Rettungswagen langsam in Bewegung setzt. Sallys Haus verschwindet, Streifenwagen erscheinen, dann ein paar Übertragungswagen und Schaulustige, bis sie durch die Menge hindurch sind. Huttons Auto taucht auf. Es steht immer noch dort, wo sie angehalten haben, mit weit geöffneten Türen. Es muss ein wundersamer Montag sein, denn es ist noch nicht geklaut worden.
»Sie wird erst noch heiraten«, erwidert Wellington. »Und zwar heute.«
»Heute?«
»Genau. Am frühen Nachmittag.«
»Wissen Sie, wo?«
»Ha«, sagt er und stößt ein kleines Lachen aus. »Ich weiß es tatsächlich. Sie hat mich zurückgerufen und eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen. Sie hat mich dorthin eingeladen. Warten Sie eine Sekunde, und ich hole Ihnen die Adresse.«
Schroder wartet und späht aus dem Fenster, wobei er Hut tons Wagen immer kleiner werden sieht. Dann beschließt er, dass der wundersame Montag, an dem dieses Auto nicht geklaut wurde, jetzt zu Ende geht, und er fordert den Fahrer des Rettungswagens auf, seitlich ranzufahren.
Kapitel 79
Ich bin kein Freund von Kirchen. Vermutlich gibt es Gründe für ihre Existenz, und einer der Gründe könnte sein, dass man sie in Flammen aufgehen lässt, damit Obdachlose sich daran wärmen können, und das wäre für mich ein ebenso guter Grund wie ihre eigentliche Bestimmung. Meine El tern haben in einer Kirche geheiratet, bevor ich geboren wurde. Die Bestattungszeremonie für meinen Dad fand in einer Kirche statt, danach wurde er weggebracht und eingeäschert. Das war der einzige Tag, an dem ich je in einer Kirche war.
Draußen über dem Meer türmen sich Regenwolken auf, aber es ist schwer zu sagen, in welche Richtung sie ziehen. Wir steigen aus dem Wagen, die Temperatur ist um ein paar Grad gefallen, der Wind hat aufgefrischt, und die Aussichten gefallen mir gar nicht. Es ist typisch für Christchurch, dass alles sonnig beginnt und dann ganz anders endet. Auf dem Parkplatz vor der Kirche stehen fünf Autos, unseres wird das sechste.
Die Kirche ist aus Naturstein, sie sieht aus, als ob sie hundert Jahre alt ist und es im Inneren sehr kalt wäre. Der Friedhof dahinter erstreckt sich in die Ferne, ein Durcheinander aus neuen und alten Grabsteinen stört das Panorama.
Melissa trägt die Pistole in ihrer Tasche. Sie hat den Schall dämpfer abgeschraubt, damit sie hineinpasst. Wir steigen die Stufen zum Kirchenportal hinauf und stoßen den rechten Türflügel auf. Auf den ersten Blick könnte man fast denken, die Kirche ist leer, aber das stimmt nicht, es ist einfach nur eine sehr kleine Gruppe von Menschen in den
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