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Ophran 3 Die entflohene Braut

Titel: Ophran 3 Die entflohene Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
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ihre Seele eintauchen, um zum Kern ihres Wesens vorzudringen und zu verstehen, was sie wirklich wünschte. In diesem entsetzlichen Augenblick, als die Verzweiflung so heftig in ihr aufwallte, dass Amelia fürchtete, daran zu ersticken, hielt dieser Mann, den sie kaum kannte, sie in den Armen und fragte sie nach ihrem Wunsch!
    Als glaube er tatsächlich, er könne ihn erfüllen.
    „Es ist keine Schande, zu Whitcliffe zurückzukehren“, versicherte Jack, als er sah, wie sie um eine Entscheidung rang. „Er wird mehr als glücklich darüber sein. Mit der Zeit wird der Skandal um Ihre Hochzeit nahezu in Vergessenheit geraten, und Sie können den Rest Ihres Lebens in dem Luxus verbringen, den Sie gewohnt sind... als Herzogin. “
    Amelia guckte verstohlen zu ihrer Familie hinüber. Ihre Mutter trug ein extravagantes, mit auffälliger Perlenstickerei verziertes Kleid aus fuchsiafarbener Seide. Das Dekollete war mit Diamanten und Rubinen gesäumt, die nur für diesen Abend aufgenäht worden waren, und über ihrem sorgfältig frisierten Haupt wackelte eine riesige schwarze Straußenfeder. Rosalind Belfords Gesicht wirkte starr wie das einer Maske, gerade so, als wage sie weder zu lächeln noch die Stirn zu runzeln aus Angst, klatschsüchtige Beobachter könnten ihre Schlüsse daraus ziehen. Sie hatte ein Leben lang danach gestrebt, sich über die Armut ihrer Kindheit zu  erheben, und war geradezu besessen davon, den äußeren Schein zu wahren.
    Amelias Vater dagegen war es offen anzusehen, dass er missgelaunt war und sich unwohl fühlte. Amelia wusste, dass er diese förmlichen Zusammenkünfte hasste und viel lieber daheim in New York wäre, entweder im Büro seiner Eisenbahngesellschaft oder, besser noch, draußen vor Ort, wo er seine Angestellten herumkommandieren konnte. Er hatte am Tag nach ihrer Hochzeit nach Amerika zurückkehren wollen, mit oder ohne seine Gattin, um dem zu entkommen, was er als „verfluchte Schwachköpfigkeit der englischen Gesellschaft“ bezeichnete, und sich wieder seinen Geschäften zu widmen. Amelia empfand Mitleid mit ihm, als sie ihn so verdrossen in einer Ecke des überfüllten Ballsaals stehen sah. Er war nur ihretwegen geblieben.
    Neben ihm stand ihr Bruder William. Mit seinen frühzeitig ergrauten Haaren und der beträchtlichen Leibesfülle, die auf eine Schwäche für gutes Essen und Trinken schließen ließ, hatte der Vierundzwanzigjährige große Ähnlichkeit mit seinem Vater. Er wirkte zutiefst verärgert über das Drama, das sich vor seinen Augen abspielte. Sein Bruder Freddy hingegen lehnte lässig an einer Säule und nippte vergnügt an seinem Champagner, während er Amelia und den seltsamen alten Mann, mit dem sie tanzte, neugierig beäugte. Freddy war erst zweiundzwanzig und mit einem jungenhaft hübschen Gesicht und den gleichen honigblonden Haaren und meerblauen Augen gesegnet wie seine Schwester. Er war ein unbeschwerter junger Mann, der weder die gesellschaftlichen Ambitionen seiner Mutter noch die Arbeitsmoral seines Vaters geerbt hatte. Freddy verbrachte den Großteil seiner Zeit mit der Jagd nach Vergnügungen, was ihm dank seines guten Aussehens und dem vielen Geld, über das er verfügte, nicht schwer fiel.
    Inmitten der Belfords stand der alte Lord Whitcliffe, das blasse, von feinen blauen Äderchen durchzogene Gesicht zu einer gequälten Grimasse verzogen, während er mit ansehen musste, wie seine davongelaufene Braut mit einem gemeinen Diener tanzte. Er fragt sich sicher, ob ich noch bei Verstand bin, und befürchtet, unsere Kinder könnten meinen Wahn sinn erben, vermutete Amelia. Sein teigiger Leib war in einen Abendanzug gezwängt worden, der über dem Wanst derart spannte, dass es aussah, als würde der Stoff jeden Augenblick reißen und den welken Körper des altersgrauen neunten Duke of Whitcliffe entblößen. Amelia war noch unberührt, doch sie war nicht so weltfremd, als dass sie nicht genau gewusst hätte, was man von ihr als Ehefrau erwartete. Der alte Whitcliffe würde verlangen, dass sie ihm einen Stammhalter gebar. Und das bedeutete, nachts pflichtschuldig unter ihm zu verharren, während er sich grunzend und schwitzend bemühte, den nächsten Duke zu zeugen. „Amelia, wollen Sie Whitcliffe heiraten? “
    Sie blinzelte und hob dann den Blick. Ihr war übel. „Lieber würde ich sterben. “
    Jack betrachtete sie eindringlich und fragte sich, ob Amelia die Tragweite ihrer Worte bewusst war. In ihren funkelnden Augen lag Furcht. Er vermochte nicht zu

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