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Ophran 3 Die entflohene Braut

Titel: Ophran 3 Die entflohene Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
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Dass er bisweilen sogar seinen Stolz hinuntergeschluckt und gebettelt hatte, wenn er vor Hunger zu schwach zum Stehlen gewesen war. Das war sein hässliches Erbe, und obwohl das Meiste davon der klatschsüchtigen englischen Gesellschaft mehr oder weniger bekannt war, wusste die wunderschöne Frau, die dort auf seinem Bett saß, nichts von alldem. Amelia Belford nahm an, er sei ihr ebenbürtig. In ihren Augen war er der  Sohn eines Adligen, ein Mitglied des Marbury Clubs ihres werten Percy, ein Gast auf ihrer eigenen Hochzeit. Was kann es schaden, sie in diesem Irrglauben zu belassen, und sei es auch nur für ein paar Tage? fragte er sich grimmig.
    „Ich helfe Ihnen, weil ich Sie mag, Amelia“, sagte er schlicht.
    „Warum? “
    Er zuckte die Schultern. „Aus vielen Gründen. “
    „Warum? “ fragte sie beharrlich.
    Ihr Gesichtsausdruck war beinahe flehend. In diesem Augenblick erkannte Jack, wie nötig sie tröstenden Zuspruchs bedurfte.
    „Weil Sie sich lieber beim Hinabklettern an einer Kirchenmauer den Hals brechen würden, als bei einer schamlos verschwenderischen Hochzeitsfeier einem Mann das Jawort zu geben, den Sie nicht lieben. Weil Sie keine Angst haben, Ihrer Familie die Stirn zu bieten, selbst wenn dies bedeutet, sich kopfüber ins Unbekannte zu stürzen und den größten Skandal zu verursachen, den die Londoner Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat. Weil Sie etwas unternehmen, wenn Sie Menschen in Not sehen, ganz gleich, ob das bedeutet, schmutzige Fässer von einem Pier zu rollen oder Ihren kostbaren Schmuck gegen Decken und Lebensmittel einzutauschen. Und weil Sie sich nicht scheuen, eigene Fehler zuzugeben. Reicht Ihnen das? “
    Amelia blickte ihn an wie versteinert.
    Und dann sprang sie vom Bett, schlang die Arme um seine Schultern und drückte Jack einen glühenden, unerfahrenen Kuss auf die Lippen.
    „Danke, Jack“, flüsterte sie, und ihr Gesicht strahlte vor Freude, als s ie ihn freigab und sich zurück auf sein Bett fallen ließ. „Sie sind ein guter Freund. “
    Er nickte knapp und kämpfte gegen das überwältigende Verlangen an, Amelia auf das Bett zu folgen, ihre Lippen zu küssen, unter ihr weites Leinenhemd zu fassen und ihre Brüste unter seinen Händen zu spüren, sich neben ihr auszustrecken und sie an sich zu ziehen, bis sie in einem glühenden Strudel aus Begierde und Leidenschaft versanken.
    „Gute Nacht“, brachte er heiser hervor und öffnete die Ka jütentür. Dann verließ er fluchtartig den Raum und schlug die Tür hinter sich zu, erleichtert darüber, dass es nun eine Barriere zwischen ihm und Amelia gab. Er wankte den Gang hinab, derart erregt, dass es beinahe schmerzte, und überzeugt davon, dass er kein Auge würde zutun können.
    Sie wird die Wahrheit über mich noch früh genug erfahren, dachte er bitter.
    Und dann würde sie ihm nie wieder das tiefe Vertrauen schenken, das er in ihrem Blick gesehen hatte, als sie ihn küsste.

8. KAPITEL
    Amelia lehnte an der wuchtigen Reling der „Charlotte“, atmete tief durch und sog die kühle, salzige Brise in ihre Lungen, die über den Meeresarm des Moray Firth wehte. Wellen schlugen gegen den hölzernen Rumpf des Schiffes, zerstoben zu Gischt und benetzten Amelias Haut, während sich ihr feuchtes Haar auf dem weichen schwarzen Wollmantel kringelte, den Jack ihr gegeben hatte. Sie seufzte vor Wonne, schloss die Augen und genoss das belebende Auf und Ab des Schiffes, während es den aufgewühlten Ozean durchpflügte.
    Es hatte sie fast drei Tage gekostet, durch die kalten blauen Fluten der Nordsee die Ostküste Schottlands hinaufzusegeln. Anfangs hatte Amelia die Reise sorgenvoll erduldet, denn mit jeder Seemeile war die Entfernung zu der Glitzerwelt gewachsen, die sie einst gekannt hatte, und die Furcht vor dem unbekannten Leben, das sie im kargen schottischen Hochland erwartete. Alle an Bord schienen ihren Kummer gespürt zu haben, und Henry und Oliver hatten ihr Bestes getan, um sie abzulenken.
    „Möchten Sie sich noch einmal im Schießen üben? “ fragte Henry, der soeben mit dem täglichen Polieren seines geliebten Gewehrs fertig war.
    Amelia lächelte. „Nein, danke, Henry. “
    „Sind Sie sicher? “ Er wirkte enttäuscht. „Sie werden wenig Gelegenheit zum Schießen haben, wenn wir erst in Inverness sind, und es ist ganz offenkundig, dass Sie Talent dazu besitzen. “
    „Sie sind äußerst liebenswürdig, besonders, wenn man bedenkt, dass ich ja nur auf Wolken geschossen habe. Ich weiß

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