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Ophran 3 Die entflohene Braut

Titel: Ophran 3 Die entflohene Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
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Mal in meinem Leben eine gewisse Unabhängigkeit genießen zu können, statt immer auf die Großzügigkeit anderer angewiesen zu sein... einschließlich der deinen! Was ist daran so verwerflich? “
    „Die verfluchte Arbeit ist mir völlig gleich“, knurrte Jack. „Geh und such dir zehn Anstellungen, wenn du willst... jede davon mit einer anderen Verkleidung, wenn’s dir Spaß macht! “
    „Wenn dir meine Arbeit gleichgültig ist, warum bist du dann so wütend? “
    „Ich bin nicht wütend, verdammt noch mal! “
    Sie sah ihn verwundert an. Sein Körper war angespannt, i und in seinen Augen lag eine entsetzliche Mischung aus Zorn und Groll.
    „Du bist wütend“, verkündete sie beharrlich. „Warum? “
    Was sollte er ihr antworten? Dass er wütend war, weil sie ihn verließ? Dass nichts mehr war wie zuvor, seit sie in sein Leben getreten war, und dass er die Vorstellung hasste, ohne sie sein zu müssen? Das klang ebenso schwülstig wie lächerlich. Sie konnte nicht bei ihm bleiben. Er hatte kein Recht auf sie und keine Hoffnung, je eins zu besitzen. Ganz gleich, wie unscheinbar Oliver und seine Schwestern sie zu machen versuchten, ganz gleich, ob sie den Reichtum ihres Vaters oder nichts als ihr wunderbares Wesen zu bieten hatte, Amelia war ebenso unerreichbar für ihn wie der Mond. Sie war in einer wohlbehüteten, ungemein privilegierten Welt aufgewachsen, und mit Geld oder ohne war und blieb sie das, was sie immer gewesen war: edel, rein und makellos. Sie war so herrlich wie ein funkelnder Stern, so strahlend schön und unerreichbar wie das Sonnenlicht, das sich glitzernd auf den Wogen des Meeres brach.
    Ein derart kostbarer Schatz war nicht für ihn bestimmt.
    Trotz allem, was Haydon und Genevieve für ihn getan hatten, trotz all der abscheulichen Unterrichtsstunden, der teuren Kleider und der beharrlichen Versuche, einen vornehmen, gebildeten Menschen aus ihm zu machen, konnte er seiner Vergangenheit nicht entrinnen. Er war die Frucht eines lasterhaften Beischlafs, ein Kind, das weder einen eigenen Namen noch ein Heim sein Eigen nennen konnte. Wenn er die Lider schloss und sich sehr anstrengte, tauchte das verblasste Bild seiner Mutter vor seinem geistigen Auge auf. Sie war rundlich, weich und reif und roch nach ungewaschener Wolle, billigem Parfüm und Whisky. Damals jedoch hatte er nicht gewusst, dass sie schmutzig und liederlich war, hatte nicht verstanden, dass ihre rot angemalten Wangen und der klumpige Puder in ihrem Gesicht die Merkmale einer Frau waren, die ihren Rock für jeden Mann lüpfte, der seine Brieftasche öffnete. Er hatte sie damals für hübsch gehalten, hatte sich auf die schmerzlich kurzen Besuche gefreut, die sie der schäbigen Bruchbude abstattete, wo er mit jenem alten Mistkerl und dessen Frau hauste. Seine Mutter hatte versprochen, ihn dort herauszuholen, hatte beteuert, es würde nur noch ein kurzes Weilchen dauern, bis sie genug Geld gespart hätte, um ein kleines Haus auf dem Lande zu kaufen, in dem sie beide zusammen leben würden. Und dumm wie er war, hatte er ihr geglaubt. Er hatte sich an sie geklammert, ihren vertrauten Geruch eingeatmet und ihrer Stimme gelauscht, während sie mit den Fingern durch sein Haar strich. Er hatte sie angefleht zu bleiben, ihn nicht zu verlassen. Doch das hatte sie stets getan. Wieder und wieder hatte sie ihn verlassen, und er wäre jedes Mal beinahe gestorben vor Verzweiflung, als er ihr nachschaute, wie sie dorthin zurückging, wo immer sie hergekommen sein mochte. Bis sie eines Tages nicht mehr kam.
    Damals hatte er geglaubt, ihr sei einfach etwas dazwischengekommen. Monat um Monat hatte er sich mit diesem Gedanken getröstet, schließlich über ein Jahr. Und an jenem Tag, als er sich gegen die Misshandlungen des alten Mistkerls zur Wehr gesetzt, ihn totgeschlagen und dann das Weite gesucht hatte, war Jack fest davon überzeugt gewesen, dass er sie finden würde. Er müsse nur ins nächste Dorf gehen, hatte er geglaubt, und dort stünde sie mit ihren rot angemalten; Lippen und ihren zärtlichen Händen, bereit, ihn in die Arme, zu schließen und zu beschützen. Mit seinen neun Jahren hatte er keine Vorstellung davon gehabt, wie riesengroß die Welt war und wie maßlos unbedeutend und verachtet sein Platz darin.
    Er versuchte verzweifelt, das Schluchzen zu unterdrücken, das in seiner Kehle aufstieg.
    „Jack? “
    Er guckte Amelia verwundert an und fragte sich, wie lange sie ihn schon betrachtet haben mochte. Ihre Augen waren sorgenvoll

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